|
Münster (upm/ap).
Prof. Dr. Engelbert Winter (l.) und Prof. Dr. Michael Blömer (r.) von der Forschungsstelle Asia Minor zeigen dem Vorsitzenden des Vorstands der Universitätsgesellschaft, Dr. Paul-Josef Patt (m.), die Funktion der VR-Station.© Uni MS - Linus Peikenkamp
Fotos

Von Münster aus in antike Lebenswelten Kleinasiens eintauchen

Universitätsgesellschaft fördert Virtual-Reality-Station im Archäologischen Museum

Von der Bischofsstadt Münster aus eine antike Bischofskirche rund 3.600 Kilometer entfernt besichtigen – das geht nun im Archäologischen Museum. Seit 27 Jahren besteht das Grabungsprojekt der Forschungsstelle Asia Minor in Doliche, einer Stadt im antiken Nordsyrien, heute in der Südost-Türkei gelegen. Die Besucherinnen und Besucher des Archäologischen Museums am Domplatz können der Grabungsstätte nun sehr nahekommen und in die spätantike Geschichte eintauchen. Am 21. November wurde dort eine neue VR-Station eingeweiht, die ab sofort für das Publikum zugänglich ist.

In der Dauerausstellung im Untergeschoss können die Gäste mit einer VR-Brille virtuell nach Doliche reisen und einen Rundgang durch die dort ausgegrabene Kirche machen. „Von Münster aus gewinnt man einen besseren Eindruck als vor Ort, denn die Ausgrabungen sind abgedeckt und nicht zugänglich“, betont der Archäologe Prof. Dr. Michael Blömer. Zu sehen gibt es einiges: Im Mittelpunkt steht die 2015 entdeckte Kirche am Südhang des Stadtbergs. Die dreischiffige Basilika wurde im 4. Jahrhundert erbaut und etwa drei Jahrhunderte genutzt. Vermutlich handelt es sich um die einstige Bischofskirche, die Größe und Ausstattung des Gebäudes sprechen dafür. In jedem Fall handelt es sich um einen bedeutenden Fund für das kulturelle Erbe des antiken Nordsyriens.

In den Überresten dieser Kirche können sich die Gäste nun virtuell umsehen. Aus der Panorama-Ansicht heraus sind unterschiedliche Standorte auswählbar, die jeweils andere Perspektiven ermöglichen und die Grabungsstätte in ihrer Umgebung zeigen. Einzelne Details können herangezoomt werden. Icons geben nähere Auskünfte etwa zu den eindrucksvollen, frisch restaurierten Mosaikböden mit geometrischen Mustern, die das Erscheinungsbild der Basilika prägen, sowie den verschiedenen Räumen und Ausstattungsmerkmalen. Auch Informationen zur Grabungsgeschichte und der Forschungsstelle Asia Minor sind abrufbar. „Die VR-Station ist ein Vorzeigeprojekt, mit dem wir Archäologie für ein breites Publikum erlebbar machen“, unterstreicht Dr. Helge Nieswandt, Kustos des Museums. „Die Gäste bekommen einen viel konkreteren Eindruck von der Grabungsstätte, als einzelne Ausstellungsobjekte vermitteln können.“ Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit der Stabsstelle Web und Design der Universität entwickelt, die Informationsverarbeitungs-Versorgungseinheit (IVV) 1 kümmerte sich um Konfiguration und Aufstellung der Station. Die Universitätsgesellschaft förderte das Vorhaben sowie die begleitende Online-Plattform und die zuvor erstellten 3D-Scans als Leuchtturmprojekt.

Unterdessen geht die Arbeit vor Ort weiter, schildert der Altertumswissenschaftler Prof. Dr. Engelbert Winter von der Forschungsstelle Asia Minor. Im vergangenen Sommer habe ein internationales Team mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Grabungen im antiken Stadtgebiet fortgesetzt und einen großen Tempel für den Kaiserkult sowie das Stadtarchiv untersucht.

Im Archäologischen Museum und im Bibelmuseum der Universität läuft noch bis zum 26. Februar 2025 die Sonder-Ausstellung „Körper.Kult.Religion“ des Exzellenzclusters „Religion und Politik“. Der Eintritt beträgt sechs beziehungsweise ermäßigt drei Euro, für Studierende der Universität Münster ist er frei. Der Zugang zur Dauerausstellung im Untergeschoss des Archäologischen Museum ist für alle Interessierten kostenlos.

Autorin: Anke Poppen

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 7, 6. November 2024.

 

Links zu dieser Meldung