

Am Montag, den 20. Januar 2025, hielt Dr. Regine Ehleiter (Berlin) ihre Fellow-Lecture zum Thema „‚Page Not Found‘: Zur (Un-)Zugänglichkeit künstlerischer Publikations- und Ausstellungsprojekte im digitalen Zeitalter – eine Bestandsaufnahme“:
In einer legendären Ausgabe der New Yorker Untergrundzeitschrift „Art-Rite“ zelebrierten 1976 Künstler:innen wie Sol LeWitt, Adrian Piper und Ulises Carrión das Buch als vielsprechendes Medium, um Kunst zu geringen Kosten ohne den Umweg über Museen und Galerien einem weiten Leser:innenkreis zugänglich zu machen. Die großen Hoffnungen, die in dieser Zeit an das künstlerische Publizieren und den vernetzten Austausch von Informationen auf den Seiten von Büchern, Magazinen und Ephemera geknüpft waren, fanden ihre Fortsetzung in frühen Projekten der Netart, die Kunst in Echtzeit, „von überall“ und „für alle“ erreichbar erscheinen ließen. Ironischerweise sind zahlreiche Publikations- und Ausstellungprojekte aus der frühen Phase dieser Entwicklung heute selbst kaum noch zugänglich – die Server abgeschaltet, Webseiten verschwunden, auf CD-ROM gespeicherte Inhalte von veralteter Software abhängig. Das totgesagte Buch überdauert die überraschend ephemere digitale Konkurrenz.
In ihrem Vortrag nahm Regine Ehleiter das Publikum mit auf Spurensuche: Ausgehend von der „Joan Flasch Artists’ Book Collection“ in Chicago und den Bemühungen dieser auf Künstler:innenpublikationen spezialisierten Archivbibliothek zum eigenständigen Aufbau einer Net-Art-Sammlung, rekonstruierte sie prägnante Beispiele des digitalen künstlerischen Publizierens aus den 2000er-Jahren. Die Obsoleszenz dieser Publikationen wirft die Frage auf, inwieweit sich das im Konzeptualismus aufkommende Ideal einer „Dematerialisierung“ der Kunst im digitalen Zeitalter bis hin zu deren Unauffindbarkeit verwirklicht hat. Der Vortrag regt an, im Rekurs auf Erkenntnisse benachbarter Disziplinen bei der Dokumentation und Konservierung digitaler Praktiken des Öffentlichwerdens von Kunst neue Wege zu beschreiten.