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Münster (upm/jah)
Fitness-Armbänder begleiten den Nutzer auf Schritt und Tritt. Die gesammelten Gesundheitsdaten senden die Apps auch an Server im EU-Ausland.<address>© Tim Foster on Unsplash</address>
Fitness-Armbänder begleiten den Nutzer auf Schritt und Tritt. Die gesammelten Gesundheitsdaten senden die Apps auch an Server im EU-Ausland.
© Tim Foster on Unsplash

Blauäugiges Vertrauen in Fitness-Apps

Eine neue Studie gibt Aufschluss darüber, wie wichtig den Nutzern Funktionalität und Datensicherheit sind

Rund 15,6 Millionen Deutsche können nicht irren: Fitness-Apps liegen im Trend. Sie analysieren den Schlaf und das Stressniveau der Nutzer oder erinnern sie daran, sich mehr zu bewegen und gesünder zu essen. Etwa 438 Millionen Euro Umsatz macht die Branche in diesem Jahr voraussichtlich mit den Apps und den dazugehörigen Technologien wie beispielsweise Fitness-Armbändern. Doch was führt überhaupt dazu, dass Menschen Fitness-Apps nutzen, und warum deinstallieren sie die Anwendung nicht nach einigen Tagen wieder genervt? Eine Frage, die sich auch Dr. Lena Busch stellte. Dank der Nachwuchswissenschaftlerin ist nun erstmals belegt, dass Menschen die Apps vor allem dann verwenden, wenn sie ein hohes Vertrauen in die Technologien haben – sie also hilfreich und sinnvoll finden. Wer zudem den Eindruck hat, dass die Fitness-App die Funktionen hat, die für das eigene Training gebraucht werden, nutzt die Apps länger.

In ihrer Dissertation am Graduiertenkolleg „Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt“ an der WWU belegte Lena Busch, dass Vertrauen, Nutzung und körperliche Aktivität zusammenhängen. „Das ist eine wichtige Erkenntnis für die Sportpsychologie, denn viele gesundheitliche Probleme wie Übergewicht, Diabetes oder Haltungsschäden gehen darauf zurück, dass sich die Menschen zu wenig bewegen“, erläutert sie. „Wenn die Apps gezielter an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst werden, kann das zu einer häufigeren und längeren Nutzung beitragen.“

Nach aktuellen Daten der Weltgesundheitsorganisation ist fast jeder dritte Europäer übergewichtig. Vorangegangene Studien konnten bereits zeigen, dass Fitness-Armbänder dabei helfen können, sich mehr zu bewegen. Die meist mit einer auf dem Smartphone installierten App verbundenen Armbänder messen mittels verschiedener Sensoren Gesundheitsdaten wie den Puls, das Stresslevel und zählen die gelaufenen Schritte pro Tag – aus Sicht des Verbraucherschutzes besonders sensible Daten. Anschließend belohnen sie den Nutzer mit virtuellen Abzeichen und Lob, wenn dieser ein Tagesziel erreicht hat.

Jeder vierte deutsche Internetnutzer setzt laut Statistikportalen auf diesen Motivationseffekt und hat eine Gesundheits-App auf seinem Smartphone installiert. Doch die Abbruchquoten in der Anwendung sind hoch: Etwa 30 Prozent der Nutzer deinstallieren ihre Apps wieder. Überraschend ist, dass es für den Verzicht auf die Apps kaum eine Rolle spielt, ob die Nutzer sie für sicher halten oder nicht.

Lena Busch vermutet hinter ihrem Ergebnis ein Muster, das aus anderen Bereichen wie der Kundenkartenverwendung bekannt ist – für viele Kunden wiegen die in Aussicht gestellten Prämien häufig schwerer als das problematische Sammeln der Daten. Im Falle der Fitness-Armbänder ist es möglicherweise ähnlich. „Der Nutzer könnte die Risiken wie die Weitergabe der Daten an Dritte ausblenden, weil er durch Messen seiner Körperfunktionen das positive Gefühl bekommt, alles für die eigene Gesundheit getan zu haben, wodurch für ihn die vermeintlichen Vorzüge überwiegen“, betont der Sportpsychologe Prof. Dr. Bernd Strauß, der die Dissertation von Lena Busch betreute.

Sabrina Wagner vom Verbraucherzentralen Bundesverband sieht die Ergebnisse kritisch. „Verbrauchern sollte bewusst sein, dass die Daten nicht immer in der EU bleiben, sondern auch an Server im EU-Ausland gesendet werden können.“ Habe sich der Nutzer für eine Fitness-App entschieden, rät sie, die Zugriffsberechtigungen zu prüfen, die die App verlangt, und nur solche Rechte zu erteilen, die unbedingt erforderlich seien. Da es den Nutzern statt einer sicheren App vor allem darauf ankommt, wie funktional die Fitness-Armbänder für sie sind, sollten Hersteller darauf achten, Funktionen zu schaffen, die für möglichst viele von ihnen interessant sind. Dazu gehört, dass die App zuverlässig misst, aber auch, ob sie eine Hilfefunktion besitzt.

„Auf diese Weise können Fitness-Apps eine kostengünstige und wertvolle Möglichkeit sein, Menschen zu motivieren, sich mehr zu bewegen und gesunde Alltagsroutinen zu entwickeln“, stellt Lena Busch fest. Um zu verstehen, warum die Datensicherheit kaum eine Rolle für den Gebrauch der Apps spiele, müsse noch weiter geforscht werden.

Autorin: Jana Haack

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 8, 18. Dezember 2019.

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