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Münster (upm/anb).
Das Bild zeigt Björn Alberternst in einem Raum voller technischer Geräte. Er trägt eine Schutzbrille und einen Kittel. Rechts ist der Graphitisierungsofen, ein großer Metallzylinder, zu sehen.© Uni MS - Linus Peikenkamp
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„Außeneinsatz“ 2025, Teil 1: Den Menschen im Blick

Björn Alberternst ist leitender Arbeitsschützer der Universität Münster

Logo der Serie mit dem Schriftzug „Außeneinsatz“ und einer Figur, deren Bewegung stilisiert dargestellt ist.<address>© Uni MS - Linus Peikenkamp</address>
© Uni MS - Linus Peikenkamp
Auch in den Semesterferien gibt es an der Universität Münster allerhand zu tun. Die Redakteurinnen und Redakteure der Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit nutzen die vorlesungsfreie Zeit, um das eigene Büro zu verlassen und im Außeneinsatz Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität bei ihrer Arbeit zu begleiten, die buchstäblich unterwegs sind.

Alle Hoffnung hat nichts genützt, der Wetterbericht bewahrheitet sich, der Sommer macht Ernst: Das Thermometer wird an diesem Tag mehr als 37 Grad Celsius in Münster anzeigen – eine starke Belastung für den Körper. Bei der Hitze ist es zumindest tröstlich, den heutigen „Außeneinsatz“ mit Björn Alberternst zu bestreiten. Denn als leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit kennt er sich bestens aus mit Gesundheitsrisiken und, noch wichtiger, deren Prävention.

Er hat sich viel vorgenommen für den heutigen Arbeitstag, der in der Stabsstelle Arbeits- und Umweltschutz (StabAU) am Johann-Krane-Weg beginnt. Er möchte zeigen, was es bedeutet, wenn er sagt: „Alles ist Arbeitsschutz.“ Mehrere Termine stehen an, doch vorab untermauert er im Büro, was dieser prägnante Satz unter anderem beinhaltet. An Hochschulen ist Arbeitsschutz allgegenwärtig: Ob beim sicheren Umgang mit Chemikalien im Labor, bei ergonomisch ausgestatteten Arbeitsplätzen in Büros oder in der Bibliothek – überall steht die Gesundheit im Mittelpunkt. Auch funktionierende Brandschutzmaßnahmen, sichere Evakuierungswege und die Prävention psychischer Belastungen gehören dazu. Selbst Treppenhäuser und Aufzüge werden unter dem Aspekt des Arbeitsschutzes betrachtet. Kurz gesagt: Alles, was Sicherheit und Wohlbefinden betrifft, ist Teil des Arbeitsschutzes an Hochschulen ... Bei über 7.500 Beschäftigten und rund 250 Gebäuden an der Uni Münster klingt das nach viel arbeitsschutzbedürftiger Arbeit. Das schreckt Björn Alberternst aber nicht ab. Im Gegenteil. „Es ist gar nicht so einfach, Leuten, die nicht an der Uni arbeiten, zu beschreiben, wie abwechslungsreich meine Arbeit hier ist. Eine solche Vielfalt gibt es selbst in großen Industriebetrieben nicht“, betont er.

Zu dieser Vielfalt trägt auch der Botanische Garten bei, wo der erste Termin des Tages stattfindet. Fast entschuldigend sagt er, dass er das Auto nehmen müsse. Denn manche Tage seien so voll, dass er mit dem Fahrrad nicht schnell genug von Termin zu Termin kommt. So fährt er den Südparkplatz am Schloss an, hält kurz an der Einfahrt und unterhält sich freundlich-vertraut mit dem Pförtner. Man kennt sich. Thema des Plauschs: das Wetter, na klar. Angesichts der Hitze erinnert er den Mitarbeiter daran, sich vor der Sonne zu schützen und genug zu trinken. Björn Alberternst hat den Menschen und dessen Gesundheit im Blick, das wird heute mehrmals klar.

