
Energieforschung an der Universität Münster: Drei Beispiele
Ressourcen schonen mit Katalyse
Die Chemie spielt eine wichtige Rolle in der Entwicklung moderner Produkte, steht jedoch vor der Herausforderung, nachhaltiger werden zu müssen. In diesem Kontext entwickle ich im Arbeitskreis von Prof. Dr. Frank Glorius am Organisch-Chemischen Institut neue, umweltfreundlichere Methoden für die chemische Synthese. Mein Schwerpunkt liegt auf der Katalyse – ein Prozess, der chemische Reaktionen effizienter und ressourcenschonender macht. Katalysatoren, die nur in geringen Mengen benötigt werden, ermöglichen zudem neue Reaktionswege und Produkte.
Besonders wichtig ist es mir, gut verfügbare und kostengünstige Startmaterialien zu nutzen, um durch deren Funktionalisierung wertvolle Produkte herzustellen. Ein Beispiel meiner Forschung ist die Umwandlung von Olefinen in Aminosäurederivate, die mit einer „click“-fähigen funktionellen Gruppe ausgestattet sind, welche sich in nahezu perfekten Reaktionen einsetzen lässt. Hervorzuheben sind die hohe Stabilität und Selektivität dieser Verbindungen. Diese Eigenschaften machen sie ideal für Anwendungen in biologischen Systemen, bei denen die natürlichen biochemischen Prozesse nicht gestört werden sollen.
Für die ressourcenschonende und schnelle Evaluierung geeigneter Katalysatoren werden modernste Screening-Technologien verwendet. Diese erleichtern auch anderen Forschungsgruppen die Anwendung entwickelter Transformationen.
Sonnenlicht als reichlich verfügbare Energiequelle dient als zentrale Inspiration für die Forschung: Hochenergetische Photonen des sichtbaren Lichts ermöglichen neue katalytische Transformationen, indem stabile Bindungen unter milden Bedingungen gebrochen werden. Die dabei entstehenden reaktiven Teilchen, sogenannte Radikale, reagieren effizient mit anderen Ausgangsmaterialien. Durch diese gezielte Umsetzung wird die Entstehung von Nebenprodukten minimiert, sodass sämtliche Atome der Ausgangsstoffe in das gewünschte Produkt übergehen, was man als hohe Atomökonomie bezeichnet.
Johannes Eike Erchinger, Doktorand am Organisch-Chemischen Institut
Mehrere Batterietypen sind unerlässlich
Die Energiewende stellt uns vor zahlreiche Herausforderungen, doch eine Sache steht mittlerweile außer Frage: Ohne fortschrittliche Batterien und Energiespeicher ist sie nicht zu bewältigen. Die Anforderungen an diese Technologien sind dabei äußerst vielfältig. Für uns als Forscherinnen und Forscher bedeutet dies, dass wir uns mit einer breiten Palette an Fragen und Themen auseinandersetzen müssen. Einerseits geht es darum, bestehende Systeme zu verbessern und anzupassen, andererseits steht die Entwicklung neuer Batterietypen im Fokus.
Diese Diversität zeigt sich auch in den Projekten, an denen ich beteiligt bin. Ein Beispiel ist die Forschung an siliziumbasierten Lithium-Ionen-Batterien, bei denen wir versuchen, die Energiedichte weiter zu erhöhen. Ziel ist es, die Leistungsfähigkeit eines bereits bewährten Systems zu optimieren. In einem anderen Projekt hingegen konzentrieren wir uns auf Natrium- und Kalium-Batterien, die eine ressourcenschonendere Alternative darstellen könnten. Hier geht es primär darum, funktionierende Systeme zu finden und zu etablieren.
Die verschiedenen Ansätze in diesen Projekten verdeutlichen, dass Batterietechnologien in unterschiedlichen Entwicklungsstadien existieren. Dies ist besonders relevant im Kontext der Energiewende, da die Anforderungen an Energiespeicher ebenso vielfältig sind wie die Anwendungsbereiche, in denen sie zum Einsatz kommen sollen. Während einige Technologien bereits einsatzbereit sind, benötigen andere noch umfangreiche Forschung, um ihre Anwendungsreife zu erreichen.
Die Energiewende erfordert daher nicht nur die Weiterentwicklung bestehender Systeme, sondern auch die Schaffung neuer, innovativer Technologien. Nur eine breite Palette von Batterietypen und Energiespeichern wird es uns ermöglichen, die unterschiedlichen Anforderungen der Energiewende zu erfüllen. Forschung und Innovation im Bereich der Batterien sind daher unerlässlich, um den Weg in eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieversorgung zu ebnen.
Dr. Anna Gerlitz, Postdoktorandin am MEET Batterieforschungszentrum
Erneuerbare Energien: Akzeptanz und Konflikte
Die durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise hat die Notwendigkeit der „Energiewende“ hinein in ein postfossiles Zeitalter deutlich verstärkt. Mittlerweile entfallen fast 60 Prozent der Gesamtstromerzeugung in Deutschland auf erneuerbare Energieträger. Strom- und Wärmeproduktion auf Grundlage der Nutzung von Wind, Sonne, Biomasse, Wasser oder Geothermie braucht Flächen, die vor allem in ländlichen Räumen mit geringerer Bevölkerungsdichte verfügbar sind. Die dortige Entstehung „neuer Energielandschaften“ unterstreicht die wachsende Bedeutung – und Stärkung – ländlicher Räume, Infrastrukturen und Akteure bei der Transformation zu einer dezentraleren, sozial gerechteren, nachhaltigeren und zukunftsfähigeren Energieversorgung. Ländlichen Regionen im Strukturwandel bieten Ausbau und Nutzung erneuerbarer Energieträger zudem neue wirtschaftliche Entwicklungsimpulse.
Zu den wichtigsten Herausforderungen bei der Realisierung der Energiewende zählen Konflikte um Energieinfrastrukturen. Besonders Windkraftanlagen und deren Ausbau stoßen vor Ort auf Akzeptanzprobleme und Proteste. Umstritten sind vor allem große Windräder, die zukünftig mehr als 250 Meter Höhe erreichen können, da die Eingriffe ins Landschaftsbild besonders eklatant sind und zu intensiven Debatten um Beeinträchtigungen (vor allem durch Schall und Rotationsbewegungen) oder auch die Landschaftsästhetik führen. Unsere Untersuchungen zeigen allerdings, dass die Akzeptanz von Windparks an Land im Laufe der Betriebszeit durch Gewöhnungseffekte steigt – auch in Waldgebieten, insbesondere auf Schadflächen. Durch Beteiligung an der Strom- oder Wärmeerzeugung (etwa durch Bürgerenergiegenossenschaften oder eigene Photovoltaikanlagen) werden die Konsument*innen außerdem zu Prosument*innen; sie können also direkt an der Energieproduktion partizipieren, was die Akzeptanz fördert.
Chancen und Herausforderungen der Energiewende und die damit verbundenen Raumnutzungskonflikte spielen in der Geographie in Forschung, Lehre und Ausbildung eine große Rolle, zumal Expert*innen mit spezifischen Kenntnissen und Fähigkeiten in diesem zukunftsfähigen Arbeitsfeld gefragt sind.
Dr. Christian Krajewski, Akademischer Oberrat am Institut für Geographie
Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 1, 29. Januar 2025.