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Prof. Dr. Sirkka Jarvenpaa erforscht unter anderem die Rolle des Vertrauens im Cyperspace und den strategischen Einsatz von Informationstechnologien.<address>© WWU - Peter Leßmann</address>
Prof. Dr. Sirkka Jarvenpaa erforscht unter anderem die Rolle des Vertrauens im Cyperspace und den strategischen Einsatz von Informationstechnologien.
© WWU - Peter Leßmann

Realer Einfluss aus Finnland

Wirtschaftsinformatikerin Sirkka Jarvenpaa ist als Humboldt-Forschungspreisträgerin zu Gast an der WWU

Wie präsent und viel beachtet Forschung im menschlichen Alltag sein kann, zeigte nicht zuletzt die Suche nach wirksamen Impfstoffen gegen das Coronavirus. Auch andere Wissenschaften sind zwar im Detail für Laien kaum zu verstehen, sorgen aber mit ihrer Alltagsrelevanz für Aufsehen: Fleisch aus dem Labor, selbstfahrende Autos oder die Auswirkungen des Klimawandels. Oder sie sprechen die menschliche Neugier für das kaum Vorstellbare an, wenn es zum Beispiel um Themen wie das Weltall und die Frage nach Leben auf dem Mars geht.

Die meisten Forscherinnen und Forscher, vor allem die, die Grundlagenforschung betreiben, sind weniger sichtbar. Auszeichnungen sind eine wichtige Anerkennung der Arbeit. So geschehen im Falle der Wirtschaftsinformatikerin Prof. Dr. Sirkka Jarvenpaa, die jüngst einen Humboldt-Forschungspreis erhielt. Die Finnin, die an der University of Texas forscht und lehrt, wurde von Prof. Dr. Stefan Klein vom Institut für Wirtschaftsinformatik der WWU vorgeschlagen. Der Prodekan für Internationales der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät ist damit auch Gastgeber für die Wissenschaftlerin. Denn die Auszeichnung beinhaltet neben 60.000 Euro Preisgeld die Möglichkeit, bis zu zwölf Monate lang an der Gast-Uni zu forschen. Im Juni kam die Wirtschaftsinformatikerin zum ersten Mal als Humboldt-Gast für einige Wochen an den Leonardo-Campus.

Sirkka Jarvenpaa forscht unter anderem zur Rolle des Vertrauens im Cyberspace – zum Beispiel in globalen virtuellen Teams – oder zum Vertrauen der Verbraucher in Online-Shops sowie zum strategischen Einsatz von Informationstechnologien. "Der Preis zeigt mir, dass meine Arbeit einen Einfluss auf mein Fachgebiet hat – und hoffentlich auch über die Wissenschaft hinaus, in die Industrie und in politische Organisationen. Oft ist diese Wirkung in der Grundlagenforschung schwer zu erkennen oder zeigt sich erst nach vielen Jahren. Durch den Preis wird der Einfluss real", betont die 63-Jährige.

Den Kontakt zur Uni Münster pflegt die Finnin aus Harjunpaa seit vielen Jahren. Mehrmals besuchte sie ihre WWU-Kollegen in der Arbeits- und Organisationspsychologie und kooperierte vor allem mit Prof. Dr. Guido Hertel zu Fragen der Vertrauensforschung. Stefan Klein und Sirkka Jarvenpaa lernten sich über die Redaktionsarbeit für eine internationale Fachzeitschrift kennen und schätzen.

"Sirkka Jarvenpaa ist eine engagierte und in ihrem Forschungsfeld anerkannte Wissenschaftlerin. Sie befasst sich auch mit ethischen Fragen, betrachtet aktuelle Entwicklungen kritisch und spricht diese Themen in der Fachgemeinschaft an", betont Stefan Klein. Beispielsweise kritisiert sie die einseitige Fokussierung auf Aufsätze in hochgehandelten Journalen als Erfolgsmaß wissenschaftlicher Arbeit. Sirkka Jarvenpaa sei aus akademischer Sicht die richtige Kandidatin für eine Nominierung gewesen, meint Stefan Klein. Unerwähnt lässt der Wirtschaftsinformatiker jedoch nicht, dass ihn auch die Tatsache freut, dass er eine Frau, die Forscherin und Mutter ist, für den Preis vorschlagen konnte. "Es ist eine historische Anomalie, dass Frauen in der Wirtschaftsinformatik heute so unterrepräsentiert sind, denn sie haben diese Wissenschaft mit aufgebaut. Umso schöner ist die Auszeichnung für Sirkka Jarvenpaa."

Der erste offizielle Besuch der Finnin an der Uni Münster diente dem Gedankenaustausch über zukünftige Projekte – ob in der Vertrauensforschung oder zu den sozialen Auswirkungen von Unternehmertum. "Der Humboldt-Forschungspreis motiviert mich, meine Forschung in diesen Bereichen voranzutreiben. Denn die Auszeichnung zeigt, dass auch andere glauben, dass diese Arbeit wichtig ist. Und letztlich wollen wir alle doch gerne etwas leisten, das von Bedeutung ist", betont die Preisträgerin.

Autorin: Hanna Dieckmann

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 5, 6. Juli 2022.

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