Am Botanischen Garten trifft Björn Alberternst seinen Kollegen Thomas Wesseler. Sie steuern das kleine Verwaltungsgebäude im Westen des Gartens an, um eine Mitarbeiterin zu treffen. Auf diesen wenigen Metern macht Björn Alberternst sogleich auf mehrere Themen aufmerksam, die er und seine Kolleginnen und Kollegen hier zuletzt bearbeitet haben: die Installation eines Defibrillators, die Absicherung einer Baustelle an einem Gewächshaus und die Lösung eines kleinen Detektivfalls. Detektivfall? Vor einigen Wochen erlitt ein Gärtner Hautverbrennungen am Arm, die Ursache war zunächst unbekannt. Nach einigem Rätseln kamen die Beschäftigten des Gartens und die StabAU auf die Lösung. Der Gärtner hatte mit Pastinaken gearbeitet. Wie sich herausstellte, ist dieses Gemüse phototoxisch. Das heißt, dass es Stoffe enthält, die den UV-Schutz der Haut bei Kontakt kurzzeitig ausschalten, wodurch es zu starkem Sonnenbrand kommen kann. Was es nicht alles gibt … Björn Alberternst und sein Kollege sind heute aber nicht wegen des Gemüses hier, sondern wegen einer Gefährdungsbeurteilung. Mit einer Gärtnerin sprechen sie über Tätigkeiten und was es bei ihrer Durchführung aus Sicht der Arbeitsschützer zu berücksichtigen gilt.

Vom Botanischen Garten aus geht es zum MEET Batterieforschungszentrum. Auf dem Weg dorthin schwärmt Björn Alberternst erneut von seiner Arbeit, seiner Freude an der Abwechslung und dem geballten Fachwissen an der Uni. Doch offenbart er auch, dass sein Job mitunter Spannungen beinhaltet. „Arbeitsschutz ist bei Vorgesetzten und Beschäftigten nicht immer beliebt. Wenn ich komme, bedeutet das meist, dass es einen finanziellen sowie personell-organisatorischen Aufwand braucht, um Arbeitsschutz zu garantieren“, erklärt er. Das Wort „garantieren“ nimmt er sogleich zurück und zitiert mit einem Lachen eine fast 25 Jahre alte NDR-Doku: „Der Sheriff von Hesel“. In dieser sagt der Protagonist, ein Polizist: „Die einzige Aufgabe der Polizei kann eigentlich nur darin bestehen, dass man das reibungslose Zusammenleben der Menschen garantiert. Ah, ,garantiert‘ ist zu übertrieben. Versucht, versucht zu regeln und zu garantieren. Das ist nur ein Versuch, das gelingt ja nicht immer.“

Am MEET trifft sich der gebürtige Ennigerloher mit Yvonne Höppener, der Sicherheitskoordinatorin des Gebäudes, um sich mit ihr ein neues Gerät anzuschauen – einen Graphitisierungsofen. Diesen nutzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um recycelte Materialien durch Temperaturen von 3.000 Grad Celsius und eine Haltezeit von bis zu zehn Stunden in synthetische Graphite umzuwandeln, die nach weiteren Arbeitsschritten in Lithium-Ionen-Batterien eingesetzt werden können. Das Gerät wurde vor Kurzem eingebaut, Björn Alberternsts Team hat die Planung begleitet. Heute möchte er den Ofen zum ersten Mal im Gebäude sehen und begutachten. „Wir sind sehr froh, dass uns die Stabsstelle beim Arbeitsschutz unterstützt“, betont Yvonne Höppener. Björn Alberternst unterstreicht sogleich, dass Arbeitsschutz immer eine gemeinsame Anstrengung sei. „Wir arbeiten eng mit den Personalräten, Vorgesetzten, Beschäftigten und Betriebsärzten zusammen. Wir können und wollen nirgendwo hineinregieren, sondern mit allen Beteiligten gute Lösungen finden.“ Wichtig sei, dass der Arbeitsschutz früh mitgedacht und berücksichtigt werde, da so nicht nur Gefahren abgewendet, sondern auch Komplikationen und Folgekosten, etwa durch Nachrüstungen, vermieden werden können.

