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Münster (upm/nor)
Gratulation: Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen (l.), WWU-Rektorin Prof. Ursula Nelles (2.v.r.) und der Präsident der Humboldt-Stiftung, Prof. Helmut Schwarz, gratulierten Prof. Katrin Kogman-Appel<address>© Humboldt-Stiftung / David Ausserhofer</address>
Gratulation: Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen (l.), WWU-Rektorin Prof. Ursula Nelles (2.v.r.) und der Präsident der Humboldt-Stiftung, Prof. Helmut Schwarz, gratulierten Prof. Katrin Kogman-Appel
© Humboldt-Stiftung / David Ausserhofer

"Katrin Kogman-Appel ist ein Glücksfall"

Festakt in Berlin: Humboldt-Stiftung vergibt Professur an WWU-Judaistin

Man kann nicht behaupten, dass die Humboldt-Professuren in einer Atmosphäre allzu großer Bescheidenheit oder gar Kleinkrämerei vergeben werden. Mal ist von "traumhaften Angeboten" die Rede, eine Zeitung bezeichnet sie als "unwiderstehliche Offerten", ein anderes Mal vergleichen Beobachter die Auszeichnungen gerne mit "Deutschlands Nobelpreisen". Die Latte hängt also hoch, wenn die Alexander-von-Humboldt-Stiftung alljährlich nach Berlin einlädt, um das Ergebnis des "globalen Headhuntings" nach Spitzen-Wissenschaftlern in der eleganten Repräsentanz der Deutschen Telekom nahe des Gendarmenmarktes vorzustellen.

"Wir wollen die Besten der Besten anlocken", macht Stiftungspräsident Prof. Dr. Helmut Schwarz deutlich, als er am Dienstagabend rund 500 Gäste im Atrium begrüßte. Vor der Ehrung mit einem Kurzfilm und einer Laudatio steht das kurze Gespräch. Helmut Schwarz und Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen besuchen im fast 1000 Quadratmeter großen Lichthof die Infostände der sechs Hochschulen, denen die Stiftung in dieser Wettbewerbsrunde eine der mit bis zu fünf Millionen Euro dotierten Professuren zugesprochen hat.

Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU) präsentiert sich auf Einladung der "Humboldtianer" bereits zum zweiten Mal in der Hauptstadt – nach dem Mathematiker Prof. Dr. Michael Weiss ist es diesmal die Judaistin Prof. Dr. Katrin Kogman-Appel, die in den kommenden Jahren das neu eingerichtete Institut für Jüdische Studien an der WWU aufbauen wird. "Mit den europaweit größten katholisch- und evangelisch-theologischen Fakultäten, dem Centrum für religionsbezogene Studien, dem Zentrum für Islamische Theologie und dem Exzellenzcluster für Religion und Politik zählt die WWU schon lange zu den führenden Universitäten in der theologischen Forschung und Lehre", betont Rektorin Prof. Dr. Ursula Nelles. "Katrin Kogman-Appel wird diesen Profilschwerpunkt nachhaltig verstärken. Sie ist ein perfekter Glücksfall für uns."

Seit 2008 vergibt die Stiftung die Preise, das Bundesministerium für Bildung und Forschung sichert die Finanzierung. Gut 50 Professuren wurden seitdem vergeben, die vor allem dazu beitragen sollen, renommierte Wissenschaftler aus dem Ausland nach Deutschland zu holen, um den heimischen Forschungsstandort zu stärken.

Bereits vor Beginn der Veranstaltung nimmt Katrin Kogman-Appel am WWU-Stand reichlich Glückwünsche entgegen. Die 58-Jährige ist mit familiärer Verstärkung angereist – ihr Mann, ihre Mutter und ihre drei Kinder stehen buchstäblich an ihrer Seite. Broschüren, Bücher, Stellwände, ein Film: Das International Office, das Forschungsdezernat und das Exzellenzcluster der WWU halten für die Gäste allerhand Anschauungs- und Informationsmaterial bereit. Der Stand ist gut besucht, immer wieder muss Katrin Kogman-Appel Hände schütteln und ihr Forschungsgebiet erläutern.

Die gebürtige Österreicherin gilt als die weltweit beste Kennerin der jüdischen Kulturgeschichte des Mittelalters. Was verrät beispielsweise die jüdische Buchmalerei über das Gemeindeleben in dieser Zeit? Was erzählen die Bilder über die Beziehungen zwischen der jüdischen und anderen Kulturen? Katrin Kogman-Appel zeigt zudem, welche Rolle und Funktion den verschiedenen Handschriften zukamen, die damals neben der mündlichen Kommunikation das wichtigste Kommunikationsmittel waren.  "Mit ihrer Hinwendung zum weiteren kulturellen Kontext wirkt sie über die Judaistik hinaus bis in die allgemeine Mittelalterforschung", erläutert die Humboldt-Stiftung in ihrer Begründung.

Nach ihrem Studium und der Promotion in Wien wechselte Katrin Kogman-Appel in den 80er Jahren erstmals nach Israel an die Jerusalemer Hebrew University – in das Land, das ihr weiteres Leben entscheidend prägen sollte. Denn nach Stationen in den USA und Mexiko kehrte sie 1996 erneut in das kleine Land am Mittelmeer zurück, zuletzt hatte sie einen Lehrstuhl an der "Ben-Gurion-Universität des Negev" inne. Bis die Universität Münster sie für eine Humboldt-Professur vorschlug und die Stiftung zustimmte.

Neben ihren Forschungsarbeiten wird sie in den kommenden Jahren mit Prof. Dr. Regina Grundmann den Studiengang "Jüdische Studien" mit dem Schwerpunkt der Kulturgeschichte aufbauen. In ihren Dankesreden hoben die sechs international herausragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bielefeld, Bonn, Halle, München, Karlsruhe und Münster in erster Linie die sogenannten weichen Faktoren hervor, die ihnen mit diesem Preis als wichtigstes Privileg zugesprochen würden. Kreatives Forschen ohne permanenten Antrags- und Rechtfertigungsdruck, und das über fünf Jahre: Das ist es, was den höchstdotierten deutschen Forschungspreis ihrer gemeinsamen Überzeugung nach so begehrenswert macht.

"Das Geld ist nützlich und notwendig, aber nicht hinreichend", meinte Stiftungspräsident Helmut Schwarz. "Wir schenken ihnen vor allem Vertrauen und Freiraum." Rektorin Ursula Nelles wies in ihrer Laudatio auf einen weiteren weichen Faktor hin, der ihr mindestens ebenso wichtig ist: "Katrin Kogman-Appel ist nicht nur ein wissenschaftlicher Glücksfall – sie ist darüber hinaus eine ausgesprochen sympathische Kollegin."

Norbert Robers

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