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Münster (upm/jas)
Jeung Beum Sohn© WWU/Peter Leßmann
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Der Musikstudent Jeung Beum Sohn über sein Leben als Pianist

„Ich bin immer der Musik gefolgt“

Der 26-jährige Jeung Beum Sohn studiert seit einem Jahr im Studiengang Konzertexamen an der Musikhochschule der WWU in der Klavierklasse von Prof. Arnulf von Arnim. Im vergangenen September gewann er beim internationalen ARD-Musikwettbewerb den ersten Preis für Klavier. In einem Interview mit Jana Schiller erklärt der Südkoreaner, was sich seither für ihn verändert hat, wie er Studium und Konzerte koordiniert und wie er nach Münster gekommen ist.

Es war gar nicht so leicht, ein Treffen mit Ihnen zu vereinbaren. Ihr Terminkalender lässt sicher manchen Weltenbummler vor Neid erblassen …

Vor fünf Tagen hatte ich ein Konzert in Korea. Davor war ich in Basel. Das nächste Konzert ist in drei Tagen in Dortmund und kommende Woche bin ich in Stuttgart. Danach fahre ich wieder nach Korea. Sie haben also recht: ich bin gut beschäftigt…

Geht es in den nächsten Monaten so reisefreudig weiter?

Für dieses Jahr bin ich bereits komplett ausgebucht – leider spiele ich kein Konzert mehr in Münster. Ich wurde zu fast 40 Konzerten eingeladen, entweder solo oder mit einem Orchester. Im April spiele ich zum Beispiel beim Klavier-Festival-Ruhr in Essen, dem weltweit größten Klavierfestival. Von meinen Freunden habe ich vor drei Tagen erfahren, dass mein Konzert bereits ausverkauft ist, die wollten eigentlich noch Karten haben. Im Mai trete ich im Gewandhaus in Leipzig auf. Diese beiden Konzerte zählen für mich definitiv zu den Höhepunkten in diesem Jahr.

Sie geben zahlreiche Konzerte und sind doch noch Student. Wie passt das zusammen?

Das ist in der Tat sehr schwierig im Moment. Auf der einen Seite müsste ich eigentlich mehr Unterricht bei Prof. von Arnim nehmen, anderseits benötige ich mehr Solo-Auftritte für meine Karriere. Ich übe täglich sieben Stunden, weil ich so viele Konzertangebote bekomme und weitere Wettbewerbe anstehen. Direkt nach dem Aufstehen fahre ich in die Musikhochschule und studiere die unterschiedlichen Konzertprogramme ein. Für Freizeitaktivitäten bleibt leider keine Zeit mehr.

Ihr Master-Studium haben Sie in München absolviert. Warum haben Sie sich anschließend für ein Studium an der WWU entschieden?

Ich bin meinem Lehrer gefolgt. Prof. von Arnim war bereits in München mein Professor, und als er nach Münster zog, bin ich mitgegangen. Während meines Master-Studiums hatte ich jeden Tag zwei Unterrichtsstunden bei ihm und habe am Klavier große Fortschritte gemacht. Über Münster wusste ich vorher nichts. Als ich das erste Mal in Münster war, war ich etwas besorgt, da die Stadt doch wesentlich kleiner als München ist. Es gibt zum Beispiel keine großen Musiksäle. Zudem gab es in München viel mehr Freizeitmöglichkeiten. Aber in Münster sind die Menschen sehr warmherzig. Ich bin jetzt seit einem Jahr hier und fühle mich sehr wohl.

Aufgewachsen sind Sie in Seoul. Wann haben Sie dort angefangen, Klavier zu spielen?

Mit vier Jahren. Nach meiner Geburt sagte mein Großvater zu meinen Eltern, dass meine Hände sehr klein sind. Er war der Meinung, dass ich Sportler werden sollte. Meine Mutter war Malerin und sehr verärgert über seine Worte. Kurze Zeit später meldete sie mich bei der Musikschule an – und ich fing an, Klavier zu spielen. Das war zu der Zeit einzigartig, da die Geschichte der klassischen Musik in Südkorea sehr jung ist. Erst mit meiner Generation gab es einen regelrechten Boom. Mittlerweile interessieren sich viele 20- bis 30-Jährige für klassische Musik und besuchen Konzerte.

Wollten Sie schon immer Profimusiker werden?

Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, was ich beruflich machen möchte. Seitdem ich Klavier spiele, bin ich immer der Musik und meiner Leidenschaft gefolgt. Niemand in meiner Familie ist Musiker oder spielt Klavier. Meine Eltern haben auch nie Druck auf mich ausgeübt – das kam nur von mir selbst.

Apropos Druck – sind Sie aufgeregt vor Auftritten?

Während der Proben davor bin ich sehr nervös, das ist wirklich eine Katastrophe. Aber sobald ich auf der Bühne stehe, ist es einfach nur fantastisch.

Was war der bisherige Höhepunkt Ihrer Karriere?

Das war auf jeden Fall der internationale Musikwettbewerb der ARD. Während meines Master-Studiums in München saß ich oft im Publikum in großen Konzertsälen, beispielsweise im Herkules-Saal der Münchener Residenz. Als Zuschauer habe ich mich oft gefragt, ob es jemals möglich sein wird, dort aufzutreten. Beim ARD-Wettbewerb hatte ich endlich die Möglichkeit, selbst dort auf der Bühne zu stehen – das war eine fantastische Erfahrung. Mit der Teilnahme an dem Wettbewerb ist für mich ein Traum wahr geworden. Es ist allerdings schade, dass nun alle sagen: „Jetzt bist du endlich ein Pianist geworden“. Mein Klavierspiel hat sich nach dem Wettbewerb ja nicht verändert. In der Musikszene zählen nur die Erfolge und Preise, insbesondere der ARD-Wettbewerb – jetzt möchte mir jeder zuhören. Ich habe vorher schon bei anderen Wettbewerben Preise gewonnen und hatte trotzdem nur zwei bis drei Auftritte im Jahr.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Der Sieg beim ARD-Wettbewerb hat mir viele Möglichkeiten eröffnet, hier bleiben zu können. Davor hatte ich eigentlich geplant, nach dem Studium nach Korea zurückzukehren, aber jetzt habe ich mehr Konzertangebote in Deutschland. Ich weiß noch nicht, was ich in zehn Jahren mache, aber im Moment möchte ich hier als Musiker weiterwachsen.