Studie: Selbstaktivierung gehört zur Erfolgsstrategie parasitischer Unkräuter
Parasitische Unkräuter entziehen ihren Wirtspflanzen Wasser und Nährstoffe. Doch was macht diese Parasiten so erfolgreich? Ein Team um Prof. Dr. Susann Wicke vom Institut für Evolution und Biodiversität der Universität Münster hat nun untersucht, wie bestimmte Schmarotzerpflanzen ihre Saugorgane entwickeln, mit denen sie sich an die Wurzeln anderer Pflanzen anheften und ihnen Nährstoffe entziehen. Ein Fazit: Die Parasiten bilden bereits in ihren Samen verschiedene Stoffe und setzen sie frei. Sie stoßen damit die Entwicklung ihrer Saugorgane, fachsprachlich Haustorien genannt, auch ohne einen Wirt an. So gelangen die jungen Parasiten sehr früh in einen Zustand, in dem sie besonders schnell und wirksam an eine Wirtspflanze andocken. Diese Aktivierung aus sich selbst heraus steigert ihre Fähigkeit, den Wirt erfolgreich zu befallen – ein zentraler Punkt, der erklärt, warum diese Unkräuter in der Landwirtschaft schwer zu kontrollieren sind.
Das Forschungsteam beobachtete dieses Phänomen bei drei Arten von parasitischen Sommerwurzgewächsen, die beispielsweise Raps, die Ackerbohne, Reis- oder Maispflanzen befallen und erhebliche Ertragseinbußen verursachen können. Darunter sind zwei Arten, die vollständig von Wirten leben, und eine andere, die nach einigen Wochen totaler Wirtsabhängigkeit teilweise Selbstständigkeit erlangt. Alle zeigten eine eigenständige Voraktivierung ihres Saugorgans, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. „Damit weist unsere Studie darauf hin, dass dieser Mechanismus weiter verbreitet sein könnte als bislang angenommen“, betont Susann Wicke.Die Ergebnisse stießen einen grundlegenden Wandel im bisherigen Verständnis parasitischer Pflanzen an. Lange habe als unumstößlich gegolten, dass die Schädlinge erst mit der Ausbildung ihrer Saugorgane beginnen, wenn ein Wirt bestimmte Wachstumsfaktoren und bestimmte pflanzliche Hormone absondert.
Die Studie zeigt auch: Verschiedene Stoffgruppen entfalten zusammen eine viel stärkere Wirkung auf die Entwicklung der parasitischen Saugorgane als einzeln. Bestimmte Gene der parasitischen Pflanzen werden in einem sehr genauen zeitlichen Ablauf aktiv, darunter auch solche, die für die Entstehung von Leitbahnen wichtig sind, also die inneren Strukturen, über die der Parasit Wasser und Nährstoffe des Wirts aufnimmt. Samen anderer Pflanzen – ganz gleich, ob es sich um Wirtspflanzen oder Nicht-Wirte handelt – setzen Stoffe frei, die die Selbstaktivierung der Schädlinge zusätzlich verstärken. Damit rückt die Dichte an Samen in Parasiten-verseuchten Böden als bisher wenig beachteter Faktor in den Fokus der Schädlingsbekämpfung.
Das Forschungsteam kombinierte Keim- und Wachstumsversuche unter streng kontrollierten Bedingungen mit verschiedenen Mikroskopietechniken, um die Entwicklung der jungen Pflanzen direkt zu beobachten. Zur Bestimmung der gelösten Stoffe setzten die Forscherinnen und Forscher eine besonders empfindliche Analysemethode (UHPLC-MS/MS) ein, mit der sich winzige Mengen verschiedener Moleküle präzise messen lassen. Zusätzlich erhoben sie, welche Gene zu welchem Zeitpunkt in den Zellen eingeschaltet werden und die Entwicklungsprozesse steuern.
Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit Forscherinnen und Forschern der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität Wien (Österreich) durchgeführt.
Förderung
Die Forschung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen einer Emmy-Noether-Förderung an Susann Wicke finanziert.
Originalveröffentlichung
Guillaume Brun, Florian Schindler, Amal Bouyrakhen, Olivier Dayou, Wolfram Weckwerth, Susann Wicke (2025): Seed metabolites headstart haustoriogenesis and potentiate aggressiveness of parasitic weeds; Science Advances; DOI: 10.1126/sciadv.aea1449