Lehrveranstaltungen im WiSe 2025/2026
Geist(er) der Aufklärung (093398)
Mo. 10:00 - 12:00 (VSH 06)
„[…] wir sind, bei der allgemeinen Aufklärung unsrer Zeit, zuviel Philosophen um Geistererscheinungen zu glauben; und wir sind, mit aller unsrer Aufklärung, nicht Philosophen genug, um sie nicht zu glauben,“ schrieb Christoph Martin Wieland 1781. Tatsächlich war gerade die Aufklärung durch eine starke Faszination für Geister und Gespenster geprägt. Zahlreiche Gelehrte und Autoren setzten sich damit auseinander, Geisterseher, -banner und -beschwörer bevölkerten die Salons und Höfe, Schauerliteratur und Gehheimbundromane hatten Konjunktur. Manchen Zeitgenossen schien das Jahrhundert der vernünftigen Erleuchtung daher eher zu einem Jahrhundert der geistigen Verdunkelung zu verkommen. In der Forschung spricht man vom Umschlag ins 'Andere der Vernunft' und von der 'Dialektik der Aufklärung'.
Das Seminar möchte zunächst anhand zeitgenössischer theoretischer Texte den Diskurs über den Geisterglauben nachzeichnen, um die damit verbundenen Wissensbestände und Diskursfiguren herauszuarbeiten. Anschließend sollen die Reflexionen und ästhetischen Verhandlungen literarischer Texte analysiert und kontextualisiert werden. Hier reicht die Bandbreite von trivialen bis hochgradig kanonisierten Werken und quer durch die Gattungen. Entsprechende Bereitschaft zur Lektüre ist grundlegende Voraussetzung.
Literaturtheorie: Autorschaft (093399)
Mo. 16:00-18:00 (VSH 18)
"Der Text erwählt mich [...] und ganz verloren, mitten im Text (nicht hinter ihm wie ein Deus ex machina) ist immer der andere, der Autor." (Roland Barthes) Aber wie sieht er aus, dieser andere, wie muss man sich ihn vorstellen, diesen Autor? Als biographische und urheberrechtliche Größe, als ein bestimmtes Konzept des Schreibens, als Konstrukt des Lesers oder als Bestandteil des Textes? Als Handwerker, als Medium, als Genie, als Kategorie der Intention? Das Seminar möchte im Rekurs auf ausgewählte theoretische und poetologische Texte seit dem 18. Jh. die Frage zu klären versuchen, welche Autorschaftsmodelle es gibt und welche produktionsästhetischen Konzepte damit verbunden sind. Bereitschaft zu intensiver Lektüre und theoretischer Reflexion wird vorausgesetzt.
Geschichte des Hörspiels (092011)
Di. 10:00 - 12:00 (Schloss - S2)
1923: Ein neues Medium hat seinen Auftritt: das Radio. Im Oktober ist Sendestart des Unterhaltungsrundfunks, ein Jahr später gibt es bereits das erste Hörspiel, es entsteht eine genuin radiophone literarische Kunst-und Unterhaltungsform mit vielfältigen Formen und Genres bis zur Gleichschaltung des Rundfunks in der Nazizeit, die ihre Spuren auch bei zeitgenössischen Autoren (Alfred Döblin, Ernst Toller, Arnolt Bronnen, Bert Brecht u.a.m.) hinterlässt und an der sie mitwirken.
1945: Alles liegt in Schutt und Trümmern, die Theater und Kinos sind unbespielbar, Zeitungen sind aufgrund von Papierknappheit und alliierter Lizenzvergabe rar, Fernsehen gibt es noch nicht. In dieser Nachkriegs-Situation avanciert der Rundfunk zum wichtigsten Kulturinstrument und Publikationsmedium – und das Hörspiel zur beliebtesten Sendegattung bis weit in die sechziger Jahre hinein: mit Einschaltquoten in Millionenhöhe, festen Wochenterminen zur Primetime und Familien, die sich in freudiger Erwartung vor dem Radioapparat versammelten. Zahlreiche wichtige Autoren und Autorinnen haben für den Rundfunk geschrieben, sind durch ihn bekannt geworden, wurden in ihrem literarisches Schaffen durch ihn beeinflusst: Günter Eich, Heinrich Böll, Ilse Aichinger, Ingeborg Bachmann, Alfred Andersch, Martin Walser, Wolfgang Weyrauch und viele andere mehr. Verhandelt wurden Themen, die uns teilweise heute wieder sehr präsent sind: Angst vor atomarer Bedrohung und einem weiteren Krieg, Flucht und Migration, Existenzängste, Umgang mit den Verbrechen der Vergangenheit, Möglichkeiten einer gerechteren Zukunft. Die Hörspiele vergegenwärtigen mit ihrer akustischen Sinnlichkeit und Eindrücklichkeit vergangene Stimmen und Stimmungen und machen unsere Fantasie und Emotionen zum eigentlichen Medium ihrer Aufführung. Zugleich hat jedes Hörspiel seine eigene akustische Ästhetik – je nach Regisseur, Redaktion, Tondramaturgie und audiomedialen Möglichkeiten. Das Hörspiel ist nicht nur vertonter Text, sondern ein eigenständiges Klangkunstwerk von vielen Mitwirkenden, wie der Film.
Die Vorlesung will einen Überblick über diese in der Literaturwissenschaft stark vernachlässigten akustischen Seite der Literatur- und Kulturgeschichte geben und zugleich zu literaturtheoretischen und audiomedialen Reflexionen anregen: über Autorschaft, Adaptationen, akustische Zeichen und Rundfunkpolitik.
Musik und Erzählen im Hörspiel (093403)
Di. 12:00 - 14:00 (VSH 17)
Im Vergleich zu anderen Themen, wo Musik eine Verbindung z.B. mit Film, Bühne oder Literatur eingeht, wird die Bedeutung von Musik im Hörspiel seltener untersucht. Dabei bietet die Verschmelzung von akustischem Gestalten und literarischem Erzählen außergewöhnliche Möglichkeiten, denen sich das Seminar am Beispiel deutschsprachiger musikbezogener Hörspielproduktionen ausführlich widmen wird. Das Seminar wird so sowohl literatur- als auch musikwissenschaftliche Herangehensweisen an das Hörspiel und seine akustischen Formen des Erzählens erproben und dabei als interdisziplinäre Veranstaltung (zusammen mit der Musikwissenschaft) auch jeweils Fragen fachspezifischer Grenzen und Erweiterungen ausloten. Seminar gemeinsam mit Prof. Michael Custodis veranstaltet.
Master- und Forschungskolloquium (092150)
Mo. 18:00 - 20:00 (VSH 18)
Dieses Kolloquium bietet die Gelegenheit, über eigene Arbeiten zu sprechen (Vortrags- und Diskussionssitzungen zur Konzeptklärung) oder auch theoretische Texte zu diskutieren, an die man sich alleine nicht heranwagt.
Die Anmeldung erfolgt persönlich bei der Dozentin bzw. über Frau Heide (Lehrstuhlsekretariat) unter aheide@uni-muenster.de.