Vielversprechend: Ganzheitliches Recycling von Batteriezellen
Fossile Ressourcen haben – nicht erst seit der schwedischen Klima-Aktivistin Greta Thunberg – ein Imageproblem. Ihre Nutzung belastet die Umwelt, und ihr Abbau gestaltet sich zunehmend schwierig, teuer und riskant. Aber auch in einem Energiesystem, das auf Windkraft und anderen erneuerbaren Energiequellen basiert, werden Ressourcen gebraucht, die nicht so unerschöpflich sind wie die Kraft des Windes. Um das Stromnetz trotz unregelmäßiger Stromeinspeisung durch Windkraft- und Solaranlagen zu stabilisieren oder auch um Elektroautos zu bewegen, werden Batteriezellen benötigt. Einige der Materialien, die in der Zelle Verwendung finden, sind in ihrer Produktion oder Entsorgung umweltbelastend oder in ihrer Verfügbarkeit sehr begrenzt. Beispielsweise könnte der steigende Bedarf an Lithium, das derzeit mit keinem anderen Material zu ersetzen ist, aufgrund der stark wachsenden Nachfrage die Preise nach oben treiben oder sogar die globale Produktion im kommenden Jahrzehnt überschreiten.
Diese Probleme sollen durch die Wiederverwendung der Zellmaterialien entschärft werden. Dabei geht es nicht nur um die geläufigen Bestandteile wie Lithium oder Kobalt. Nach der EU-Batterie-Richtlinie soll eine Recyclingeffizienz von 50 Gewichtsprozent der gesamten Zelle erreicht werden, um den steigenden Bedarf an Batteriezellen zu gewährleisten. Dafür müssen auch bislang wenig betrachtete Bestandteile in den Fokus genommen werden.
Der Elektrolyt, der als Ionenleiter den Stromfluss zwischen Minus- und Pluspol und somit das Funktionieren einer Batterie überhaupt erst möglich macht, sowie die restlichen organischen Bestandteile wie der Binder, der die chemisch aktiven Substanzen der Elektrode zusammenhält, werden normalerweise verbrannt oder anderweitig entsorgt. Eine Forschergruppe um Dr. Sascha Nowak am MEET Batterieforschungszentrum der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster beschäftigte sich daher mit der Elektrolyt-Wiedergewinnung. Es handelt sich dabei um ein Verfahren, welches in ähnlicher Weise auch zur Entkoffeinierung von Kaffee eingesetzt wird. Dazu wird entweder subkritisches oder überkritisches Kohlendioxid (CO2) mit Ko-Lösungsmitteln eingesetzt. Überkritisches oder subkritisches CO2 besitzt Eigenschaften, die zwischen Gas und Flüssigkeit liegen und wichtig für das Extraktionsverfahren sind. Auf diesem Wege konnte die Forschungsgruppe 90 Prozent des Elektrolyten – inklusive des Leitsalzes und entstandener Alterungsprodukte aus den handelsüblichen Batteriezellen – zurückgewinnen. "Diese Ergebnisse zeigen, dass die Recyclingeffizienz von Batteriezellen noch weiter erhöht werden kann", betont Sascha Nowak.
Auch beim Kathodenmaterial konnte das Forscher-Team bemerkenswerte Resultate erzielen. Nach dem Öffnen und Demontieren der Zellen lösten sie das Kathodenmaterial in zehnprozentiger Schwefelsäure auf, und die Übergangsmetalle wurden als schwerlösliche Karbonate gefällt und getrennt. Das zurückgewonnene Material wies nach anschließender Synthese eine elektrochemische Performance auf, welche vergleichbar mit dem kommerziellen Kathodenmaterial war.
Durch Methodenkombination extrahierten die Forscher neben dem Elektrolyten und dem Kathodenmaterial auch den Graphit, welcher für Anoden verwendet wird. Es ist demnach durchaus möglich, fast sämtliche Bestandteile einer gebrauchten Lithium-Ionen-Batterie erneut zu verwenden. Für die Vision einer nachhaltigen Energieversorgung ist das Erreichen einer hohen Recyclingeffizienz von Batteriezellen ein zwingend notwendiger Schritt.
Autorin: Pia Niehues