Nachhaltigkeit zum Rechnen und Verstehen
Wie viele Ressourcen verbraucht die Universität Münster, und ab wann lebt sie ökologisch über ihre Verhältnisse? Mit dieser Frage beschäftigen sich seit diesem Wintersemester Masterstudierende des Instituts für Wirtschaftsinformatik im Seminar „Resource Overshoot Day 2.0“. Gemeinsam mit der Stabsstelle Nachhaltigkeit wollen sie sichtbar machen, wie nachhaltig die Universität wirklich wirtschaftet. Das Seminar ist Teil eines größeren Forschungsprojekts von Prof. Dr. Tobias Brandt, Dr. Lea Püchel und Ronja Dobler vom Lehrstuhl „Digital Innovation and the Public Sector“ am Wirtschaftsinformatik-Institut.
Der sogenannte Earth Overshoot Day markiert den Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen verbraucht hat, die die Erde im Laufe eines Jahres regenerieren kann. Für Deutschland fiel er im Jahr 2024 auf den 2. Mai. Doch lässt sich dieses Konzept auch auf eine einzelne Institution übertragen? „Genau das wollen wir herausfinden“, sagt Seminarleiterin Lea Püchel. „Wir untersuchen, welche Daten und Indikatoren nötig sind, um den ressourcenbezogenen Fußabdruck der Universität zu berechnen, und wie sich daraus ein Overshoot Day für die Uni ableiten lässt.“
Im Seminar knüpfen die Studierenden an ein bereits bestehendes Nachhaltigkeitstool an, das sie kritisch prüfen und weiterentwickeln. Statt einfacher Excel-Berechnungen soll ein interaktiver Prototyp entstehen, der sowohl den Ressourcenverbrauch als auch die Kohlendioxid-(CO₂)Bilanz der Universität abbildet. In die Modelle fließen Daten zu Energie, Wasser, Abfall, Mobilität, Gebäudeflächen oder Beschaffung ein. „Uns geht es nicht nur um Zahlen, sondern um ein tieferes Verständnis“, betont Mitinitiatorin Ronja Dobler. „Die Studierenden lernen, Datenquellen zu bewerten, Annahmen zu hinterfragen und aus komplexen Zusammenhängen ein System zu entwickeln, das wissenschaftlich fundiert und zugleich praxisnah ist.“
Die Aufgabe ist anspruchsvoll, denn eine Universität ist ein komplexes Ökosystem mit dezentralen Strukturen, vielfältigen Nutzergruppen und begrenzten Ressourcen. „Der Campus ist wie eine kleine Stadt“, sagt Nico Schäfer, Leiter der Stabsstelle Nachhaltigkeit. „Wenn wir verstehen, wie unsere täglichen Entscheidungen – von Energieverbrauch über Mobilität bis Beschaffung – auf Umwelt und Gesundheit wirken, können wir gezielter handeln. Nachhaltigkeit ist immer auch eine Frage der Lebensqualität und damit der Gesundheit.“ Ziel ist es, Fortschritte messbar zu machen und datenbasiert zu prüfen, welche Maßnahmen tatsächlich Wirkung zeigen.
Erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wird das neue Tool am 14. November beim Nachhaltigkeitstag „Campus Earth“, der in diesem Jahr unter dem Motto „Zukunft gesund gestalten“ steht. Dort zeigen die Studierenden, wie sich ökologische Belastungsgrenzen in Zahlen fassen lassen und welche Impulse daraus entstehen können. „Wir hoffen, dass unser Ansatz nicht nur ein Rechenmodell bleibt, sondern konkrete Handlungen initiiert“, sagt Lea Püchel. „Wenn wir verstehen, wann unsere Universität ihren Overshoot Day erreicht, können wir auch besser entscheiden, wie wir ihn in Zukunft hinauszögern.“
Campus Earth Day an der Universität Münster am 14. November
Wie hängen Nachhaltigkeit, Umwelt und Gesundheit zusammen? Dieser Frage widmet sich der Nachhaltigkeitstag „Campus Earth“ der Universität Münster am 14. November ab 13 Uhr. Unter dem Motto „Zukunft gesund gestalten“ lädt die Universität Studierende, Beschäftigte und Interessierte ein, ins Gespräch zu kommen, Neues auszuprobieren und nachhaltige Ideen für den Campus und die Stadt zu entdecken. Im Geomuseum sowie an weiteren Orten erwartet die Besucherinnen und Besucher ein vielfältiges Programm mit Vorträgen, Mitmachaktionen und Projekten aus Forschung, Lehre und Praxis.
Autorin: Kathrin Kottke
Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 7, 5. November 2025.