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Münster (upm)
Prof. Dr. Gerd Althoff (Mitte) präsentiert das Plakat der Friedensausstellung im Archäologischen Museum, Museumsdirektor Prof. Dr. Achim Lichtenberger (links) und Kustos Dr. Helge Nieswandt stellen zwei Exponate vor – einen Gipsabguss eines Marmorkopfes des römischen Kaisers Vespasian und einen verkleinerten Bronzenachguss einer antiken Statue (sterbender Gallier).<address>© WWU / Peter Leßmann</address>
Prof. Dr. Gerd Althoff (Mitte) präsentiert das Plakat der Friedensausstellung im Archäologischen Museum, Museumsdirektor Prof. Dr. Achim Lichtenberger (links) und Kustos Dr. Helge Nieswandt stellen zwei Exponate vor – einen Gipsabguss eines Marmorkopfes des römischen Kaisers Vespasian und einen verkleinerten Bronzenachguss einer antiken Statue (sterbender Gallier).
© WWU / Peter Leßmann

Die verschiedenen Gesichter des Friedens

Archäologisches Museum zeigt als erstes Museum überhaupt eine Ausstellung über "Frieden in der Antike"

Es ist etwas Einmaliges, was das Archäologische Museum der Universität Münster ab dem 28. April zeigt: Zum ersten Mal überhaupt wird sich eine Ausstellung mit dem Frieden in der Antike über alle damaligen Epochen hinweg befassen. „Von der Bedeutung und dem finanziellen Rahmen her wird das die größte Schau, die unser Museum je präsentiert hat“, verspricht der Direktor des Museums, Prof. Dr. Achim Lichtenberger. Insgesamt beteiligen sich fünf Institutionen in Münster an der Ausstellung „Frieden. Von der Antike bis heute“.

Eines der Glanzstücke der Ausstellung im Archäologischen Museum, die unter dem Titel „Eirene/Pax – Frieden in der Antike“ auch Bezüge zur Gegenwart herstellen soll, wird der älteste erhaltene Friedensvertrag der Menschheit sein, den der berühmte Pharao Ramses II. im Jahr 1259 v. Chr. mit dem Hethiterkönig Hattusilli III. schloss. Die Symbole, Allegorien und Bilder des Friedens sind in der europäischen Kultur nicht so zahlreich wie die Gegenbilder von Hölle und Krieg, kommen aber immer wieder vor und stellen den Frieden kreativ dar. Die Taube – in der Antike das Symboltier der Liebesgöttin Aphrodite – ist in der jüdisch-christlichen Tradition das Symboltier, das dem Urvater Noah das Ende der großen Sintflut ankündigt, indem es ihm einen Ölzweig bringt.

Doch es gab noch andere Symbole des Friedens, etwa das Füllhorn, den Botenstab oder den Ploutosknaben, die für Wohlstand, Reichtum und Glück stehen und als Attribute der Friedensgöttin Eirene deren Wesen offenbaren. Zu den berühmtesten Darstellungen der Eirene gehört die Statue des griechischen Bildhauers Kephisodotos, die in zahlreichen Marmorkopien überliefert ist. Die Ausstellung in Münster wird zum ersten Mal eine vergoldete, polychrome Rekonstruktion der im Jahr 375 v. Chr. in Athen errichteten Original-Statue präsentieren, die mithilfe neuester wissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse entstanden ist. „Das unterstreicht: Wir betrachten unser Museum auch als Schaufenster der Wissenschaft, in dem der neueste Stand der Forschung zu sehen ist“, hebt Achim Lichtenberger hervor.

Der Besucher der Schau des Archäologischen Museums kann verfolgen, wie sich die Idee vom Frieden in Griechenland langsam entwickelt hat: Bei Homer angelegt, wird der Frieden zunächst nur als Abwesenheit von Krieg verstanden, wobei ein konkretes menschliches Eingreifen kaum möglich ist. Stattdessen bringen die Götter den Frieden hervor und überwachen die Verträge zwischen den Stadtstaaten; der Friede wird als Sieg-Friede (griechisch: Nike; römisch: Viktoria) interpretiert. Erst infolge des Peloponnesischen Krieges (431 bis 404 v. Chr.) wird diese Vorstellung durch eine neue Idee von einem gleichberechtigt ausgehandelten Frieden ersetzt, den in der Ausstellung eine 1,55 Meter hohe Inschriften-Stele aus Athen repräsentiert.

