Im Sommersemester 2022 startete eine dreiteilige Seminarserie. Sie besteht aus folgenden, inhaltlich aufeinander aufbauenden Teilen:
- Erster Teil: Geosphäre - Biosphäre - Noosphäre (Sommersemester 2022)
- Zweiter Teil: Agroökologie - Permakultur - Tiefe Ökologie (Wintersemester 22/23)
- Dritter Teil: Ethik - Religion - Spiritualität (Sommersemester 2023)
Die Reihe begann im Sommersemester 2022 mit einem dreigeteilten Blick auf das was ist und wie wir Materie, Leben und Geist erfassen, erleben, erdenken und abstrahieren. Sie setzte sich im Wintersemester 2022/23 fort mit einer Analyse ganzheitlicher Landnutzungssysteme mit ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten.
Schließlich wird es im dritten Teil (Sommersemester 2023) darum gehen, unser eigenes gestaltendes und ökologisches Selbst zu erfahren und Wege zu finden, wie wir zu einer "Regerativen Kultur" beitragen können.
Teil 3: Seminar "Ethik - Religion - Spiritualität" (Sommersemester 22/23)
Im nun folgenden dritten Teil gehen wir von der Überlegung aus, "dass die ökologische Wissenschaft alleine nicht geeignet ist, uns klare Verhaltensregeln für unseren Umgang mit der Natur zu geben" (A. Naess). Wir haben aufbauend auf vorhergehenden Seminare gelernt, dass wir unterschiedliche Erklärungs- und Erkenntniskonzepte für die Materie, lebende Systeme und die Verbindung vom Menschen zur mehr-als-menschlichen Welt benötigen. Wir haben ganzheitliche und regenerative Landnutzungskonzepte, wie die Agroökologie, Permakultur und Tiefe Ökologie näher betrachtet und deren Grundlagen vertieft angesehen. Sie alle haben bestimmte ethischen Grundlagen, Prinzipien oder Plattformen. Sie münden in eine "neue Sicht der Erde" oder "great turning" (J.Macy), den großen Wandel. Diese/r ist nötig, weil ja die sonst so erfolgreichen westlichen (Natur-)Wissenschaften uns als Gattung und unseren Planeten als globales Ökosystem in eine existenzielle Krise gestürzt haben, die in einer Disruption bzw. einem Kollaps enden könnte. "Wir müssen lernen die Welt besser und tiefer zu verstehen, um zu erkennen, was wir da tun" (H. Skolimowsky). Dieses Verständnis beginnt jedoch nicht im Außen, sondern beim Individuum, bei uns selbst. Ausgehend von der Frage, welche Haltung wir selbst gegenüber der Welt einnehmen, werden wir die anthropozentrische der holistischen Ethik gegenüberstellen. Die Trennung der Moderne, das Vorherrschen von Dominanzsystemen oder auch Materialismus und Transhumanismus verdienen eine vertiefte Betrachtung, um zu sehen, welche Möglichkeiten ein erweitertes Verständnis von Religion und Spiritualität für eine "Wieder-Verheiligung der Welt" (G. v. Lüpke) anbieten.
Eine Anmeldung ist auch ohne Belegung möglich.
Es ist geplant, das Seminar als Block in der vorlesungsfreien Zeit im Sommer stattfinden zu lassen. Ort: sicher schön; Essen: sicher gut und bio; Gruppe: sicher cool; Spaß: sicher groß. Eine Vorbesprechung ist Ende der Vorlesungszeit WS 2022/23 geplant.
Anfragen richten Sie bitte an Prof. Dr. Tillmann Buttschardt
Teil 2: Seminar "Agroökologie - Permakultur - Tiefe Ökologie" (Wintersemester 22/23)
Im zweiten Teil geht es darum, ganzheitliche Ansätze und Systeme der "Regenerativen Entwicklung" kennen zu lernen und ihre Interpretation der Dreiheit Geosphäre - Biosphäre - Noosphäre auszuloten. Im Semiar werden Hintergründe, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Agroökologie, Permakultur und Tiefen Ökologie herausgearbeitet und die drei Metakonzepte dahingehend diskutiert, welche Beiträge sie einerseits leisten können, um den großen Krisen des Anthropozäns zu begegnen und andererseits, welche konstruktiven Impulse von ihnen ausgehen könnte für die gesellschaftkliche Transformation insbesondere auch für das Agrar-Ernährungssytem.
Teil 1: Seminar "Geosphäre - Biosphäre - Noosphäre" (Sommersemester 2022).
Das Seminar verband Ideengeschichte, prägende Forscher*innenpersönlichkeiten mit ihren Ideen (sorry - oft Männer) und Wissenstheorie mit grundlegenden Deutungen in der Landschaftsökologie.
Ausgehend von der Frage nach dem Wesen der festen Materie und deren räumlicher Repräsentation auf dem Planeten Erde stellt sich die ganz grundsätzliche Frage an das "Stoffliche" und dessen Manifestation.
Bereits in der Mitte des vorletzten Jahrhunderts wurde der Begriff der Geosphäre von Wladimir Iwanowitsch Wernadski geprägt und beschäftigt die Geowissenschaften bis heute. Wir besprechen im Seminar methodologische, ontlogische und epistemologische Zugänge zu dieser Debatte und lenken unseren Blick auf die positivistischen Wissenschaftskonzepte. Der Klimawandel ist ja eine Kenngröße der geosphärisch ablaufenden Gegebenheiten. Nicht zuletzt diesen versuchen wir im Seminar besser einordnen zu können.
Wesentlich schwieriger schon ist das Konzept der Biosphäre, setzt es doch voraus, dass wir das Leben an sich definitorisch fassen und in seiner allerletzten Dimension verstehen können. Der Verlust der Biodiversität als eines der ganz großen, die Welt und die Wissenschaft bewegenden Themen führt ja wirklich zu einem Rückgang der Lebensformen, der unwiederbringlich ist, auch wenn wir darauf hoffen, dass neuartige Technologien hier Abhilfe schaffen könnten. Das Konzept der Biospähre wurde von Eduard Suess in seinem Buch zur Entstehung der Alpen (also einem geoshärischen Befund) eingeführt und ist daher ebenfalls schon ein Veteran unter den Konzepten. - Gleichwohl Bedeutung über die Fachwissenschaften hinaus erlangte er erst in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts und durch die Gaia-Hypothese von Lynn Margulis und James Lovelock. Sie zeigen erstmals auf, dass mechanistische Konzepte (wie die vorherrschende Interpretation der COVID-19 Pandemie) viele Phänomene nicht ausreichend erklären können. Daher wurde im Seminar auch dem Ansatz der Phänomenologie hier ein Augenmerk geschenkt.
Schließlich die Noosphäre: Hier wird es spannend! Ausgangspunkt ist die Kontroverse zwischen Wernadski und Teilhard de Chardin. Letzterer vertrat die Ansicht dass auf eine gewisse Art ein "überindividuelles Erkenntnis-Netzwerk" bestehe, das er als "Noosphäre" interpretierte. Im Gegensatz zu Wernadsky setzte er also eine weitere (spirituelle) Ebene zu jener, die Wernadsky "nur als die Ebene des Geistes" beschrieb hinzu. Die sich hier anschließende Frage lautete: Mit welcher Wissenschaftstheorie kann diese Frage am besten analysiert und verstanden werden? Eignet sich der Konstruktivismus oder ist die Quantenmechanik (die gar keine Mechnik ist!) besser geeignet?
Die Ausarbeitungen bildeten die Grundlagenliteratur für das Seminar "Agroökologie - Permakulur - Tiefe Ökologie" im Wintersemester 2022/23.