Ziel des Termins war der Hochtemperaturofen, doch ist es kein Zufall, dass Björn Alberternst bei diesem „Außeneinsatz“ das MEET auf der Agenda hat. „Es ist eins der Vorbilder in Sachen Arbeitsschutz“, erklärt der in England diplomierte EHS-Manager, wobei EHS für Environment, Health & Safety steht. Darum führt Yvonne Höppener durch weitere Bereiche des Gebäudes, der Arbeitsschützer hat allerlei Anlass, Lob auszusprechen und zu veranschaulichen, wie es laufen kann. So nutzt das MEET die sogenannte 5S-Methodik, die ein japanischer Automobilhersteller entwickelt hat und dazu dient, Arbeitsplätze sauber, sicher und übersichtlich zu gestalten. „Neben der stetigen Verbesserung des Arbeitsschutzes zeichnet sich das MEET dadurch aus, dass es eine klare Verantwortungsstruktur gibt“, erklärt Björn Alberternst. „Nichts ist so unsicher wie Unsicherheit.“ So offen er sich beispielsweise gegenüber moderner Führung und flexiblen Lösungen zeigt, so betont er, dass es auch klare Anweisungen für einen effektiven Arbeitsschutz brauche.

Mit dem neuen Graphitisierungsofen ist alles in Ordnung, der nächste Termin steht an. Mit seinem „Hofauto“, wie Björn Alberternst seinen VW nennt, geht es zurück zum Johann-Krane-Weg. „Hofauto“ bedeutet aber nicht, dass Björn Alberternst auf einem Bauernhof wohnt, sondern dass er den Wagen als Arbeitsgefährt ansieht – auch und vor allem in seiner Freizeit. In der ist der 42-Jährige nämlich vor allem gern unterwegs. „Es gibt für mich nur wenige Gründe, warum ich am Wochenende ein Haus betreten sollte.“ Lieber ist er an der frischen Luft, indem er beispielsweise seinem Ehrenamt für den Landschaftsverband Westfalen-Lippe nachgeht. Er ist Schatzsucher, genauer gesagt Metallsucher für die Altertumskommission für Westfalen, die unter anderem nach aufgegebenen Siedlungen sucht. Björn Alberternst hat einige Erfolge vorzuweisen, so hat er auch schon Schatzfunde gemacht, die unter anderem im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster liegen.

Am Johann-Krane-Weg geht es nun aber nicht um verborgenes Gold. Eine kleine Schatzkammer kann und möchte Björn Alberternst dennoch präsentieren und bewerben. Nur wenige Meter von der StabAU entfernt, in einem Nachbargebäude, hat die Stabsstelle zwei Ankleideräume eingerichtet. In Kooperation mit einem Osnabrücker Unternehmen können Unibeschäftigte dort persönliche Schutzausrüstung (PSA) und Arbeitskleidung anprobieren: Sicherheitsschuhe, Brillen, Kittel, orthopädische Einlagen, Gehörschutz und mehr. Nach der vorherigen Anmeldung kommen die Beschäftigten donnerstags zwischen 8 und 14 Uhr mit dem Ausstatter aus Osnabrück zusammen und suchen die bestmögliche Ausrüstung aus über 1.000 Artikeln für den jeweiligen Job aus. „Wir sind froh, dass wir den hohen Ansprüchen an der Uni gerecht werden können, und legen großen Wert darauf, die Akzeptanz für die PSA stetig zu erhöhen. Denn die beste Ausrüstung nützt nichts, wenn sie nicht getragen wird, etwa weil sie unbequem oder unhandlich ist“, unterstreicht Björn Alberternst. Er ist sichtlich stolz auf dieses Angebot, weshalb er zu dem Termin auch seine Kolleginnen Julia Zatzkowsky und Janina Wilhelm eingeladen hat. Als Geschäftszimmer der StabAU koordinieren sie die Termine und Bestellungen. „Mir ist es wichtig, zu zeigen, dass es Menschen sind, die Arbeitsschutz organisieren und fleißig nach Lösungen suchen“, sagt Björn Alberternst.

