Professorin Dr. Shirly Geffen

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Prof. Dr. Shirly Geffen erforscht die Feinstruktur von Operatoralgebren, mit einem besonderen Fokus auf die Regularitätseigenschaften von verschränkten Produkten von C*-Algebren mit amenablen Gruppenwirkungen.

Seit 2024 hat sie eine permanente Professur an der Universität Münster inne. In diesem Interview erzählt sie, wie sie ihr Forschungsfeld entdeckt hat, wie ihr akademischer Weg sie von Israel nach Münster geführt hat und was sie an der Mathematik besonders schön findet.


Können Sie bitte beschreiben, woran Sie forschen?
Shirly Geffen: Ich arbeite im Bereich der Operatoralgebren, genauer gesagt mit C*-Algebren. Diese können mit verschiedenen mathematischen Objekten verknüpft sein. Besonders interessant sind für mich die C*-Algebren, die aus Gruppen und Gruppenaktionen entstehen. Man betrachtet eine Gruppenwirkung auf einem topologischen Raum und kann diesem dynamischen System eine C*-Algebra zuordnen. Mich interessiert, welche C*-algebraischen Eigenschaften man aus den Eigenschaften des dynamischen Systems ableiten kann.

Haben Sie dieses Forschungsfeld schon während Ihres Studiums für sich entdeckt?
Ja. Ich war noch Bachelorstudentin, als ich zum ersten Mal mit Themen im Zusammenhang mit C*-Algebren in Berührung kam. Ich lernte sie durch einen einen Dozenten kennen, Ilan Hirshberg, der später auch mein Betreuer wurde. Er leitete das akademische Jahr, in dem ich war, und unterrichtete die meisten Kernfächer, die für C*-Algebren relevant sind, wie Maßtheorie und Topologie. Ich habe ihn einmal nach seiner Forschung gefragt – das war meine erste richtige Begegnung mit dem Gebiet. Ich fand es faszinierend und begann, mich selbstständig damit zu beschäftigen. Später habe ich dann auch meine Master- und Doktorarbeit bei ihm geschrieben.

Shirly Geffen im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen im Common Room des Clusters.
Shirly Geffen im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen im Common Room des Clusters.
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Hatten Sie während des Studiums schon den Entschluss gefasst, eine akademische Laufbahn einzuschlagen?
Ich komme aus Israel und habe mein Studium relativ früh begonnen. In der Regel leisten wir zuerst Militärdienst, bevor wir an die Universität gehen, aber bei mir war es umgekehrt. Zum Glück konnte ich mein Studium ohne Unterbrechung fortsetzen, und ich bin sehr dankbar, dass ich diese Möglichkeit schon früh hatte. Nach drei Jahren Mathematikstudium wusste ich, dass ich in der Wissenschaft bleiben wollte. Damals hatte ich die Wahl, entweder einen eigenständigen Master zu machen oder direkt in ein kombiniertes Master-PhD-Programm einzusteigen. Ich habe mich für die Direktpromotion entschieden – das ist oft sinnvoller, wenn man schon sicher ist, dass man langfristig in der Forschung bleiben möchte.

Wie kam die gemeinsame Betreuung zwischen Israel und Münster zustande?
An der Ben-Gurion-Universität in Israel war die Operatoralgebren-Gruppe sehr klein. Als ich anfing, arbeiteten im Wesentlichen nur mein Betreuer Ilan Hirshberg und Daniel Markiewicz auf dem Gebiet. Hirshberg empfahl mir, nach Münster zu gehen, und schlug eine gemeinsame Betreuung vor. Zu der Zeit hatte er ein gemeinsames Forschungsprojekt mit Wilhelm Winter, was die Co-Betreuung eines Promotionsprojekts ermöglichte.

Ich kannte Münster damals überhaupt nicht, aber ich stimmte dem gemeinsamen Programm zu – und das war rückblickend eine sehr wichtige Entscheidung. Tatsächlich war es einer der entscheidendsten Wendepunkte in meiner akademischen Laufbahn. Es eröffnete mir den Zugang zu einer sehr starken und aktiven Forschungsumgebung im Bereich Operatoralgebren.

Meine Promotion wurde also von beiden Universitäten betreut. Ich verbrachte etwa die Hälfte der Zeit in Israel und die andere Hälfte in Münster – typischerweise war ich jedes zweite Semester für rund zwei Monate in Münster. Die Zeit in Münster war sehr intensiv, mit vielen Aktivitäten, Seminaren und Kooperationen, dies sofort begannen. Im Gegensatz dazu war die Zeit in Israel ruhiger, was mir die Möglichkeit gab, tiefgehend nachzudenken und mich auf meine Forschung zu konzentrieren. Das hat sich am Ende sehr gut ergänzt. Meine Familie lebt in Israel, daher war es mir auch wichtig, regelmäßig dort zu sein. Insgesamt dauerte das Programm fünf Jahre.

