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Münster (upm/ch)
Prof. Dr. Joachim Jose<address>© WWU / Anna Overmeyer</address>
Prof. Dr. Joachim Jose
© WWU / Anna Overmeyer

Von der Deponie in den Tank

Münstersche Wissenschaftler beteiligt an Projekt zur Verwertung von Abfällen der Palmöl-Produktion

Ob Waschmittel, Schokolade oder Suppen – etwa jedes zweite Supermarktprodukt enthält Palmöl. Bei der Gewinnung des Öls entstehen große Mengen pflanzlicher Abfallstoffe aus den leeren Fruchtständen der Ölpalme. Ein internationales Konsortium aus Wissenschaft und Industrie unter Beteiligung von Forschern der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) hat sich zum Ziel gesetzt, diese Abfälle – speziell die darin enthaltene Zellulose – für die Herstellung von Bio-Treibstoffen und anderen Wertstoffen nutzbar zu machen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt bis August 2018 mit insgesamt 1,6 Millionen Euro.

Dass Palmöl mit einem Anteil von rund einem Drittel der weltweiten Produktion das meistverwendete Pflanzenöl ist, hat einen Grund: Es lässt sich gut verarbeiten, muss im Vergleich zu anderen Pflanzenölen nicht chemisch gehärtet werden und lässt sich landwirtschaftlich effektiv und preisgünstig gewinnen. "Dementsprechend rasant haben sich die Produktionsraten in den letzten Jahrzehnten entwickelt, mit katastrophalen Folgen für Klima und Umwelt – insbesondere in Malaysia und Indonesien", unterstreicht Prof. Dr. Joachim Jose vom Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der WWU, der an dem Projekt beteiligt ist. "Neben der massiven Abholzung von Regenwäldern für die Erschließung neuer Anbauflächen sind die Abfälle ein großes Problem." Allein in Malaysia fielen geschätzte 20 Millionen Tonnen leerer Fruchtstände pro Jahr an, wodurch große Mengen des Treibhausgases Methan bei der Zersetzung des Materials durch Mikroorganismen entstünden. "Für die leeren Fruchtstände gibt es bislang weder Verwertungsmöglichkeiten noch vertretbare Entsorgungsstrategien, sodass sich die Abfälle auf riesigen Deponien ansammeln", beschreibt Joachim Jose das Problem.

Kern des Projektes bildet die sogenannte Autodisplay-Technologie, die Joachim Jose mit seiner Arbeitsgruppe entwickelt hat. Sie ermöglicht es, Enzyme kostengünstig und zeitsparend auf der Oberfläche von Bakterienzellen zu produzieren. Die Bakterien können in großem Maßstab kultiviert und direkt auf ein abzubauendes Material gegeben werden. "Die pflanzlichen Abfälle der Palmöl-Produktion bestehen zu einem großen Teil aus Zellulose. Um sie als Rohstoff für biotechnologische Prozesse zu nutzen, muss die Zellulose zuerst in ihre einzelnen Bausteine zerlegt werden. Die dafür notwendigen Enzyme sind in konventioneller Form jedoch zu teuer für einen wirtschaftlichen Einsatz. An dieser Stelle kommt die Autodisplay-Technologie zum Tragen."

An dem im Rahmen des Programms "Bioökonomie International" geförderten Projekt sind neben der WWU auch das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Oberhausen, die von Joachim Jose mitgegründete Autodisplay-Biotech GmbH (Düsseldorf), der malaysische Palmöl-Produzent "AUM Plantations" sowie die Universität Malaysia Sabah in Kota Kinabalu, Malaysia, beteiligt. Innerhalb der nächsten drei Jahre soll eine Pilotanlage in Malaysia errichtet werden, um das Potenzial der Technologie zu demonstrieren und einen Schritt in Richtung nachhaltiger Palmöl-Produktion anzuregen. Der Anteil der WWU am Gesamtfördervolumen beträgt 350.000 Euro.

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