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Münster (upm/ch).
Ein Blick ins Labor. Im Hintergrund ein Rastertunnelmikroskop, im Vordergrund zwei Monitore mit mikroskopischen Aufnahmen und Daten.<address>© Uni MS - Harry Mönig</address>
Ein Blick ins Labor: Das münstersche Team untersuchte das Adsorbtionsverhalten der Nanogürtel mit Rastertunnelmikroskopie.
© Uni MS - Harry Mönig

Neue Studie stellt selbstorganisierende leitende Nanostrukturen vor

Japanisch-Deutsches Forschungsteam synthetisiert thiophenhaltige Nanogürtel / Analyse legt Struktur und Verhalten der Moleküle offen

Auf der Suche nach nützlichen Materialien lohnt sich ein genauer Blick auf kleinste Strukturen: Im Nanobereich weisen Materialien manchmal einzigartige Eigenschaften auf, zum Beispiel im Hinblick auf die elektrische Leitfähigkeit. Dazu zählen Nanokohlenstoffe wie das kugelförmige C60-Molekül, Nanoröhren und das zweidimensionale Graphen. Auch für gürtelförmige Verbindungen aus Kohlenstoffringen sagen theoretische Überlegungen interessante Eigenschaften voraus. Beispielsweise könnten sie als optoelektronische Bauteile eingesetzt werden oder in „selbstheilenden Materialien“, deren Moleküle sich selbst zu regelmäßigen Strukturen zusammenfügen. Ein japanisch-deutsches Forschungsteam, darunter Wissenschaftler vom Organisch-Chemischen Institut sowie vom Physikalischen Institut der Universität Münster, hat nun derartige Kohlenstoffnanogürtel hergestellt und analysiert.

Die Grafik zeigt Kohlenstoff-Nanogürtel und Thiophenderivate (schwefelhaltige Kohlenstoffringe), die in der Chemie für verschiedene Anwendungen interessant sind. Das japanisch-deutsche Forschungsteam fusionierte erstmals beide Verbindungen (ebenfalls grafisch dargestellt).<address>© Copyright: H. Shudo et al. (2025); DOI: 10.1038/s41467-025-55896-w / CC BY-NC-ND 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/)</address>
Kohlenstoff-Nanogürtel und Thiophenderivate (schwefelhaltige Kohlenstoffringe) sind in der Chemie für verschiedene Anwendungen interessant. Das japanisch-deutsche Forschungsteam fusionierte erstmals beide Verbindungen.
© Copyright: H. Shudo et al. (2025); DOI: 10.1038/s41467-025-55896-w / CC BY-NC-ND 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/)
Nanogürtel an sich wurden bereits häufig synthetisiert, aber die neuen Nanogürtel enthalten erstmals Thiophen, eine ringförmige Verbindung aus vier Kohlenstoffatomen und einem Schwefelatom. „Thiophenbasierte Materialien kommen unter anderem als Halbleiter zum Einsatz. Wir haben nun gezeigt, dass Thiophen in Nanogürtel integriert werden kann“, betont der münstersche Chemiker Prof. Dr. Bart Jan Ravoo. Bisher gebe es zwar noch keine Anwendung der Nanogürtel, „aber jede erfolgreiche Synthese bringt uns näher an das Ziel, Verbindungen für maßgeschneiderte optoelektronische Bauelemente herzustellen.“

Die gebildeten Moleküle sind neutral geladen, aber stark polarisiert, da sich alle Schwefelatome auf der gleichen Seite des Gürtels befinden. Das führt dazu, dass sich die Moleküle im Kristallverbund sehr stark anziehen und säulenförmig stapeln, und es prädestiniert sie dafür, großflächige, geordnete Strukturen auf Oberflächen zu erzeugen. „Die Ergebnisse auf Gold und Kupfer unterschieden sich überraschend stark“, sagt Physiker Dr. Harry Mönig. „Auf Goldoberflächen sammeln sich die Moleküle an atomaren Stufenkanten, wobei die Schwefelatome zur Oberfläche hinzeigen. Auf Kupfer sammelten sich die Moleküle im Gegensatz dazu in großen Inseln auf den flachen Kristallebenen. Die Schwefelatome zeigen in diesem Fall von der Oberfläche weg.“

Reihe oben: experimentelle Rastertunnelmikroskop-(RTM-)Aufnahme der Nanogürtel auf einer Goldoberfläche (links), Simulation des Nanogürtels auf der Goldoberfläche (Mitte) und RTM-Simulation (rechts); Reihe unten: analog: Nanogürtel auf Kupferoberfläche<address>© Copyright: H. Shudo et al. (2025); DOI: 10.1038/s41467-025-55896-w / CC BY-NC-ND 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/)</address>
Reihe oben: experimentelle Rastertunnelmikroskop-(RTM-)Aufnahme der Nanogürtel auf einer Goldoberfläche (links), Simulation des Nanogürtels auf der Goldoberfläche (Mitte) und RTM-Simulation (rechts); Reihe unten: analog Nanogürtel auf Kupferoberfläche
© Copyright: H. Shudo et al. (2025); DOI: 10.1038/s41467-025-55896-w / CC BY-NC-ND 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/)
Die Synthese erfolgte an der Universität Nagoya (Japan), ausgehend von bereits bekannten Verbindungen in nur einem Schritt und in sehr hohen Ausbeuten. Ermöglicht durch die „International Research Training Group Münster-Nagoya“ (IRTG 2678), ein japanisch-deutsches-Austauschprogramm, konnte die münstersche Expertise im Bereich der Oberflächenchemie genutzt werden: Dem Team gelang es erstmals, die Moleküle zu verdampfen, um sie lösungsmittelfrei auf Oberflächen zu analysieren Das Adsorbtionsverhalten der Moleküle auf verschiedenen Metalloberflächen untersuchten die Münsteraner mit Rastertunnelmikroskopie. Dabei deckten sie die Struktur im submolekularen Bereich auf und zeigten, welche Wechselwirkungen zwischen den Molekülen beziehungsweise zwischen einem Molekül und der jeweiligen Oberfläche zum Tragen kommen. Die experimentellen Studien wurden durch Computersimulationen ergänzt.

Die „Japan Society for the Promotion of Science”, das Ministerium für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie in Japan sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützten die Arbeit finanziell.

 

Originalveröffentlichung

Hiroki Shudo et al. (2025): Thiophene-fused aromatic belts. Nature Communications 16, 1075; DOI: 10.1038/s41467-025-55896-w

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