Drittmittelprojekte

Laufende Projekte

Das mehrsprachige Krankenhaus. Die Produktion von Migration durch Sprache als kommunikative und soziale Infrastruktur

Das Projekt ist Teil des DFG-geförderten Sonderforschungsbereichs (SFB) 1604 ›Produktion von Migration‹ (www.producingmigration.org), der sich disziplinenübergreifend mit den Bedingungen und Funktionen der gesellschaftlichen Herstellung und Aushandlung von Migration beschäftigt.

Das Teilprojekt unter Leitung von Christine Dimroth untersucht die Struktur und die interaktionale Bearbeitung von Varietäten einer Verkehrssprache sowie die soziale Interpretation sprachlicher Diversität als Infrastruktur für die Produktion migrationsbezogener Bedeutung in multilingualen Arbeitsteams (Communities of Practice). Als exemplarischer Ausschnitt einer Migrationsgesellschaft dient eine Krankenhausstation in Deutschland, deren Pflegepersonal sich aus alteingesessenen und kürzlich aus dem Ausland angeworbenen Pflegekräften zusammensetzt. Die Verkehrssprache (Deutsch) ist für einige Beteiligte die Erstsprache (L1) oder Bestandteil eines etablierten mehrsprachigen Repertoires (L2/1), für andere eine noch im Aufbau befindliche Fremd- bzw. Zweitsprache (L2), wodurch ein hohes Maß an sprachlicher Diversität und Dynamik erwartbar ist.

Sprachliche Diversität kann sich sowohl auf die Funktion von Sprache als Kommunikationswerkzeug als auch auf ihren Beitrag zum Signalisieren sozialer Merkmale wie Zugehörigkeit, Differenz, berufsbezogene Legitimität usw. auswirken. Das Projekt widmet sich beiden Aspekten und nimmt dabei Sprecher:innen mit allen drei genannten Sprachprofilen (L1, L2/1, L2) in den Blick. Es sind Teilstudien zu folgenden Aspekten geplant: Struktur und Funktion von L2-Varietäten (Studie 1), die interaktive Bearbeitung der Verkehrssprache (Studie 2), subjektive Theorien der Beteiligten (Studie 3) und Spracheinstellungen zu L2-Varietäten (Studie 4).  https://www.imis.uni-osnabrueck.de/sfb_1604/profil.html

 


Abgeschlossene Projekte

Der bilinguale Erstspracherwerb des Referenzsystems des Deutschen und Polnischen
Eine Longitudinalstudie zum Zusammenspiel interaktionstypspezifischer und morphosyntaktischer Faktoren

Beim Erwerb von Referenzsystemen müssen Kinder herausfinden, dass die Wahl referierender Ausdrücke neben der Sprechintention von einer Reihe weiterer Faktoren abhängt. Auch inhärente Merkmale des Referenzobjekts (wie z.B. Belebtheit), der situative Kontext und das dem Adressanten unterstellte Vorwissen spielen eine wichtige Rolle. Wie gelingt es Kindern, den relevanten Faktorenkonstellationen die verschiedenen Ausdrucksformen zuzuordnen (im Deutschen etwa indefinite und definite NPs sowie Pronomen in verschiedenen Positionen)? Und wie meistern simultan bilinguale Kinder diese Aufgabe, wenn sich ihre beiden Sprachen sowohl im Formenrepertoire als auch in den Zuordnungprinzipien unterscheiden?
Im Projekt werden die Steuerungsfaktoren beim Aufbau unterschiedlicher Referenzsysteme in den parallel erworbenen Sprachen Deutsch und Polnisch untersucht. Während für das Deutsche das ausgebaute Artikelsystem grundlegend ist, gibt es im Polnischen keine grammatikalisierte Unterscheidung zwischen bestimmten und unbestimmten NPs. Weniger spezifische Mittel, wie etwa Aspektopposition und Wortstellung, legen jedoch auch für das Polnische eine Interpretation für referierende Ausdrücke nahe. Overte Pronomen werden im Polnischen nur unter bestimmten informationsstrukturellen Bedingungen verwendet.
Datengrundlage sind regelmäßige Videoaufzeichnungen eines bilingualen Kindes im Deutschen und Polnischen, die die Entwicklung von der Verwendung erster sprachlicher Referenzakte bis zum 4. Lebensjahr dokumentieren. Analysiert werden Artikel- und Pronomen-gebrauch, Wortstellung sowie weitere, besonders für das Polnische relevante Eigenschaften (Aspekt, Kasusalternation). Es wird untersucht, wie sich die kindlichen Referenzsysteme in beiden Sprachen entfalten und ob sie sich in bestimmten Entwicklungsphasen aneinander angleichen, was sich etwa durch einen simultanen Erwerb funktionaler Unterscheidungen (etwa die Berücksichtigung des Merkmals [+bekannt] in beiden Sprachen) manifestieren, aber auch zu einem Transfer formaler Markierungen führen könnte. Dafür werden die Daten des bilingualen Kindes mit denen monolingualer Lerner verglichen.

