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Münster (upm/hd)
Musikwissenschaftler Prof. Dr. Michael Custodis<address>© WWU - Anna Overmeyer</address>
Musikwissenschaftler Prof. Dr. Michael Custodis
© WWU - Anna Overmeyer

"Menschen haben ihre Faszination für den Mond über Epochen mit Musik ausgedrückt"

Musikwissenschaftler Prof. Dr. Michael Custodis über den epochenübergreifenden Einfluss des Mondes auf die Musik:

Von der Antike bis zur Gegenwart gibt es Beispiele, wie Menschen ihre Faszination für den Mond und den Nachthimmel mit Musik ausgedrückt haben. Zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Kulturen fielen die musikalischen Resultate selbstverständlich sehr verschieden aus und spiegeln zugleich in dieser Unterschiedlichkeit die Vielfalt von Musik und Mond-Ansichten:

Antike: Bekannt ist das Beispiel von Pythagoras (den wir mindestens noch aus dem Mathematikunterricht kennen), der die Konstellationen der Planeten zueinander ermittelte und ihre Proportionen als Abstände von Intervallen im griechischen Tonsystem wiederfand. Wie die Musik der alten Griechen klang, wissen wir heute nicht mehr. Intervallbezeichnungen wie Oktav, Quinte und Quarte sind im westlichen Tonsystem aber heute noch gebräuchlich.

Barock und Klassik: Abgesehen von Bühnenmusiken, in denen nächtliche Szenen eine Rolle spielen, entwickelte sich mit Serenaden eine eigene Form von Nachtmusiken, die zum einen auf besondere Anlässe und Tageszeiten verweisen, an denen Musik gespielt wurden, und die zum anderen die Besonderheit von Abendstimmungen einzufangen versuchten.

Romantik: In einer Vielzahl von Liedern, besonders berühmte stammen von Franz Schubert und Johannes Brahms, besingen MusikerInnen den Mond und seine besondere poetische, symbolische und spirituelle Kraft. Nicht zuletzt kennen wir bis heute das als Volks- und Kinderlied vielfach vertonte Der Mond ist aufgegangen. Auch Ludwig van Beethovens Klaviersonate opus 27,2 attestierte man eine besondere Stimmung, sodass ein Verleger diesem Stück den Beinamen "Mondscheinsonate" gab.

Moderne: Mit Gustav Holsts Orchesterwerk The Planets, opus 32 (1914-16) kam ein weiteres berühmtes Stück hinzu, das den Mond zwar nicht explizit besingt, aber das Fortwirken der antiken Idee unterstreicht, Planeten Charaktereigenschaften zuzuschreiben. Auch Carl Orffs Märchenoper Der Mond (1939) schreibt sich dieser Tradition noch ein. Wesentlich berühmter auf deutschsprachigen Bühnen wurde aber Paul Linkes Operette Frau Luna (1899/1922), die mindestens mit ihrem Hit Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft bis heute bekannt ist und mit ihrem Titel daran erinnert, dass über dieses Synonym noch unzählige weitere Musikstücke hinzuzählen sind - zum Beispiel Arnold Schönbergs berühmter Pierrot lunaire, opus 21 (1912).

Musik und Medien bis zur Gegenwart: Folgt man den Spuren von Mondliedern, Astronauten- und Weltraumsongs quer durch die Geschichte der Rock- und Popmusik, stößt man bis heute auf unzählige Titel. Ob nun der Jazz-Standard Fly Me to the Moon, David Bowies Space Oddity (in seiner Bühnenrolle als Major Tom) oder Audrey Hepburns Interpretation von Moon River im Filmklassiker Frühstück bei Tiffany, für den Johnny Mercer und Henry Mancini 1962 einen Oscar als bester Filmsong bekamen – der Mond hat bis heute bei Musikerinnen, Musikern und Publikum nichts von seiner Faszination verloren.

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