
WWU-Wissenschaftler bewerten transatlantische Beziehungen
Die Gewaltenteilung wird auf eine harte Probe gestellt
Prof. Dr. Jürgen Overhoff über das Demokratie-Verständnis in den USA:
Der noch amtierende US-Präsident Donald Trump hat wie keiner seiner Vorgänger die unabhängigen Gerichte seines Landes mit Schmähungen überzogen, auch gegen alle bis dahin geltenden Konventionen höchste Richter am Supreme Court durchgesetzt, die vor allem seiner politischen Linie verpflichtet sind, und er beleidigte Nanci Pelosi, die würdige Sprecherin des Repräsentantenhauses, mit unflätigen Begriffen.
Im Stil eines Volkstribuns wandte er sich zudem per Twitter an seine politische Gefolgschaft mit ungezählten Nachrichten, in denen er sich als Kämpfer gegen die Qualitätspresse stilisierte. Diese geißelte er als Feind des Volkes.
Seit Donald Trump als Kandidat der Republikaner ins Amt des Präsidenten gewählt wurde, propagiert er ein populistisches Verständnis von Demokratie, das darauf zielt, den gewählten Anführer der Mehrheit möglichst entfesselt regieren zu lassen, ohne den allzu hinderlichen Einschränkungen von Gesetz, Verfassung und Anstand ausgesetzt zu sein. Durchgedrückt werden soll der Mehrheitswille. Damit verkommt die Macht zum Selbstzweck.
Es ist nun eine bedeutsame Frage, ob die Demokraten unter dem kommenden Präsidenten Joe Biden in den kommenden Jahren der Versuchung werden widerstehen können, einem Populismus in linker Gestalt zu frönen. Eine glückliche Zukunft des Systems der Gewaltenteilung sollte jedoch allen Verfechtern der repräsentativen parlamentarischen Demokratie und des liberalen Rechtsstaates ein echtes Herzensanliegen sein – auch hierzulande.
Dr. Jürgen Overhoff ist Professor für Historische Bildungsforschung am Institut für Erziehungswissenschaft der WWU; er leitet die Arbeitsstelle für deutsch-amerikanische Bildungsgeschichte.
Kurz nachgefragt: Wie steht es um die wissenschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA?
Prof. Dr. Martina Wagner-Egelhaaf:
Prof. Dr. Martina Wagner-Egelhaaf arbeitet am Germanistischen Institut der WWU. Sie hat als Visiting Professor an verschiedenen US-amerikanischen Universitäten gelehrt und geforscht.
Michael A. Mason:
Mein Posteingang ist mittlerweile voll von diesen laufenden Konversationen zwischen wohlmeinenden Wissenschaftlern, die versuchen, die Kluft in dem aktuellen Umfeld zwischen Fortschritt und Überleben zu bewältigen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich dies mit einer Regierung unter einem Präsidenten Joe Biden legen wird. Ich bin mir aber sicher, dass es in einer zweiten Amtsperiode mit Donald Trump noch schlimmer gekommen wäre.
Ich habe keine Zweifel, dass die zunehmende Verwendung der Sprache von Milizen innerhalb der Rechten in den USA vieles von dieser reaktionären Verwirrung ausgelöst hat. Wir müssen und dürfen uns nicht durch eine zynische Taktik spalten lassen.
Michael A. Mason ist US-Amerikaner und lehrt seit 2019 am Englischen Seminar der WWU - sein Studium absolvierte er an der University of South Alabama.