|
Münster (upm/anb).
Das Gruppenbild zeigt 15 Personen vor einer Monitorwand. Sie blicken freudig in die Kamera.© Uni MS - Timo Adiek
Fotos

Nächster Halt Berlin

Junge Talente kämpften mit ihren Ideen um die Teilnahme am globalen Wissenschaftsgipfel in Berlin

Kann man Autismus im Frühstadium spielerisch, einfach und kostengünstig diagnostizieren? Bisher nicht. Elham Iravani, Doktorandin an der Universität Wuppertal, will das ändern. Rückenwind dafür erhielt die Informatikerin jetzt am münsterschen Hafen. Beim erstmals von der Universität Münster ausgerichteten „Falling Walls Lab“ präsentierte sie Jury und Publikum ihr Konzept: Ein mit Sensoren ausgestattetes Spielzeug erfasst Druck und Bewegungen junger Kinder, spürt dabei Muster und Unregelmäßigkeiten auf.

So möchte die Wissenschaftlerin erreichen, dass Autismus schon ab zwei Jahren erkannt wird – deutlich früher als bisher. Derzeit würden die meisten Diagnosen erst mit fünf bis sechs Jahren erfolgen, was für eine wirkungsvolle Intervention zu spät sei. „Nachdem ich Kinder mit Autismus und ihr Leiden gesehen habe, wollte ich etwas tun und ihnen und ihren Familien helfen“, erklärte die Doktorandin nach der Siegerehrung im „FIEGE X-Dock“ am Hafen. Der Erfolg beim „Falling Walls Lab“ gibt ihrem Vorhaben Auftrieb. Nun freut sie sich auf den „Falling Walls Science Summit“ in Berlin im November, für den sie sich qualifiziert hat.

Rechts ist Johannes Wessels zu sehen. Er überreicht der links stehenden Elham Iravani einen überdimensionierte Fahrkarte mit dem Ziel Berlin.<address>© Uni MS - Timo Adiek</address>
Rektor Prof. Dr. Johannes Wessels überreichte der Gewinnerin Elham Iravani die symbolische Fahrkarte nach Berlin.
© Uni MS - Timo Adiek
„Für uns als Jury war wichtig, eine Idee auszuzeichnen, die Vision, gesellschaftliche Relevanz und Umsetzbarkeit vereint. Entscheidend war, wie ein Produkt aussehen kann“, erklärte Juror Prof. Dr. Ryan Gilmour. Autismus sei in vielen Gesellschaften noch ein Tabu, das Leid verursacht. „Die Idee hat mich berührt – und auch im Publikum spürte man die emotionale Verbindung“, betonte der Chemiker. Er gehörte zur fünfköpfigen Jury aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen der Universität Münster. Sie bewerteten nicht nur die Innovation und Relevanz, sondern auch die Präsentation der dreiminütigen englischsprachigen Vorträge, in denen die Bewerberinnen und Bewerbern die Frage „Which are the next walls to fall?“ (Welche Mauern fallen als nächstes?) beantworteten.

Unter den zehn Talenten, die ihre Forschungsprojekte, Geschäftsideen oder sozialen Initiativen präsentierten, war auch Yannis Bermig, der den zweiten Platz belegte. Obwohl er an der Universität Coimbra in Portugal promoviert, steckt viel Münster in seiner Idee. Der hier lebende Soziologe gründete mit dem Jurastudenten Sönke Janssen das Start-up „Democracy Hub“. Sie wollen demokratische Prozesse digitalisieren und nutzen dafür moderne Verschlüsselungstechnik. Unterstützung erhalten sie vom „REACH – Euregio Start-up Center“ der Universität und FH Münster. Anders als die Erstplatzierte darf er in Berlin zwar nicht auftreten, aber als Gast teilnehmen. „Ich bin sehr zufrieden mit unserer Leistung, die Sichtbarkeit hilft unserem Start-up aktuell besonders“, sagte er. Den dritten Platz sicherte sich Asieh Baker, die mit „RESQUE“ an einer App arbeitet, die medizinischem Personal in Akutsituationen schnellere und sicherere Entscheidungen ermöglicht. Neben den Siegerideen ging es beispielsweise um sichere Mobilität in Afrika, Nanopartikel und den Kampf gegen neurodegenerative Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer.

„Wir als Universität Münster wollten mit dem ,Falling Walls Lab‘ all jenen eine Bühne geben, die durch ihre Initiative und Ideen aktiv an zukünftigen Entwicklungen in Wissenschaft, Gesellschaft und Technologie mitwirken. Wir freuen uns, Teilnehmende aus unterschiedlichen Hochschulen und Disziplinen zusammengebracht zu haben, um in einem konstruktiven und freundschaftlichen Wettbewerb die beste Idee zu küren“, erklärte Prof. Dr. Monika Stoll, Prorektorin für Forschung der Universität Münster und Jurymitglied. Das erste münstersche „Falling Walls Lab“ sei ein voller Erfolg, weshalb eine Wiederholung im kommenden Jahr geplant sei.

Hintergrund:

Das „Falling Walls Lab Münster“ war einer von nur drei bundesweiten Vorentscheiden für den renommierten „Falling Walls Science Summit“. Der globale Gipfel findet jährlich um den 9. November, den Tag des Mauerfalls, in Berlin statt und versammelt hunderte Gäste aus Wissenschaft, Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Medien. Elham Iravani hat am 6. November die Gelegenheit, sich mit der Konkurrenz zu messen, was das Innovationspotenzial und die gesellschaftliche Wirkung ihrer Idee betrifft. Weltweit richteten dieses Jahr 84 Hochschulen und Forschungseinrichtungen ein eigenes „Falling Walls Lab“ aus, um die innovativsten Köpfe ihrer Region sichtbar zu machen – von Schweden bis Botswana, Taiwan bis Kanada. Fast 2.700 Bewerbungen gingen ein. Die Gewinnerinnen und Gewinner der regionalen „Labs“ kämpfen in Berlin um den Titel „Breakthrough of the Year“. Der globale Gipfel wird seit 2009 von der „Falling Walls Foundation“ ausgerichtet und bringt hochrangige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit führenden Köpfen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche zusammen.

Links zu dieser Meldung