Millionenförderung: Osmanische Handschriften im Mittelpunkt
Das Projekt „Corpus Musicae Ottomanicae“ (CMO) an der Universität Münster erhält eine Förderung von rund zweieinhalb Millionen Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), um weiterhin Musikhandschriften aus der Türkei und weiteren vorderasiatischen Regionen zu erfassen und zu erforschen. Die DFG hat nun die vierte Förderphase genehmigt und unterstützt damit die Grundlagenforschung des internationalen Teams bis September 2027. „Unsere Arbeit erfährt viel Wertschätzung, das zeigt sich deutlich in der durchweg positiven fachlichen Rezeption“, unterstreicht der Projektleiter und Musikethnologe Prof. Dr. Ralf Martin Jäger. „Wir sind international zu einer Institution geworden, die mit der Universität Münster verbunden wird.“ Das CMO-Projekt, an dem außerdem die Max Weber-Stiftung in Bonn und das Deutsche Orient-Institut Istanbul beteiligt sind, gilt laut DFG auf dem Gebiet der Musikethnologie international als führend. Es sei ein wichtiges Segment in der musikwissenschaftlichen Forschung im deutschsprachigen Raum und in der Türkei.
In dem 2015 eröffneten Projekt arbeiten Expertinnen und Experten aus der Musikwissenschaft, den Digital Humanities, der Arabistik und den Islamwissenschaften. Sie analysieren diese vielfältige Musikkultur, geben osmanische Notenhandschriften heraus und erstellen einen Onlinekatalog über die Quellen. „Viele der untersuchten Handschriften sind erst seit kurzem zugänglich“, erläutert Ralf Martin Jäger. Für die Musikforschung wie auch für die Orientalistik seien diese Quellen demnach von erstrangiger Bedeutung. „Erstmals können wir damit historische Phänomene und Prozesse erschließen, beispielsweise den Kulturtransfer an den Grenzen Europas.“ Die Ergebnisse der kultursensiblen Forschungsarbeit werden digital und im Open Access (freier Zugang) aufgearbeitet.
Im Mittelpunkt des DFG-Langfristvorhabens steht bisher unerschlossenes Notenmaterial von osmanischer Kunstmusik aus dem 19. Jahrhundert. Neben notationstechnischen Fragen berührt die Arbeit auch länderübergreifende kulturtheoretische Aspekte, da sie eine Umbruchstelle in den Blick nimmt, die mit Überlieferungsverlusten verbunden war. In der Begründung der Förderzusage lobte die DFG die hohe Qualität des Editionsprojekts und dessen Modellcharakter für die Digital Musicology: „Der Umgang mit den Forschungsdaten lässt sich als exemplarisch bezeichnen – hinsichtlich der Erschließung, kritischen Dokumentation, Nutzbarkeit und nachhaltiger Verankerung.“ Darüber hinaus hoben die Gutachten das Potenzial der Datensätze sowie der noch aufzuarbeitenden Quellen für die Forschung hervor. Die kritische Quellenerschließung und der Datenfundus des CMO werde langfristig anderen Editionsprojekten nutzen sowie historische, sozio- und transkulturelle Studien ermöglichen.