© Natalie Kraneiß

Mamlukisches Tellerset

Inv.-Nr.:                     M 1 - 5
Maße:                        Durchmesser zwischen ca. 7 und 49 cm, Tiefe zwischen 2 und 7 cm
Material:                   (vermutlich) verzinntes Kupfer
Datierung:                zwischen 872/73 und 922/23 n. H. / zwischen 1468 und 1517 n. Chr. (großer Teller)
Entstehungsort:      Syrien oder Ägypten
Provenienz:              In den 1960er Jahren auf dem Markt Ḫān al-Ḫalīlī in Kairo von Dr. Manfred Roscheck
                                    erworben, Schenkung


Das Set umfasst fünf Teller, die augenscheinlich aus verzinntem Kupfer bestehen. Auf mehreren Tellern (Nr. 1-4) ist Schrift in die Dekoration integriert, auf einigen Tellern befinden sich auf der Unterseite mehrere Signaturen (Nr. 1, 3). Einige davon erinnern an die osmanische Tuğra und lassen vermuten, dass diese von späteren Besitzerinnen oder Besitzern angebracht wurden.
Im Zentrum des größten Tellers (Nr. 1) befindet sich ein dreiteiliges wappenartiges Emblem (arab. rank, Pl. runūk) mit einer Serviette, einer Stiftebox und Puderhörnern sowie einem Kelch, welches von einer auffälligen Inschrift umschlossen wird, deren Entzifferung noch aussteht. Diese Embleme wurden vorwiegend unter den Ayyubiden und den Mamluken als eine Art Amtsabzeichen verwendet. Sie wurden auf Gebrauchsgegenständen, Textilien, Waffen und Rüstungen oder Gebäuden angebracht, beispielsweise um auf den Stifter eines Gebäudes hinzuweisen. Zum einen verwendeten Sultane eigene Embleme; auf der anderen Seite verliehen sie Prinzen oder höheren Beamten an ihrem Hof derartige Rangabzeichen, die diese ein Leben lang trugen. Das zentrale dreiteilige Emblem auf dem größten Teller ist charakteristisch für Prinzen und hohe Beamte, die zur Zeit des mamlukischen Sultans Qāʾit Bāy (reg. 1468–1496) ernannt wurden. Daher könnte es auch nach dem Tod des Sultans noch einige Zeit verwendet worden sein. Die Herstellungszeit dieses Tellers ist deshalb höchstwahrscheinlich auf einen Zeitraum zwischen 1468 und 1517, dem Ende der mamlukischen Herrschaft, einzugrenzen. Auf Teller 3b befand sich vermutlich ebenfalls ein Emblem, das aufgrund starker Abnutzung leider nicht mehr zu entziffern ist.
Auf mehreren Tellern ist ein zentrales Muster aus endlos miteinander verbundenen Kreisen zu finden, das bereits lange vor dem 15. Jahrhundert weit verbreitet war (vgl. „Louvre kursī“). Die dekorativen kartuschenförmigen Elemente, die von miteinander verknoteten Bändern umgeben sind, finden sich auf vielen Objekten von Manuskripten über Textilien bis hin zu Metallobjekten. Einige der Kartuschen sind mit typischen Schuppen-, Flecht- oder Knotenmustern, andere mit Schrift gefüllt. Der schmale, überstehende Rand aller fünf Teller ist in einer ähnlichen Wellenform gestaltet, mit leicht differierenden Dekorationselementen. Auf Teller 2 wechseln sich dort beispielsweise mit Swastikas ausgefüllte Medaillons mit Schriftbändern und Flechtmuster ab.
Der mittelgroße Teller (Nr. 3) weist eine abweichende Verzierung auf. Ein breites Band aus Arabesken führt um ein zentrales Element in der Mitte, das stark abgerieben ist. Im Randbereich sind zwiebelförmige Ornamente aufgebracht, die auf keinem der anderen Objekte zu finden sind, und häufig bei der Illumination von Koran begegnen. Auch die Verarbeitung unterscheidet sich, das Muster ist weniger tief eingraviert. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Teller in einer anderen Region oder zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt hergestellt wurde. Eine Entzifferung der Inschriften auf der Oberseite sowie der gut erhaltenen Signatur auf der Unterseite steht noch aus.
Die Teller wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit in Syrien oder Ägypten hergestellt. Auf der Rückseite des größten Tellers befindet sich an zentraler Stelle die Inschrift al-Muqaddam Muḥammad Naǧā Muqaddam as-Saqqāʾīn bi-ḫidmat Nāʾib aš-Šām (der Vorsteher Muḥammad Naǧā, Vorsteher der Wasserträger im Dienste des Gouverneurs von Syrien). Hier ist anzunehmen, dass der Teller für Muḥammad Naǧā, der im Dienst eines syrischen Provinzgouverneurs stand, auch in Syrien hergestellt wurde.
Einige Teller wurden vermutlich nachträglich mit Löchern und Aufhängern auf der Rückseite versehen und weisen typische Bruchstellen am Rand auf, die sich auch an vergleichbaren Objekten in anderen Sammlungen finden. Mehrere der Teller tragen deutliche Spuren von Abnutzung, was darauf schließen lässt, dass diese nicht allein zu Dekorationszwecken, sondern als Gebrauchsgegenstände dienten.
Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts wird häufig von einer Blütezeit des Metallhandwerks unter den Mamluken gesprochen. Der Ausbruch der Pest, eine Finanz- oder Rohstoffkrise oder die Eroberungszüge der Timuriden werden als Gründe für den Niedergang des Metallhandwerks ab Ende des 14. Jahrhunderts angeführt. Erst mit der Herrschaft von Sultan Qāʾit Bāy (reg. 1468–1496) werden Kunst, Architektur und Handwerk, insbesondere das Metallhandwerk, erneut gefördert. Im späten 15. Jahrhundert werden wieder häufiger verzinnte Kupfer- und Bronzeobjekte hergestellt, insbesondere flache Teller und Schalen sowie Lunchboxen. Das vorliegende Tellerset stellt ein Beispiel für diese Entwicklung dar.

-Natalie Kraneiß


Weiterführende Literatur:

  • Allan, James W. (1969): Later Mamluk metal work. A series of dishes. In: Oriental Art 15 (2), S. 38–43.
  • Atıl, Esin (1981): Renaissance of Islam. Art of the Mamluks. Washington, D.C.
  • Baer, Eva (1983): Metalwork in Medieval Islamic Art. Albany.
  • Behrens-Abouseif, Doris (Hg.) (2012): The arts of the Mamluks in Egypt and Syria. Evolution and Impact. Göttingen.
  • Rousselot, Simon (2018): The Mamluk rank – Representations and Functions: An Overview. In: Armas e Troféus IX (20), S. 171–198.


Links zu Vergleichsobjekten:

Teller Nr. 1
© Natalie Kraneiß
Teller Nr. 2
© Natalie Kraneiß
Teller Nr. 3
© Natalie Kraneiß
Teller Nr. 4
© Natalie Kraneiß
Teller Nr. 5
© Natalie Kraneiß