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Münster (upm)
Die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät ist im Oeconomicum/Juridicum im Herzen von Münster beheimatet.<address>© WWU - Winfried Michels</address>
Die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät ist im Oeconomicum/Juridicum im Herzen von Münster beheimatet.
© WWU - Winfried Michels

Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät feiert 50. Jubiläum

Dekanin Prof. Dr. Theresia Theurl blickt zurück auf vergangene Jahre / Jubiläumswoche vom 13. bis 17. Mai

Die Wurzeln des „FB4“, der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, reichen viel weiter als die jetzt zelebrierten fünfzig Jahre zurück. Schon 1902 war die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät gegründet worden. In dieser wurde 1922 ein selbstständiger volkswirtschaftlicher Studiengang eingerichtet, 1955 zudem der Studiengang BWL. Es ist aber keine dieser wichtigen Weichenstellungen, die den Hintergrund des aktuellen Jubiläums ausmachen: Gefeiert werden nämlich vielmehr die ersten 50 Jahre als eigenständige Fakultät.

Es war der 15. Oktober 1969, als jene Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät in zwei Schwesterfakultäten aufging. Die Juristische und die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät entstanden; letzte firmierte bis 1985 unter Einbezug der Soziologen noch unter dem Namen „Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät“. Der Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigte am 2. Juni 1969 die von den zuständigen Fakultäts- und Universitätsgremien beantragte Trennung. Solche Fakultätstrennungen erfolgten in den Jahren um 1969 auch an anderen deutschen Universitäten.

In Münster war es eine „friedliche Trennung“, eine pragmatische Lösung. Sie wurde zwar in der Fakultät kontrovers diskutiert, letztlich aber trotz der gemeinsamen Geschichte und der vielen Verbindungen als unvermeidbar eingeschätzt. Dies war auch das Ergebnis einer kurzen – wenngleich heftigen – Diskussion über eine Wiedervereinigung nach der vollzogenen Trennung. Eine stark steigende Studierendenzahl in beiden Fächern sowie deren zunehmende inhaltliche Ausdifferenzierung hatten zum Trennungsbeschluss geführt. Hinzu kamen die deutlich angestiegene Größe der Gremien der akademischen Selbstverwaltung und zahlreiche Herausforderungen in der Lehr-, Personal- und Raumorganisation.

Die Frage, ob sich die Erinnerung an eine Trennung als Jubiläum eignet, hat die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät eindeutig mit Ja beantwortet. Die Antwort beruht auf der 50-jährigen Erfahrung eines kooperativen und konstruktiven Miteinanders mit der Schwesterfakultät. Zusätzlich wird sie getragen durch die Überzeugung, dass sich beide Fakultäten in ihrem jeweiligen Umfeld sehr erfolgreich entwickelt haben und dass eine inhaltliche Zusammenarbeit auch über die Fakultätsgrenzen hinweg ausgezeichnet funktioniert.

Der FB4 ist seit 1969 in vielerlei Hinsicht stark gewachsen, doch ist dies nur eine Facette seiner Entwicklung. Wichtiger ist, dass manche erfolgreiche Weichen gestellt und neue Herausforderungen bewältig wurden. Dazu gehörten beispielsweise 1989/90 der Aufbau des Faches Wirtschaftsinformatik und die Einführung des Studiengangs Wirtschaftsinformatik sowie die früh in Angriff genommene Internationalisierung mit der internationalen Akkreditierung seit 2011.

In der Forschung gelang es, mit der Gründung von neun Centern inhaltliche Stärken zu bündeln. Sie ermöglichen es, Synergien aus einer großen Themenvielfalt zu nutzen, ohne in die Gefahr der Beliebigkeit zu geraten. Es gelang immer wieder, wichtige Köpfe an den Fachbereich zu holen und zu halten. Wenige Beispiele von vielen sind Prof. Dr. Heribert Meffert, der 1969 berufen wurde und den FB4 zur Wiege des Marketings in Deutschland machte. Oder Prof. Dr. Andreas Löschel, renommierter Energie- und Klimaexperte mit einer Strahlkraft weit über Münster hinaus.