Für die römische Antike ist der Begriff „pax Romana“ (römischer Friede) oder „pax Augusta“ (Friede des Augustus) geradezu zum geflügelten Wort geworden. Kaiser Augustus verstand es, den Frieden unmittelbar mit seiner Person zu verknüpfen und sich selbst als Friedensfürst zu inszenieren. In der münsterschen Schau wird das durch ein riesiges Modell des Marsfeldes in Rom deutlich, auf dem der üppig verzierte Friedensaltar (ara pacis) stand, aber auch ein Mausoleum für den Kaiser errichtet war. „Der gesamte Mittelmeerraum war unter der Herrschaft des Römischen Reiches befriedet und damit zum ersten und einzigen Mal in der Geschichte von nur einer Macht beherrscht“, erläutert Achim Lichtenberger. „Die Kehrseite dieser ökonomischen und kulturellen Blütezeit aber war, dass der, der sich gegen Rom stellte, die ganze Härte des Imperium Romanum zu spüren bekam.“

Gegenwartsbezüge weiten den Blick weit über die Antike hinaus. „Korpulente Herrscher, die durch ihre Leibesfülle eine Wohlstandsverheißung vermitteln – das gab es nicht nur im alten Ägypten, sondern auch wieder unter Ludwig Erhard, der Symbolfigur des Wirtschaftswunders“, erläutert Dr. Helge Nieswandt, der Kustos des Museums. „Friedensstädte wie Sepphoris in Galiläa und Bagdad, die Hauptstadt des Irak, weisen uns außerdem darauf hin, dass der Friede eine bleibende Aufgabe und Verpflichtung darstellt.“

Hintergrund: Die Friedensausstellungen in Münster

Es ist ein Vorzeige-Projekt aus Anlass des europäischen Kulturerbe-Jahrs 2018: Fünf Institutionen beteiligen sich in Münster mit hochrangigen Exponaten aus internationalen Sammlungen an der Ausstellung „Frieden. Von der Antike bis heute“, das Bistum Münster, das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) für Kunst und Kultur, das Kunstmuseum Pablo Picasso, das Archäologische Museum der Universität und das Stadtmuseum Münster. Dabei präsentiert das LWL-Museum unter dem Titel „Wege zum Frieden“ Bilder und Visionen vom Frieden, unter anderem von Peter Paul Rubens, Eugene Delacroix, Otto Dix und Käthe Kollwitz. Das Bistum Münster blickt in einem eigenen Ausstellungsteil („Frieden. Wie im Himmel, so auf Erden?“) im LWL-Museum auf Ideen des Friedens im Christentum von der Spätantike bis heute. Das Archäologische Museum befasst sich unter dem Motto „Eirene/Pax – Frieden in der Antike“ (siehe Seite 1) mit der Bedeutung des Friedens in der griechischen und römischen Antike, während das Picasso-Museum unter dem Titel „Picasso – Von den Schrecken des Krieges zur Friedenstaube“ 50 Werke des berühmten spanischen Malers zur Friedensthematik zeigt. Schließlich widmet sich das Stadtmuseum unter der Überschrift „Ein Grund zum Feiern? Münster und der Westfälische Friede“ der Rezeptionsgeschichte des Friedensschlusses von 1648. Der Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster hat bei der Ideenfindung und Konzeption der Gesamtausstellung beraten, ist am Ausstellungspart des Landesmuseums beteiligt und richtet im Mai ein begleitendes wissenschaftliches Symposium aus. Startschuss für alle Ausstellungen ist am 28. April. 400 Jahre nach Beginn des 30-jährigen Krieges, 370 Jahre nach dem Westfälischen Frieden und 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs soll das Großprojekt für Aussöhnung und Zusammenhalt in Europa werben und allen Besuchern die Sehnsucht nach und das Ringen um den Frieden vor Augen führen.

Autor: Gerd Felder

Dieser Artikel stammt aus der Universitätszeitung „wissen|leben“ Nr. 2, 18. April 2018.

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