in Zusammenarbeit mit: Klaus-Michael Köpcke
wiss. Mitarbeiterin: Anna Jachimek

gefördert von der DFG
Förderzeitraum: 2018-2021

 

Äußerungsstruktur im Kontext: Sprache und Kognition während des Erwerbs unter sprachvergleichender Perspektive LANGACROSS

Das Projekt verfolgt das Ziel, kognitive und linguistische Einflussfaktoren auf Sprachgebrauch und Spracherwerb in einer cross-linguistischen Perspektive zu untersuchen. Es verfolgt einen komparativen Ansatz, der diverse Sprachen und auch diverse Sprechergruppen (Kinder, Erwachsene, L1- und L2-Sprecher) vergleicht und dabei auf Effekte von Sprachverschiedenheit fokussiert.

Das Münsteraner Teilprojekt untersucht den Ausdruck kontrastiver und additiver Beziehungen im Diskurs. Die folgenden Forschungsfragen stehen im Mittelpunkt: 1) Welche kognitiven Folgen haben typologische constraints für Muttersprachler verschiedener Sprachen? Welchen Einfluss haben sprachspezifische strukturelle Eigenschaften darauf, wie Sprecher Informationen im Diskurs organisieren? 2) Welche sprachspezifischen Prozesse der (Re-)Konzeptualisierung lassen sich während des L1/L2 Erwerbs beobachten? 3) Unterscheiden sich nur die Sprachproduktionen, oder auch die internen Repräsentationen der Sprecher, und damit z.B. ihre Reaktionszeit oder ihre Augenbewegungen bei der Lösung bestimmter sprachlicher Aufgaben?

Wiss. Mitarbeiterin: Audrey Bonvin, MA
Projektpartnerinnen: Sandra Benazzo (U. Lille 3); Maya Hickmann (CNRS); Christiane von Stutterheim (U. Heidelberg).

gefördert von ANR & DFG 
Förderzeitraum: 2008-2015


Varieties of Initial Learners in Language Acquisition (VILLA) 

Das Projekt beschäftigt sich mit den frühesten Phasen des Fremdspracherwerbs unter kontrollierten Unterrichtsbedingungen. Erwachsene und Kinder ohne jede Vorkenntnisse mit fünf verschiedenen Ausgangssprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch) erhalten 20 Stunden kontrollierten Sprachunterricht in einer neuen Sprache (Polnisch).

Um den Einfluss der Ausgangssprachen zu erforschen, wird der sprachliche Input für alle Gruppen konstant gehalten, soweit es der relativ natürliche und interaktive Unterricht erlaubt, und außerdem aufgenommen und verschriftlicht, damit eine detaillierte Analyse vorgenommen werden kann.

Der Spracherwerb der Lernenden wird zu verschiedenen Zeitpunkten mithilfe von Experimenten zu Wahrnehmung, Verstehen und Sprachproduktion untersucht, um das elementare Sprachwissen genau zu beschreiben, das aus der Verarbeitung des sprachlichen Inputs resultiert. Dabei werden die Bereiche Phonologie, Lexikon, Morpho-Syntax und Pragmatik der sich entwickelnden Lernersprachen abgedeckt.

Wiss. Mitarbeiterin: Johanna Hinz, MA
Wiss. Assistentin: Carina Krause, MA
Projektpartner: Giuliano Bernini (U. Bergamo); Rebekah Rast (American University Paris); Leah Roberts (U. York); Marianne Starren (U. Nijmegen); Marzena Watorek (U. Paris 8)

gefördert von DFG, ANR, NWO (Open Research Area)
Förderzeitraum: 2011-2015