|
Münster (upm/kn).
Typ 2-Diabetes ist die häufigste Form von Diabetes mellitus in Deutschland und betrifft 95 Prozent der Erkrankten.<address>© Jürgen Fälchle – stock.adobe.com</address>
Typ 2-Diabetes ist die häufigste Form von Diabetes mellitus in Deutschland und betrifft 95 Prozent der Erkrankten.
© Jürgen Fälchle – stock.adobe.com

Weltdiabetestag: „Neue Medikamente revolutionieren die Behandlung“

Dr. Elena Vorona über neue Medikamente und die beste Vorsorge

Nach Angaben der „Deutschen Diabetes Gesellschaft“ leben zurzeit rund 9,1 Millionen Menschen in Deutschland mit Diabetes mellitus; 95 Prozent sind von Typ 2 betroffen. Jährlich erkranken mehr als eine halbe Million Erwachsene neu an der Volkskrankheit. Anlässlich des Weltdiabetestags am 14. November sprach Kathrin Nolte mit Dr. Elena Vorona, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster und leitende Oberärztin der Endokrinologie des Universitätsklinikums Münster, über neue Diabetes-Medikamente und über die Bedeutung einer rechtzeitigen Diagnostik.

Wahrscheinlich gibt es viele Menschen, die vor einer positiven Diabetes-Diagnose regelrecht zittern. Wie stellen Sie diese Krankheit fest?

Indem man beispielsweise morgens vor dem Frühstück den sogenannten Nüchternblutzuckerwert misst – ein erhöhter Wert weist auf Diabetes mellitus hin. Ebenso gilt ein erhöhter Blutzucker-Langzeitwert als Hinweis auf einen Diabetes. An dem sogenannten HbA1c-Wert lässt sich ablesen, wie hoch der Blutzucker in den vergangenen acht bis zwölf Wochen durchschnittlich war. Eine weitere Erkennungsmethode ist der Glukosetoleranztest: Dazu trinkt man ein Glas Wasser, in dem Traubenzucker aufgelöst ist. Der Blutzucker steigt danach an, sollte aber schnell wieder sinken. Ist das nach zwei Stunden nicht der Fall, bestätigt das die Diagnose. Diese Tests decken zuverlässig erhöhte Blutzuckerwerte auf.

Mut machen den Betroffenen in diesem Zusammenhang Berichte über neue und vor allem vielversprechende Medikamente. Zu Recht?

Dr. Elena Vorona<address>© Universitätsklinikum Münster</address>
Dr. Elena Vorona
© Universitätsklinikum Münster
In den vergangenen Jahren gab es viele wichtige Entwicklungen in der medikamentösen Diabetes-Therapie. Neue Medikamente aus den Klassen der sogenannten Inkretinmimetika – Arzneimittel, die die Wirkung körpereigener Hormone nachahmen – und spezielle Hemmer haben die Behandlung des ‚Typs-2‘ revolutioniert. Diese Wirkstoffe senken nicht nur den Blutzucker, sondern führen oft zu Gewichtsabnahme und schützen damit das Herz und die Nieren. Besonders bei Patientinnen und Patienten mit hohem Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen empfiehlt sich ein frühzeitiger Einsatz. Auch Kombinationstherapien oder Medikamente, die nur einmal wöchentlich gespritzt müssen, zeigen vielversprechende Ergebnisse in der Blutzucker- und Gewichtskontrolle sowie bei der Risikominimierung für Herz-Kreislauf-Folgeerkrankungen.

Gilt das unabhängig vom Geschlecht? Oder anders gefragt: Was unterscheidet Diabetes mellitus bei Frauen und Männern?

Männer erkranken häufiger an Typ-2-Diabetes als Frauen. Ein Grund ist die Fettverteilung: Männer lagern mehr Fett im Bauchraum, was die Insulinresistenz fördert. Wenn Frauen einen Diabetes entwickeln, sind Insulinresistenz und Übergewicht jedoch ausgeprägter als bei Männern. So weisen Frauen im Durchschnitt einen höheren Body-Mass-Index auf als Männer. Zudem verbringen Frauen mit Diabetes ab 40 Jahren im Schnitt etwa vier Jahre länger mit mehreren Folgeerkrankungen als Männer. Vor allem ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall steigt bei Diabetes überproportional.

Kann es noch weitere Komplikationen geben?

Ein dauerhaft erhöhter Blutzucker schädigt Blutgefäße und Nerven und führt zu Folgeerkrankungen an Augen, Nieren, Nerven sowie am Herz-Kreislauf-System. So kann es zu Netzhautschäden bis zur Erblindung, Nierenschäden bis zum Nierenversagen und Nervenschäden mit Empfindungsstörungen oder diabetischem Fußsyndrom kommen. Durch Gefäßverkalkung steigt zudem das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen der Beine. Die gute Nachricht ist dabei: Eine gute Blutzuckereinstellung und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen können diese Risiken deutlich verringern.

Das Robert-Koch-Institut prognostiziert bis zum Jahr 2050 einen deutlichen Anstieg von Erkrankungen. Wie kann man Diabetes mellitus vorbeugen?

Der Schlüssel zur Vorbeugung ist ein gesunder Lebensstil: Eine ausgewogene, zuckerreduzierte Ernährung, ausreichend Bewegung von mindestens 150 Minuten pro Woche und Gewichtskontrolle senken das Erkrankungsrisiko deutlich. Studien zeigen, dass konsequente Lebensstiländerungen das Diabetesrisiko um rund 40 Prozent senken. Aufklärungskampagnen und eine gesundheitsförderliche Umgebung mit zum Beispiel weniger Zucker in Lebensmitteln helfen zum einen, das Diabetesrisiko zu verringern. Ich empfehle zum anderen, an Früherkennungsprogrammen teilzunehmen, um möglichst rechtzeitig gegenzusteuern.

 

Links zu dieser Meldung