Dieser Arbeitstag, wie jeder andere von Björn Alberternst, steht im Zeichen des Arbeitsschutzes und der Menschen. In seinem Büro, es ist inzwischen Mittag, holt er Eis aus dem Gefrierfach, kümmert sich um seine Gäste. Gemeinsam am Tisch sitzend zeigt sich wie zuvor, dass Björn Alberternst mindestens zwei Seiten hat, die ihm wichtig sind in seinem Beruf. Er könne sich „rezipientengerecht“ ausdrücken, sagt er. Was das bedeutet? Ihm sind Spaß, Freude, Flexibilität wichtig. Er kann und muss aber auch klar und deutlich werden. „Mein gesetzlicher Auftrag besteht darin, zu beraten und auf die Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen hinzuwirken. Dabei bin ich nicht weisungsgebunden, sondern nur meinem erwähnten gesetzlichen Auftrag verpflichtet“, betont er. Mit Mindestansprüchen gebe er sich nicht zufrieden. „Die gibt es im Arbeitsschutz nicht. Mir geht es immer darum, stetig danach zu fragen, wie es noch besser und sicherer geht.“ So gut er sich mit Normen und Vorschriften auskennt, ein Theoretiker ist Björn Alberternst – in diesem Fall leider – nicht. Vor allem aufgrund seiner mehrjährigen Tätigkeit in der Industrie weiß er, wie es aussieht, wenn Arbeitsschutz missachtet wird oder nicht greift. Er hat schwerste Verletzungen und Schlimmeres gesehen. Darum spricht er so leidenschaftlich über seine Arbeit und seinen Auftrag. Damit meint er nicht einfach seine gesetzliche Verantwortung, sondern vor allem die Moral: Sich um andere zu kümmern, andere zu schützen – auch vor sich selbst, vor psychischen Belastungen, die zu arbeitsbedingten Erkrankungen oder gar Arbeitsunfällen führen können.

Die Sonne steht hoch am Himmel, die Stadt ächzt weiterhin unter der Hitze. Am Nachmittag, nachdem Björn Alberternst sich im Team besprochen und E-Mails abgearbeitet hat – von ihnen habe er in zweieinhalb Jahren an der Uni schätzungsweise 15.000 bekommen – steht aber noch ein Termin am Germanistischen Institut an. Dort findet am Abend ein Sommerfest statt, zu dem mehrere hundert Gäste erwartet werden. Björn Alberternst ist derzeit nicht nur für den Arbeitsschutz in der Stabsstelle zuständig, er vertritt auch eine Kollegin, die den Brandschutz verantwortet. Darum trifft Björn Alberternst seinen Kollegen und Brandschutzbeauftragten Reinhold Düsterhues. Im Innenhof des Instituts sprechen sie mit dem Veranstaltungsteam. Es geht um die Hitze, die Versorgung der Besucherinnen und Besucher mit Wasser, um den Grill und die von ihm ausgehende Brandgefahr, um Rettungs- und Fluchtwege.

Für den Abend sind Gewitter angekündigt. Als dem Autor dieser Zeilen am Ende des Termins in der sengenden Hitze und erfüllt vom Wunsch nach Feierabend auffällt, dass sein Fahrradreifen platt ist, bietet Björn Alberternst umgehend an, ihn nach Hause zu bringen – obwohl er selbst nach einem anstrengenden Arbeitstag fast eineinhalb Stunden Heimweg vor sich hat. Ein weiteres Beispiel dafür, dass Björn Alberternst unabhängig von der Art, wie er etwas sagt, immer daran gelegen ist, Menschen zu schützen, Gesundheit zu bewahren und anderen zu helfen.

Autor: André Bednarz

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