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Münster (upm).
Linear polarisiertes Licht durchläuft einen atomar dünnen Halbleiter in einem Magnetfeld. Die Polarisation wird dabei gedreht und leicht elliptisch (schematische Darstellung).<address>© Nature Communications, ISSN 2041-1723 (online); CCL</address>
Linear polarisiertes Licht durchläuft einen atomar dünnen Halbleiter in einem Magnetfeld. Die Polarisation wird dabei gedreht und leicht elliptisch (schematische Darstellung).
© Nature Communications, ISSN 2041-1723 (online); CCL

Studie zeigt: 2D-Materialien können Lichtpolarisation drehen

Deutsch-indisches Forscherteam ermöglicht Schritt zu miniaturisierten optischen Isolatoren / Für die On-Chip-Integration optischer Computertechnologien

Seit Jahrhunderten ist bekannt, dass sich Licht in bestimmten Situationen wie eine Welle verhält. Einige Materialien sind in der Lage, die Polarisation – also die Schwingungsrichtung – der Lichtwelle zu drehen, wenn das Licht durch das Material hindurchgeht. Diese Eigenschaft wird in einer zentralen Komponente optischer Kommunikationsnetze genutzt, die als „optischer Isolator“ oder „optische Diode“ bezeichnet wird. Diese Komponente ermöglicht die Ausbreitung des Lichts in eine Richtung, blockiert aber jegliches Licht in die andere Richtung. In einer aktuellen Studie zeigen deutsche und indische Physiker nun, dass ultradünne zweidimensionale Materialien wie Wolframdiselenid die Polarisation sichtbaren Lichts bei bestimmten Wellenlängen unter kleinen, für die Anwendung auf Chips geeigneten Magnetfeldern um mehrere Grad drehen können. Die Wissenschaftler der Universität Münster und des Indian Institute of Science Education and Research (IISER) im indischen Pune haben ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Ein Problem herkömmlicher optischer Isolatoren ist, dass sie mit Abmessungen von Millimetern bis Zentimetern relativ groß sind. Daher war es bisher nicht möglich, miniaturisierte integrierte optische Systeme auf einem Chip zu schaffen, die mit alltäglichen elektronischen Technologien auf Siliziumbasis vergleichbar sind. Derzeitige integrierte optische Chips bestehen nur aus einigen Hundert Elementen auf einem Chip. Zum Vergleich: Auf einem Computerprozessorchip befinden sich viele Milliarden Schaltelemente. Die Arbeit des deutsch-indischen Teams ist daher ein Schritt nach vorn bei der Entwicklung miniaturisierter optischer Isolatoren. Die von den Forschern eingesetzten 2D-Materialien sind nur wenige Atomschichten dick und damit hunderttausendmal dünner als ein menschliches Haar.

„In Zukunft können zweidimensionale Materialien das Herzstück optischer Isolatoren werden und die On-Chip-Integration für heutige optische und künftige quantenoptische Computer- und Kommunikationstechnologien ermöglichen“, sagt Prof. Dr. Rudolf Bratschitsch von der Universität Münster. „Selbst die verhältnismäßig sperrigen Magnete, die für optische Isolatoren ebenfalls benötigt werden, könnten durch atomar dünne 2D-Magnete ersetzt werden“, ergänzt Prof. Dr. Ashish Arora vom IISER. Dies werde die Größe der photonischen integrierten Schaltkreise drastisch reduzieren.

Das Team entschlüsselte den Mechanismus, der für den von ihnen gefundenen Effekt verantwortlich ist: Gebundene Elektron-Loch-Paare, sogenannte Exzitonen, in 2D-Halbleitern drehen die Polarisation des Lichts sehr stark, wenn das ultradünne Material in ein kleines Magnetfeld gebracht wird. „Die Durchführung solch empfindlicher Experimente an zweidimensionalen Materialien ist nicht einfach, da die Probenflächen sehr klein sind“, betont Ashish Arora. Die Wissenschaftler mussten eine neue Messtechnik entwickeln, die etwa 1000-mal schneller ist als bisherige Verfahren.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Alexander-von-Humboldt-Stiftung, die indische Technologiestiftung I-Hub, das „Science and Engineering Research Board“ (SERB) des indischen Technologieministeriums sowie das indische Bildungsministerium unterstützten die Arbeit finanziell.

 

 

Originalveröffentlichung

Carey, B., Wessling, N.K., Steeger, P. et al. (2024): Giant Faraday rotation in atomically thin semiconductors. Nat Commun 15, 3082. DOI: 10.1038/s41467-024-47294-5

Weiterführende Literatur zur Messtechnik

Carey, B., Wessling, N.K., Steeger, P. et al. (2022): High-Performance Broadband Faraday Rotation Spectroscopy of 2D Materials and Thin Magnetic Films. Small methods; DOI: 10.1002/smtd.202200885

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