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Münster (upm/nor).
Zu sehen ist Dirkt Schmidt in einem weiß Kittel. Im Gewächshaus nutzt er einen Spritze mit einem kleinen Schlauch, um Tomatenpflanzen vorzubereiten.© Uni Münster - Linus Peikenkamp
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„Außeneinsatz“ 2025, Teil 7: Gärtner, Laborarbeiter und Techniker

Zu Besuch im Gewächshaus bei Dirk Schmidt

Auch in den Semesterferien gibt es an der Universität Münster allerhand zu tun. Die Redakteurinnen und Redakteure der Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit nutzen die vorlesungsfreie Zeit, um das eigene Büro zu verlassen und im Außeneinsatz Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität bei ihrer Arbeit zu begleiten, die buchstäblich unterwegs sind.

Es ist keineswegs übertrieben, den Arbeitsplatz von Dirk Schmidt als speziell, ja sogar als einzigartig zu bezeichnen. Damit ist nicht nur gemeint, dass er den Großteil seiner Arbeitszeit allein verbringt. Das wird vielen anderen Beschäftigten ähnlich gehen. Oder dass er täglich schriftlich eingereichte „Arbeitsaufträge“ abhakt. Ja, das kennen sicher auch viele andere aus ihrem Alltag…

Nein, was wirklich heraussticht, ist die Tatsache, dass sich der 56-Jährige nicht an einem einzigen, sondern an gleich elf verschiedenen Arbeitsplätzen tummelt, die auf einer Länge von nur rund 40 und einer Breite von etwa 20 Metern nebeneinander liegen.

Wie das geht?

Dirk Schmidt ist der entscheidende Mann im Gewächshaus am Schlossplatz 3b, das im Wesentlichen aus zehn nebeneinander und gegenüberliegenden Pflanzenkammern und einem winzigen Büro besteht.

Auch die Antwort auf die Frage nach seiner Berufsbezeichnung fällt etwas komplexer als bei anderen Mitarbeitern der Universität aus. Dirk Schmidt ist in erster Linie Gärtner; organisatorisch ist er dem Botanischen Garten beziehungsweise dem Fachbereich Biologie zugeordnet. Aber wenn man ihm einige Stunden zuschaut, wie er in seinem weißen Kittel von Kammer zu Kammer hechtet, dann kann man leicht nachvollziehen, warum er auch eine Art Laborarbeiter ist. Beispiel Saatgutgewinnung: Um neue Saatkörner zu gewinnen, erntet er diese von Tomatenpflanzen und reinigt sie. Dazu legt er die Saat in ein mit dreiprozentiger Salzsäure gefülltes Reagenzglas – nach ein bis zwei Stunden hat sich das Fruchtfleisch von den Saatkörnern gelöst.

Schließlich darf Dirk Schmidt sich mit Fug und Recht ebenfalls „ein bisschen als Techniker bezeichnen“, der den eindrucksvollen Schaltschrank in seinem Büro mit den vielen Sensoren für die Überwachung und Steuerung von Temperaturen, Lüftung und Schattierung der zehn Pflanzenkammern wie im Schlaf zu bedienen weiß. „Es gibt reichlich zu tun, es sind viele unterschiedliche Aufgaben, die ich eigenverantwortlich absolvieren kann, die Kommunikation läuft weitgehend auf Englisch: Diese abwechslungsreiche Kombination mag ich an meinem Job“, betont er.

Grob gesagt geht es in allen Kammern darum, neue, gebrauchsfertige und manchmal gentechnisch veränderte Pflanzen heranzuziehen. Die Mehrzahl seiner Auftraggeber arbeitet im Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen. Bepflanzung, Klima, Beleuchtung: Jede Kammer ist individuell, jede Kammer hat ihre Eigenarten, die Dirk Schmidt bis ins Detail kennt. Das eine Kraut braucht viel, das nächste weit weniger Dünger, die Tomaten benötigen reichlich Kalzium, dieses oder jenes Gewächs sehnt sich nach viel oder wenig Licht. Der eine Professor wünscht sich neue Blätter, die nächste Professorin „bestellt“ Jungpflanzen, um die Toleranz der Organismen gegen Salz und Trockenheit zu optimieren. An diesem Vormittag schneidet Dirk Schmidt zunächst die Samen von einer Tabakpflanze ab und lagert sie ein, eine Kammer weiter streicht er mit zwei Fingern das Saatgut aus einer „Arabidopsis thaliana“ heraus. Über 1000 Körner gewinnt er auf diese Weise aus dieser einzelnen Acker-Schmalwand-Pflanze.

Es wird nur wenige geben, die Dirk Schmidt in seinem Beruf etwas vormachen können. Seit über 20 Jahren arbeitet er im Gewächshaus der Universität. Seine Gärtner-Lehre absolvierte er in den 80er-Jahren im Pflanzencenter „Berning“ an der münsterschen Kanalstraße. Es folgten ein Ein-Jahres-Job in den USA, der Zivildienst in einem Sendenhorster Krankenhaus und eine Anstellung in einer Wolbecker Stauden-Gärtnerei – 1993 wechselte er zum Botanischen Garten, wo er vorrangig das Alpinum betreute.

Ein Doktorand aus einer Arbeitsgruppe klingelt. Wann denn mit den neuen Tomaten, den Doppel-Mutanten zu rechnen sei, möchte er wissen. „In zehn bis 14 Tagen können Sie wiederkommen“, antwortet Dirk Schmidt. Der heutige Dienstag verläuft vergleichsweise ruhig. „Montags ist immer mehr zu tun“, berichtet er. „Übers Wochenende wächst schließlich alles fleißig weiter.“

Beispielsweise die Kartoffelpflanzen, von denen Dirk Schmidt jetzt die Kopfstecklinge abschneidet, damit sie mit der Ursprungspflanze rückgekreuzt werden können. Spätestens jetzt wird klar, dass Dirk Schmidt auch ein penibler „Buchhalter“ sein muss. „S. tuberosum / backcross / HKS91#68 (f.) x WT (m.)“: Jede Pflanze muss mit einem derartigen Etikett versehen sein, um den Überblick über die Art, die Abstammung, das Alter, eine mögliche gentechnische Veränderung und vieles mehr zu behalten. Dirk Schmidt muss zudem darauf achten, dass sich die Pflanzen nie „gegenseitig bekreuzen“, sich also nicht mit den Pollen berühren. Jede Ungenauigkeit kann nicht nur einzelne Pflanzen überflüssig, sondern vor allem einen entsprechenden, manchmal über Jahre angelegten Versuch zunichtemachen. „Man sollte nichts verwechseln, man muss gut sortiert sein“, unterstreicht er.

Diese Schreib- und Sortierarbeit erledigt er in seinem Mini-Büro, das zwischen zwei Kammern gelegen auf etwa sechs Quadratmetern mit einem Schreibtisch plus PC, einem Spind, einem kleinen Bücherregal, einer Kaffeemaschine und besagtem Schaltschrank ausgestattet ist. „Ich komme damit klar“, betont er und lächelt. Dirk Schmidt muss weiter. Auf geht's zur Kammer mit den Tabakpflanzen zum Gießen. „Die brauchen den nächsten Schluck.“

Autor: Norbert Robers

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