Bereits lange bevor die Evidenzbasierung von BWL und VWL, die Pluralität der Methoden und Themen sowie die Berücksichtigung ethischer Aspekte in ökonomischen Entscheidungen zu Forderungen an die ökonomische Wissenschaft wurden, machten gerade sie die besonderen Merkmale des FB4 aus: die Kombination eines konsequenten theoretischen Fundaments mit empirischer Forschung und unternehmerischer, gesellschafts- oder wirtschaftspolitischer Anwendung. Diese Orientierung prägt nicht nur die Forschung, sondern sie hat dazu geführt, dass die „third mission“ – die gesellschaftliche Verantwortung von Wissenschaft und Universität – für den FB4 in seiner Geschichte seit jeher konkrete Bedeutung hatte.

Diese Mission wird auch in der Lehre umgesetzt: Forschendes Lernen, Pluralität und Interdisziplinarität werden nicht nur im Hörsaal und Seminarraum praktiziert, sondern durch viele studentische Initiativen gelebt, die Studieninhalte praxisorientiert umsetzen. Der FB4 war und ist bei Studieninteressierten und Studierenden gefragt und beliebt, eine Entwicklung, die durch Studien- und Prüfungsreformen nicht gebrochen wurde. Waren 1950 in Münster 326 Studierende in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen eingeschrieben, sind dies heute mehr als 6000. Die große Anzahl an Studierenden hat den Fachbereich seit jeher Lösungen finden lassen damit umzugehen, waren doch die Raum- und Personalkapazitäten immer knapp. Auf Absolventenfeiern wird hervorgehoben, dass es gerade diese herausfordernden Rahmenbedingungen waren, die zusammengeschweißt und Freundschaften fürs Leben begründet hätten sowie die gemeinsam gefundenen Lösungen, mit den Herausforderungen umzugehen. Als eine der markantesten Stärken des FB4 in der Lehre sind die zahlreichen Maßnahmen hervorzuheben, die eine Individualisierung des Lehrangebots trotz einer großen Anzahl von Studierenden brachten. Heute wird dies durch digitale Instrumente erheblich erleichtert.

Prof. Dr. Theresia Theurl<address>© privat</address>
Prof. Dr. Theresia Theurl
© privat
Die Anerkennung der Vielfalt an individuellen Stärken unserer Studierenden hat unter anderem dazu geführt, dass FB4-Absolventen in zahlreichen Berufsfeldern erfolgreich sind. Als Beispiele seien Gründer (Jan Becker, Bernd Rolfes), Manager (Andreas R. Dombret, Ulrich Lehner, Birgit Roos), Politiker (Georg Milbradt, Klaus Töpfer, Christa Thoben) und Wissenschaftler (Hans-Werner Sinn, Karl Homann) genannt.

Autorin Prof. Dr. Theresia Theurl ist Professorin für Volkswirtschaftslehre und Dekanin des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften.

 

15 Jahre ERCIS

Neben der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät hat auch das European Research Center for Information Systems (ERCIS) Grund zum Feiern: Der Forschungsverbund besteht seit 15 Jahren. Das Bedürfnis, sich auszutauschen, vereint Forscherinnen und Forscher aus aller Welt und allen Disziplinen. Das ERCIS mit seiner Zentrale in Münster bietet dafür seit 2004 eine Plattform für Experten aus der Wirtschaftsinformatik und angrenzenden Disziplinen, der mehr als 25 internationale Forschungsinstitute aus Europa und Übersee angehören. Die Vernetzung von fachlich und kulturell unterschiedlich geprägten Wissenschaftlern sorgt für einen lebendigen Austausch sowie eine Vielzahl interessanter Ideen und Forschungskooperationen. So werden beispielsweise Methoden zur Messung der Produktivität von Dienstleistungen entwickelt; weitere Forschungsthemen sind die vernetzte Dienstleistungsgesellschaft, die Entwicklung von Anwendungssystemen und die Organisationsgestaltung.

 

Jubiläumsfeierlichkeiten

Zum 50. Jubiläum findet an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät ein vielfältiges Programm statt, das seinen Höhepunkt am Freitag, 17. Mai, mit einem Festakt erreicht. Bereits ab Montag, 13. Mai, lädt der Fachbereich 4 zu vier öffentlichen Kino-Abenden ins Schlosstheater ein. Auf dem Programm stehen Filmklassiker über Finance, Marketing, Data Analytics und Social Media und im Anschluss Gespräche mit spannenden Gästen. Am Abend des 17. Mai veranstaltet die Fachschaft ab 22 Uhr eine große Jubiläumsparty in der Jovel Music Hall. Es sind noch Karten verfügbar. Weitere Informationen zum Jubiläum gibt es online.

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung „wissen|leben“ Nr. 3, 8. Mai 2019.

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