|
Münster (upm)
Szene aus einem &quot;Ideen-Mining&quot; Workshop in Hiroshima<address>© Anne Harnack</address>
Szene aus einem "Ideen-Mining" Workshop in Hiroshima
© Anne Harnack

Eine Idee geht um die Welt

Dr. Wilhelm Bauhus über die „Ideen-Mining“-Partnerschaft der Arbeitsstelle Forschungstransfer mit der Universität Hiroshima

Hiroshima – der Ort hat es in sich: 26 Studierende aus neun Ländern und von allen fünf Kontinenten erkunden den 1945 von einer Atombombe zerstörten Innenstadt-Campus der Universität Hiroshima (HU). Ihre Technik: das „Ideen-Mining“. Sie „graben“ nach Ideen, wie dieser Campus künftig für internationale Tagungen oder Kongresse von Universität und Stadt genutzt werden kann. Für die Studierenden und die japanischen Moderatoren ist es das erste Mal, dass sie an diesem außergewöhnlichen Wissenschaftsformat teilnehmen, das die Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) der Universität Münster vor 15 Jahren entwickelt hat. Die japanischen Forschungsreferenten der HU, Norifumi Miyokawa und Hideaki Itami, haben sich auf diesen Tag gründlich vorbereitet. Sie haben zuvor Fachleute zu Rate gezogen und an einem 14-tägigen Intensivtraining der AFO an der HU teilgenommen. Dabei haben sie vor allem gelernt, mit welchen Kreativitätstechniken sich an einem Tag möglichst viele und gute Ideen erzeugen lassen.

Auf das „Ideen-Mining“ war man in Japan schon lange neugierig. Bei vorherigen Besuchen einiger AFO-Mitarbeiter war der Eindruck entstanden, dass das „Ideen-Mining“ sehr sinnvoll im fünfjährigen „PEACE-Programm“ zur Internationalisierung im südostasiatischen Raum eingesetzt werden könnte. Eine erste „Ideen-Mining“-Pilotveranstaltung im Jahr 2017 verlief trotz großer Skepsis auf japanischer Seite so erfolgreich, dass auf Anfrage aus Hiroshima mehrere WWU-Experten jetzt acht japanische Professoren und Forschungsreferenten intensiv in der Moderation kreativer Prozesse von der WWU vor Ort ausgebildet haben.

Die anfängliche Skepsis bestand in der Befürchtung, dass japanische Studierende und Dozenten solch aktivierende Lernformen eher mit großer Zurückhaltung aufnehmen würden. Daher bestand für Anne Harnack und mich als WWU-Trainer die große Herausforderung darin, sowohl die zukünftigen Moderatoren als auch die Studierenden aus der Reserve zu locken. Während der „Ideen-Minings“ gelang es jedoch durch „mind-opener“ sehr schnell, die Studierenden in Situationen zu bringen, in denen sie sich beim „Ideen-Graben“ ausprobieren konnten.

Im 14-tägigen Intensivtraining fanden fünf „Ideen-Mining“-Workshops statt. Die Fragestellungen kamen von der HU und reichten von der erwähnten Ideensuche zur Dynamisierung des internationalen Tagungs- und Kongressgeschäfts bis zur Implementierung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele in die HU. Die Vorbereitung auf die Workshops war, um es gelinde zu sagen, japanisch gründlich. Die immer wieder geäußerte Sorge der zukünftigen Trainer „Wie könnt ihr uns garantieren, dass meine morgige erste Moderation gelingen wird?“ stellte uns vor schier unlösbare Probleme. Wir versuchten es beispielsweise mit der Beruhigung, indem wir ihnen vermittelten, dass auch die Akzeptanz von Fehlern dazugehört („Wenn es denn morgen nicht gelingen sollte, dann war es eine gute Übung ...“). Ohne Erfolg. Also zogen sich unsere Vorbereitungssitzungen oft bis in die späte Nacht hinein. Umso verblüffender war es schließlich zu beobachten, wie die japanischen Moderatoren (relativ) locker, souverän und bis ins kleinste Detail vorbereitet ihre Workshops moderierten.

Dr. Wilhelm Bauhus ist Leiter der Arbeitsstelle Forschungstransfer.<address>© Andreas Wessendorf</address>
Dr. Wilhelm Bauhus ist Leiter der Arbeitsstelle Forschungstransfer.
© Andreas Wessendorf
Auch bei den mehr als 120 Studierenden kam das „Ideen-Mining“ sehr gut an. In einer besonders interkulturellen, ethnisch diversen Lernatmosphäre lernten sie auf eine fast spielerische Art, eigene Ideen zur Problemlösung – und dies in aktivierender Weise – beizusteuern. Spielerisch mit „den Händen denken“ und dazu eigens mitgebrachte Knetgummi, „Play Mais“ (Spielbausteine aus Mais) und andere Dinge zu verwenden, war komplett neu und kam besonders gut an. Wiederholt hoben die Teilnehmer die positive Gruppendynamik und die aktive Erprobung englischer Sprachkenntnisse hervor.

Die AFO hat bereits in vielen Ländern „Ideen-Minings“ durchgeführt. Mit dieser ersten Partnerschaft mit der HU, die einen guten Zugang zu den Ländern und Unis in Südost-Asien hat, wird die Idee weiter um die Welt gehen. Vor einigen Tagen hat das japanische Moderatorenteam bereits eine entsprechende Veranstaltung in Kambodscha realisiert. Das „Ideen-Mining“ entwickelt sich zum Exportschlager – eine überaus erfreuliche Entwicklung.

Dr. Wilhelm Bauhus (Leiter der AFO)

 

Was ist Ideen-Mining?

„Ideen-Mining“ ist ein Kreativitätskonzept, das die Arbeitsstelle Forschungstransfer der Universität Münster im Jahr 2003 entwickelt hat. Es sieht vor, dass Studierende aller Fachbereiche gemeinsam mit Praktikern der Auftraggeber Ideen und Lösungen für Fragestellungen aus Unternehmen, Kommunen und Stiftungen entwickeln. Der erste „Ideen-Mining“-Workshop wurde 2003 für ein Fahrradunternehmen in der Region durchgeführt. Seitdem gab es über 220 Workshops, überwiegend für Unternehmen.

 

Dieser Artikel stammt aus der Universitätszeitung "wissen|leben" Nr. 2, April/Mai 2018.

Links zu dieser Meldung