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Münster (upm/anb).
Das zuvor vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Einführung eines „Bürgergeldes“ erhielt im Bundesrat keine Mehrheit.<address>© picture alliance/dpa - Bernd von Jutrczenka</address>
Das zuvor vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Einführung eines „Bürgergeldes“ erhielt im Bundesrat keine Mehrheit.
© picture alliance/dpa - Bernd von Jutrczenka

„Ein bedingungsloses Grundeinkommen liegt in weiter Ferne“

Der Ökonom Aloys Prinz ordnet die Kritik am „Bürgergeld“ ein

Die Mehrheit des Bundesrates lehnte am Montag (14.11.) die Einführung des sogenannten Bürgergeldes ab, das nach dem Plan der Ampel-Koalition das „Hartz VI“-System ersetzen soll. Der Vermittlungsausschuss zwischen Bund und Länder soll nun einen Kompromiss zur Klärung des Themas finden. Vor allem die Union aus CDU und CSU sprach sich gegen das Bürgergeld unter anderem mit folgender Begründung aus: „Vielmehr setzt das ,Bürger‘-Geld den Anreiz, sich in der Arbeitslosigkeit ,einzurichten‘ und senkt die Anreize zur Aufnahme von Arbeit.“ Dieser Aspekt wird umfangreich in der Medienberichterstattung, aber auch in den sozialen Medien aufgegriffen und polarisiert hier wie dort.

Professor Dr. Aloys Prinz, Leiter des Instituts für Finanzwissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster, bezieht Stellung zum Bürgergeld:

Das „Bürgergeld“ soll das ungeliebte „Hartz IV“ ersetzen. Gegenüber „Hartz IV“ gibt es im „Bürgergeld“ beim grundlegenden Dilemma jeder arbeitslosen Grundsicherung einige Veränderungen, die die Balance zwischen Einkommenssicherung und Arbeitsanreizen in Richtung Einkommenssicherung verschieben. Die Kritik setzt zunächst an der sechsmonatigen „Vertrauenszeit“ an, innerhalb derer keine Leistungskürzungen erfolgen sollen. Damit sinkt der Druck, eine neue Beschäftigung zu suchen und anzunehmen. Zwar kann man mit einer längeren Suche einen besseren Arbeitsplatz finden, aber die Chance, überhaupt eine Stelle zu finden, kann sinken. Eine deutlich kürzere Vertrauenszeit (oder der Verzicht darauf) könnte einen Ausgleich zwischen den Effekten schaffen. Die Karenzzeit von zwei Jahren bei den Kosten der Unterkunft ist im Vergleich mit anderen Erwerbstätigen, die ihre Wohnungskosten den Einkommensverhältnissen anpassen müssen, ziemlich lang. Eine kürzere Karenzzeit könnte eine Lösung sein.

Aloys Prinz forscht an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der WWU unter anderem zu sozialen Sicherungssystemen.<address>© privat</address>
Aloys Prinz forscht an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der WWU unter anderem zu sozialen Sicherungssystemen.
© privat
Bei der Erhöhung des Schonvermögens ist nicht so sehr die Höhe problematisch als die Tatsache, dass die Höhe unabhängig davon ist, ob es sich um selbst erarbeitetes Vermögen oder zum Beispiel Erbschaftsvermögen handelt und wie alt die Hilfesuchenden sind. Das erarbeitete Vermögen könnte in geringerem Umfang angerechnet werden als anderes Vermögen und die Anrechnung wäre altersabhängig gestaltbar.

Ebnet das Bürgergeld den Weg zu einem bedingungslosen Grundeinkommen? Die Aussetzung von Sanktionen in den ersten sechs Monaten, die Karenzzeit von zwei Jahren bei den Kosten der Unterkunft sowie die geänderte Vermögensanrechnung sind als Lockerung der Bezugsbedingungen anzusehen. Dennoch liegt ein bedingungsloses Grundeinkommen in weiter Ferne.

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