Smartphone-Training verbessert langfristig depressive Symptome
Ein kurzes Training auf dem Smartphone kann bei Patientinnen und Patienten, die wegen einer Depression eine stationäre Therapie machen, langfristig zu einer Verringerung der Symptome führen. Das zeigt eine aktuelle Studie unter der Leitung von Psychologen der Universität Münster. Die Wissenschaftler haben ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Medical Internet Research mHealth and uHealth“ veröffentlicht.
An der klinischen Studie nahmen 75 Patienten teil. Sie absolvierten in Ergänzung zu ihrer regulären Therapie ein kurzes kognitives Training auf dem Smartphone und wurden dafür nach dem Zufallsprinzip – es handelt sich um eine sogenannte randomisierte Studie – in eine Experimental- und eine Kontrollgruppe eingeteilt. Das Training bestand aus sechs 15-minütigen Sitzungen über zwei Wochen. Ziel war es, automatische Reaktionen auf soziale Reize zu beeinflussen, indem Annäherung und Vermeidung gezielt trainiert werden. Die Teilnehmer in der Experimentalgruppe lernten dabei, durch das Heranziehen des Smartphones auf lächelnde Gesichter mit Annäherungsverhalten zu reagieren. Durch das Wegbewegen des Smartphones zeigten sie hingegen ein Ausweichverhalten auf Gesichter mit negativem Gefühlsausdruck. Die Teilnehmer in der Kontrollgruppe absolvierten hingegen ein unspezifisches Training, bei dem die Bewegungen nicht gezielt bestimmten Gesichtsausdrücken zugeordnet waren.
Die Wissenschaftler schlussfolgern, dass sich automatisierte Verhaltensmuster gegenüber positiven sozialen Reizen schrittweise „im wahren Leben“ widerspiegeln. Rückzugstendenzen befördern häufig Depressionen, da sie positive soziale Erfahrungen verhindern. „Darüber hinaus könnte das Training die Fähigkeit stärken, entgegen der negativen Stimmung vermehrt positive Informationen abzurufen und aufzusuchen – ein Prozess, der im Falle einer Depression oft geschwächt ist“, ergänzt Studienleiter Prof. Dr. Timo Brockmeyer. Diese Form der Informationsverarbeitung kann helfen, Negativspiralen aus gedrückter Stimmung, negativen Gedanken und Rückzugsverhalten zu durchbrechen. In einer früheren Studie wiesen Timo Brockmeyer und Kollegen bereits nach, dass diese Form der Informationsverarbeitung mit einem besseren Langzeitverlauf der Depression verbunden ist. Neurobiologische Befunde früherer Studien stützen diese Annahme: Annäherungs-Vermeidungs-Trainings können die Belohnungssensitivität des Gehirns gegenüber positiven sozialen Signalen normalisieren.
Originalpublikation
Blomberg, M., Zech, H., Kluge, M., Böhmert, N., Platte, H., & Brockmeyer, T. Smartphone-Based Approach–Avoidance Bias Modification Training for Depression: A Randomized Clinical Trial. JMIR mHealth and uHealth. doi:10.2196/69033