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Münster (upm/kk).
Das Bild zeigt eine Szene aus dem Theaterstück „KIPPPUNKT“. Zu sehen sind vier Personen, die verzweifelt gucken. Aus einer Maschine wird weißer Kunstschnee gepustet. Der Hintergrund ist schwarz.<address>© Martin Jehnichen, Meike Reiners</address>
Das Theater Titanick präsentiert beim "SchluaRaum" das Stück „KIPPPUNKT“.
© Martin Jehnichen, Meike Reiners

„Ökologische Probleme bringen immer soziale Fragen mit sich“

Antonia Graf über die Kooperation zwischen Theater Titanick und dem Seminar politische Ökologie

Münster verwandelt sich vom 5. bis 11. Juli in einen lebendigen Campus und lädt unter dem Motto „Wieso? Weshalb? Gesund?“ zum Wissenschaftsfestival „SchlauRaum“ ein. Eine Woche lang können Besucherinnen und Besucher in spannende, vielseitige Perspektiven rund um das Thema Gesundheit eintauchen. Eines von vielen Highlights ist die Open-Air-Inszenierung „KIPPPUNKT“ auf dem Hafenplatz - ein Theatererlebnis, das aktuelle Umwelt- und Gesellschaftsfragen auf die Bühne bringt. Prof. Dr. Antonia Graf und ihre Studierenden haben das Stück mit einer wissenschaftlichen Brille betrachtet und neue Perspektiven eröffnet. Im Gespräch mit Kathrin Kottke berichtet die Politikwissenschaftlerin von der Zusammenarbeit mit dem Theater Titanick und den Schnittstellen zwischen Kunst und Forschung.

Wie kam die Kooperation mit dem Theater Titanick zustande?

Im vergangenen Jahr hat das Theater das Stück mit großem Erfolg aufgeführt und war daran interessiert, das Thema wissenschaftlich zu vertiefen. Kipppunkte bezeichnen jene Momente, in denen Umweltveränderungen unumkehrbar werden – ein Begriff, der in der Forschung, etwa im Zusammenhang mit den sogenannten Planetary Boundaries, eine wichtige Rolle spielt. Dabei handelt es sich um ökologische Belastungsgrenzen der Erde. Uns hat besonders gereizt, diesen Ansatz kulturell weiterzudenken und zu erweitern. Bei einem ersten Treffen mit dem Theater-Team zu Beginn des Jahres wurde schnell deutlich, wie gut unsere inhaltlichen Vorstellungen zusammenpassen.

Prof. Dr. Antonia Graf<address>© privat</address>
Prof. Dr. Antonia Graf
© privat
Was lernen die Studierenden im Seminar politische Ökologie?

Die Studierenden setzen sich kritisch mit den aktuellen Umweltdebatten, den Produktions- und Konsumgewohnheiten sowie globalen Ungleichheiten auseinander. Unter anderem geht es darum, wie eng Umwelt und Gesellschaft miteinander verbunden sind und welche Rolle Machtverhältnisse bei dieser Beziehung spielen. Sie entwickeln dabei ein Bewusstsein dafür, dass ökologische Probleme immer auch soziale Fragen mit sich bringen. Dabei wird deutlich, dass die Vorteile und Lasten von Umweltveränderungen häufig ungerecht verteilt sind.

Wie ordnen Sie die Kooperation zwischen Theater und Seminar im Zusammenhang mit dem diesjährigen „SchlauRaum“-Thema Gesundheit ein?

Die politische Ökologie vereint wissenschaftliche und aktivistische Ansätze und untersucht das Zusammenspiel von Umwelt und Gesellschaft. Der Klimawandel bringt heute wie zukünftig gravierende Veränderungen unserer Umwelt mit sich, die deutliche Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Probleme wie Luftverschmutzung, Wasserknappheit oder giftige Abfälle treffen dabei vor allem benachteiligte und besonders verletzliche Gruppen. Sie machen deutlich, wie eng ökologische Fragen mit sozialer Gerechtigkeit verknüpft sind.

Der Klimawandel verschärft also globale Gesundheitsprobleme?

Genau. Hitzewellen werden häufiger, neue Infektionskrankheiten treten auf, die Ernährungssicherheit gerät zunehmend in Gefahr. In unserem Seminar beschäftigen wir uns damit, wie unterschiedlich Menschen von solchen Umweltveränderungen betroffen sind – und wer sich besser davor schützen kann und wer nicht. Besonders im Fokus steht dabei die Frage, wie ungleich die Kosten und Vorteile dieser Veränderungen verteilt sind. Die Verbindung von Theater und Seminar bietet die besondere Chance, diese komplexen Zusammenhänge auf eine kreative und lebendige Weise zu vermitteln und einen Dialog darüber anzustoßen.

Was sollen Ihre Studierenden von dieser Kooperation mitnehmen?

Ich wünsche mir, dass die Kooperation ihnen wertvolle Impulse gibt, wie die Wissenschaft von der kulturellen Perspektive profitieren kann und umgekehrt. Gerade in dieser Zeit kann uns Kunst wichtige, innovative Ideen für nachhaltiges Handeln geben. Eine kreative, phantastische und spielerische Herangehensweise an die aktuellen Herausforderungen kann auch eine Spielart vom guten Leben und Gesundheit sein.

Was erwartet die Besucherinnen und Besucher der Veranstaltungen?

Das Publikum darf sich auf spannende Einblicke in das vielschichtige Feld der politischen Ökologie freuen. In zwei öffentlichen Seminaren am 2. und 7. Juli diskutiere ich mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern über die Themen ,Korridor statt Kippen? Konsumkorridore als Strategie für nachhaltige Entwicklung‘ und ,Kunst gegen Kippen?‘. Durch die eindrucksvollen Inszenierungen von ,Theater Titanick‘ und dem kreativen Ensemble ,bodytalk‘ werden abstrakte Zusammenhänge darüber hinaus auf sinnliche Weise erfahrbar. Sie eröffnen den Besucherinnen und Besuchern neue Perspektiven auf die komplexen Verflechtungen zwischen Mensch, Gesellschaft und Umwelt.

Termine

Korridor statt Kippen? Konsumkorridore als Strategie für nachhaltige Entwicklung
Mittwoch, 2. Juli | 19:30 Uhr | Titanick-Halle, Am Hawerkamp 31, 48155 Münster

Theater Titanick: KIPPPUNKT – Making Of
Samstag, 5. Juli | 21 Uhr | Hafenplatz Münster

Theater Titanick: KIPPPUNKT – Was, wenn die Natur zurückschlägt?
Sonntag, 6. Juli | 22 Uhr | Hafenplatz Münster
Montag, 7. Juli | 22 Uhr | Hafenplatz Münster

Kunst gegen Kippen?
Montag, 7. Juli | 17 Uhr | Titanick-Zelt auf dem Hafenplatz Münster

 

Das Wissenschaftsfestival SchlauRaum ist eine gemeinsame Veranstaltung von Münster Marketing, der Universität Münster, der FH Münster und dem UKM, unterstützt von der Stiftung der Sparkasse Münsterland Ost sowie der Allianz für Wissenschaft.

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