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Münster (upm/kk)
Künstlerische Darstellung eines jungen Sterns, der von einer protoplanetaren Scheibe umgeben ist, in der sich Planeten bilden.<address>© L. Calçada - ALMA (ESO/NAO)</address>
Künstlerische Darstellung eines jungen Sterns, der von einer protoplanetaren Scheibe umgeben ist, in der sich Planeten bilden.
© L. Calçada - ALMA (ESO/NAO)

Sonnensystem entstand in weniger als 200.000 Jahren

Aktuelle "Science"-Studie von US- und WWU-Forschern

Das Material, aus dem die Sonne und der Rest des Sonnensystems bestehen, stammt aus dem Kollaps einer großen Gas- und Staubwolke. Astronomische Beobachtungen junger Sternobjekte legen nahe, dass es rund ein bis zwei Millionen Jahre dauert, bis eine Wolke zu einem Stern kollabiert und sich dadurch ein Sternsystem bildet. Ein internationales Forscherteam unter der Federführung von Planetologen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) hat nun Hinweise auf das Alter bei der Entstehung unseres Sonnensystems gefunden: Demnach ist es über 4,5 Milliarden Jahre alt, und es entstand in weniger als 200.000 Jahren. Die Studie ist jetzt in der Fachzeitschrift „Science“ erschienen.

Hintergrund und Methode

Die ersten Festkörper, die sich im Sonnensystem bildeten – mikrometer- bis zentimetergroße Einschlüsse in Meteoriten, die als kalzium- und aluminiumreiche Einschlüsse (CAIs) bezeichnet werden – liefern eine direkte Aufzeichnung der Entstehung des Sonnensystems. Die meisten CAIs bildeten sich vor 4,567 Milliarden Jahren und über einen Zeitraum von etwa 40.000 bis 200.000 Jahren. „Da die beobachtete Zeitspanne der Bildung von Sternsystemen von rund ein bis zwei Millionen Jahren viel länger ist als die Zeit, in der sich die CAIs bildeten, warf dies die Frage auf, welche astronomische Phase in der Entstehung des Sonnensystems durch die Bildung der CAIs erfasst wird. Und letztlich wie schnell das Sonnensystem entstanden ist“, sagt Kosmochemiker Dr. Gregory Brennecka vom Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien, der zuvor an der WWU in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thorsten Kleine tätig war. Die Studie zeigt, dass die Mehrheit des Materials, aus der sich die Sonne und das Sonnensystem bildeten, schnell akkumulierte. Gleichzeitig bildeten sich die ältesten datierten Festkörper – dieser Entstehungsprozess dauerte weniger als 200.000 Jahre.

Das Forscherteam ermittelte die Molybdän-Isotopen- und Spurenelement-Zusammensetzungen verschiedener CAIs, die sie aus sogenannten kohligen Chondriten entnahmen. Bei diesen Chondriten handelt es sich um primitive Meteoriten, die im äußeren Sonnensystem entstanden sind und Material aus der Geburtsstunde des Sonnensystems enthalten. „Die unterschiedlichen Molybdän-Isotopen-Zusammensetzungen der CAIs decken im Wesentlichen die gesamte Bandbreite des Materials der protoplanetaren Scheibe ab, also der Scheibe aus Gas und Staub, aus der die Planeten entstanden sind. CAIs zeichnen demnach möglicherweise die gesamte Geschichte des Kollaps von der Molekülwolke bis zur Entstehung der Sonne auf“, erklärt Thorsten Kleine vom Institut für Planetologie. Da die Wissenschaftler wissen, wann und wie lange es dauerte, bis sich die CAIs bildeten, bietet ihnen dies eine Möglichkeit, den Zeitraum für die Entstehung der Sonne zu datieren. Vergleicht man die Schnelligkeit der jetzt ermittelten Geburtsstunde des Sonnensystems mit einer Schwangerschaft, ergibt sich folgende Relation: Anstelle von neun Monaten würde die Schwangerschaft nur rund zwölf Stunden dauern. Die Entstehung der Sonne und des Sonnensystems war somit ein relativ schneller Prozess.

Forschungsbeteiligung

Neben Forschern der Universität Münster und des Lawrence Livermore National Laboratory trugen Wissenschaftler des California Institute of Technology, des Museums für Naturkunde in Berlin und der University of California, Santa Cruz, zu dieser Arbeit bei.

Originalpublikation

Gregory A. Brennecka, Christoph Burkhardt, Gerrit Budde, Thomas S. Kruijer, Francis Nimmo, Thorsten Kleine (2020). Astronomical context of Solar System formation from molybdenum isotopes in meteorite inclusions. Science. DOI: 0.1126/science.aaz8482

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