
Magie aus dem Münsterland
Volker Lohmanns Leben findet auf zwei Bühnen statt: im Klassenzimmer des Gymnasiums Remigianum in Borken und im Scheinwerferlicht, wo er unter seinem Künstlernamen Max Muto das Publikum verzaubert. Für diesen ungewöhnlichen Nebenberuf braucht er einen Koffer, genauer gesagt einen braunen Koffer. Was hat es damit nur auf sich? Wenn er ihn öffnet, offenbaren sich Kartenspiele und Stifte. So weit, so unspektakulär. Aber in seinem Koffer liegt auch eine mit Zweigen ummantelte Holzhand. Dieses unscheinbare Requisit brachte ihm im Oktober 2024 den Titel des deutschen Meisters der Zauberkunst ein.
Die Zauberei begleitet den Borkener seit seiner Kindheit. Die Leidenschaft begann jedoch nicht in einem Theater, sondern in einem Krankenhausbett. Nach einer Mandeloperation brachte er sich mit einem Zauberkasten die ersten Tricks bei. „Ich musste meine Requisiten oft selbst basteln. Das hat mir geholfen, zu verstehen, wie die Tricks wirklich funktionieren“, erinnert er sich. Heutzutage hat seine Show nur noch wenig mit den klassischen Zaubertricks zu tun. Als Vertreter der Sprech-Zauberkunst verbindet er Magie mit Poesie, rezitiert Gedichte und monologisiert, während er Dinge zum Schweben oder Verschwinden bringt oder mit Hilfe der „magischen Hand“ für scheinbar unmögliche Verwandlungen sorgt. „In der Jugend hatte ich keinen besonderen Bezug zur Lyrik, bis ein Deutschlehrer und meine Großmutter mich dafür begeistert haben“, erzählt er.
Seine Zeit an der Universität Münster hat in Volker Lohmanns Zauberkarriere eine wichtige Rolle gespielt, auch wenn es in der Stadt keinen großen Markt für seine Kunst gab. Im Jahr 2000 begann er sein Chemiestudium, später kam Erziehungswissenschaft dazu. „Während meines Studiums war ich fast jedes Wochenende auf Reisen, um bei Veranstaltungen zu zaubern“, berichtet der 45-Jährige. Diese Reisen musste Max Muto allerdings nicht allein bestreiten. In der Orientierungswoche seines Chemiestudiums lernte er Dr. Sarah Krause kennen, die ihm seitdem assistiert. Die Lebensmittelchemikerin wuchs in Norwegen auf und entschied sich, für ihr Studium nach Münster zu ziehen. Heute hat sie zwei Kinder und ihr Leben komplett in die Westfalenmetropole verlagert.
Die Freundschaft mit Volker Lohmann war ihr erster Zugang zur Zauberei. „Ich habe dabei immer an Glitzer und Hasen, die aus Hüten gezaubert werden, gedacht“, sagt sie. „Aber die Welt von Max Mutos Sprech-Zauberkunst hat mich fasziniert, und es war ein guter Ausgleich zum zeitintensiven Studium.“ Während der Bühnenshow trifft Sarah Krause die entscheidenden Vorbereitungen bei vielen Routinen – so werden die „Nummern“ in der Zauberei bezeichnet. Sie zieht die Strippen im Hintergrund, auch in der Entwicklung neuer Effekte spielt sie eine wichtige Rolle. „Sie ist der bestinformierte Laie, an dem ich neue Ideen ausprobieren kann“, lobt Volker Lohmann seine Partnerin.
Dem typischen Studierendenleben stand der Zauberer nie besonders nah, auf Partys sei er meistens der Gast gewesen, der Kartentricks vorgeführt hat. Seine Freizeit verbrachte der Alumnus oft mit dem Studium von Zauberliteratur und Lyrik. „In der Universitäts- und Landesbibliothek hatte ich Zugriff auf eine große Sammlung relevanter Bücher“, berichtet er. „Dort habe ich mir Kopien angefertigt, die noch heute in meinem Schrank liegen.“ Zum Lesen blieb er entweder in der ULB, der Bibliothek im Bispinghof oder er besuchte ein Café, das zur magischen Atmosphäre beitrug. „Ohne das Café Kleimann am Prinzipalmarkt würde es vieles von dem, was ich heute tue, nicht geben. Dort fiel ich auch nicht auf, wenn ich in einem großen Gedichtband las.“
Für die Stadt Münster findet das magische Duo viele lobende Worte. „Es ist ein sehr lebenswerter und fahrradfreundlicher Ort, an dem ich mich zuhause fühle“, erzählt Sarah Krause. Volker Lohmann beschreibt die Atmosphäre der Stadt als „romantisch und literarisch“, was er unter anderem auf den Einfluss der Dichtkunst von Annette von Droste-Hülshoff zurückführt. „Viele ihrer Gedichte haben einen starken Bezug zu Spiritualität und eine faszinierende, geisterhafte Erzählweise.“
Auch wenn die Zauberei seine große Leidenschaft ist, geht Volker Lohmann hauptberuflich einer anderen Beschäftigung nach. Am Borkener Gymnasium Remigianum unterrichtet er Chemie und Pädagogik und koordiniert dort den MINT-Bereich. Die Zauberei findet aber auch ab und an Einzug in seine Lehrtätigkeit. Im Projektkurs „SimsalaBAM“ bietet er spektakuläre Show-Chemie. Auch im regulären Unterricht, so seine Erfahrung, kann ein wenig magische Erfahrung nicht schaden. „Falls ein Versuch mal nicht klappt, hilft ein wenig Magie nach“, sagt er und lacht.
Mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft heimste Volker Lohmann alias Max Muto seinen bislang größten Erfolg ein. Entscheidend für den Sieg war seine „magische Hand“, mit der er allerlei Tricks vorführte. „Sie kann zum Beispiel Ballontiere knoten und Bilder malen“, verrät der Zauberer. Aber wie macht er das bloß? Keine Überraschung: Volker Lohmann und Sarah Krause lächeln – das bleibt ihr Geheimnis.
Autor: Tim Zemlicka
Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 5, 16. Juli 2025.