Shirly Geffen bei der Mathematics Münster Mid-term Conference 2024.
Shirly Geffen bei der Mathematics Münster Mid-term Conference 2024.
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Was war Ihre nächste Station?
Nach der Promotion wurde ich für ein einjähriges Postdoc-Stipendium in Leuven, Belgien, angenommen. Auch das war eine sehr wichtige Erfahrung, weil ich dort mit einem etwas anderen Forschungsbereich in Berührung kam. Innerhalb der Operatoralgebren kann man das Feld grob in zwei Hauptgebiete unterteilen: von-Neumann-Algebren und C*-Algebren. Leider sind diese Bereiche nicht immer eng miteinander verknüpft, obwohl es tiefgreifende konzeptionelle Verbindungen gibt. In Leuven lag der Fokus mehr auf von-Neumann-Algebren, und ich hatte die Gelegenheit, in diesem Bereich viel zu lernen. Die Forschungsgruppe dort ist sehr stark, und es hat meinen Blick auf das Gesamtfeld deutlich erweitert.

Und dann sind Sie 2022 für eine Assistenzprofessur nach Münster zurückgekehrt?
Ja. Ich hatte in Münster bereits sehr gute Erfahrungen gemacht, und die Arbeitsgruppe für Operatoralgebren – die eng mit meinen Forschungsinteressen übereinstimmt – ist hier angesiedelt. Ich wollte also sehr gerne zurückkommen und hatte das Glück, für das MATHRIX-Assistenzprofessorenprogramm ausgewählt zu werden.

Obwohl es eine neue Stelle war, war der Einstieg sehr unkompliziert. Ich habe mich gefreut zu sehen, dass mehrere Forscherinnen und Forscher, mit denen ich gute Anknüpfungspunkte habe, inzwischen Teil der Arbeitsgruppe waren. Wir haben sehr schnell begonnen, gemeinsam zu arbeiten, und daraus ist bald eine gemeinsame Publikation entstanden, über die ich mich sehr freue.

Nach zwei weiteren Jahren hatte ich das große Glück, eine unbefristete Professur an der Universität Münster angeboten zu bekommen. Ehrlich gesagt hätte ich nie erwartet, in meinem Alter schon eine solche Position zu erhalten.

Sie sind nicht nur in der Forschung aktiv, sondern auch in der Lehre. Im Wintersemester 2022/2023 haben Sie sogar den Lehrpreis der Fachschaft Mathematik und Informatik erhalten. Welche Rolle spielt das Lehren für Sie?
Ich unterrichte sehr gerne. Für mich ist es ein wesentlicher Bestandteil meiner Arbeit. Es macht mir große Freude und erinnert mich oft daran, wie ich mich selbst gefühlt habe, als ich diese Konzepte zum ersten Mal kennengelernt habe. Ich versuche, diese Perspektive beim Unterrichten beizubehalten – die Dinge so zu erklären, wie sie mir damals geholfen hätten.

Welchen Rat würden Sie Studierenden geben, die eine akademische Karriere in Erwägung ziehen?
Für mich war es sehr wichtig, schon während meines Master- und Promotionsstudiums Konferenzen zu besuchen und andere Orte kennenzulernen. Ich habe früh an vielen Konferenzen teilgenommen, und das hat mir geholfen, die mathematische Community besser kennenzulernen – also zu verstehen, woran andere arbeiten und welche Möglichkeiten es gibt. Diese Art von Vernetzung und Einblick halte ich für sehr wertvoll.

Letzte Frage: Was ist für Sie die besondere Schönheit der Mathematik?
Zunächst einmal denke ich, dass Mathematikerinnen und Mathematiker ein hohes Maß an Freiheit genießen. Wir können oft sehr unabhängig entscheiden, woran wir arbeiten und wie tief wir ein Thema erforschen wollen. Niemand sagt einem, was man untersuchen oder wie man es angehen soll – diese Freiheit ist mir sehr wichtig.

Gerade in der Operatoralgebra gibt es unglaublich viele Richtungen, die man verfolgen kann. Das Gebiet ist eng mit Themen verbunden, die man schon im Grundstudium kennenlernt, wie Topologie und Maßtheorie. In diesem Sinne bringt es viele verschiedene Bereiche der Mathematik zusammen.

Stand: 08/2025
Interview von Victoria Liesche