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Münster (upm/bhe).
Dr. Lena Frischlich<address>© AWK | Bettina Engel-Albustin</address>
Dr. Lena Frischlich
© AWK | Bettina Engel-Albustin

Informationen auf dem Prüfstand

Universitätsgesellschaft vergibt Förderpreis an Medienpsychologin und Wirtschaftswissenschaftler

Auszeichnungen, Veröffentlichungen und Teilnahme an Konferenzen: Die Nachwuchswissenschaftlerin Dr. Lena Frischlich und der Nachwuchswissenschaftler Dr. Hannes Mohrschladt haben mit ihrer Forschung bereits viel erreicht. Die Medienpsychologin klärt über die Gefahren von Propaganda und Desinformation für die Demokratie auf, der Wirtschaftswissenschaftler untersucht das menschliche Entscheidungsverhalten mit einem besonderen Fokus auf Finanzentscheidungen. Die Universitätsgesellschaft Münster e. V. verleiht beiden am 19. Juni den Förderpreis.

Der digitalen Manipulation die Stirn bieten

Online-Propaganda, Desinformationen und Hate Speech – das Forschungsthema von Dr. Lena Frischlich könnte aktueller nicht sein. „Die Reichweite von absichtlich verzerrten oder frei erfundenen Informationen, etwa Zitate, die manipuliert oder aus dem Kontext gerissen wurden, ist durch Online-Medien stark gewachsen“, betont die Kommunikationswissenschaftlerin. Wie gefährdet die Meinungsbildung und somit auch die Demokratie durch digitalisierte Manipulation sein kann, zeigt Lena Frischlich anhand von Inhaltsanalysen, sozialwissenschaftlichen Experimenten und computergestützten ‚big-data‘ Ansätzen auf. „Versuche der Manipulation finden sich auf allen digitalen Plattformen und zu allen Themen unserer Zeit. Wir müssen dringend verstehen, wann solche Versuche erfolgreich sind und wie sich die Nutzer dagegen schützen können.“

Kein Wunder, dass die 39-Jährige als Expertin für digitale Radikalisierungs- und Propagandaforschung gefragt ist. Nicht nur das Bundeskriminalamt und das Bundesministerium des Inneren stützen sich auf ihre Erkenntnisse, auch international stellt sie ihre Arbeit vor. Die Medienpsychologin forscht seit 2011 zur Inszenierung und Wirkung (extremistischer) Propaganda und medialer Gegenangebote. Sie studierte und promovierte in Köln und arbeitete von 2016 bis 2023 am Institut für Kommunikationswissenschaft in Münster. Seit 2018 leitet sie dort die Nachwuchsgruppe „DemoRESILdigital: Demokratische Resilienz in Zeiten von Online-Propaganda, Fake News, Fear und Hate Speech“. Im Sommer 2023 vertritt sie eine Professur für empirische Methoden der Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Lena Frischlich ist Sprecherin der Fachgruppe Medienpsychologie der deutschen Gesellschaft für Psychologie. Sie publiziert in kommunikationswissenschaftlichen und psychologischen Fachzeitschriften, aber auch in Publikationsorganen der Konflikt- und Friedensforschung. Neben mehreren Top-Paper-Awards für ihre Veröffentlichungen erhielt sie mehrere Preise für ihre Arbeit als Gutachterin. 2020 wurde sie in das Junge Kolleg der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste aufgenommen.

Für die Auszeichnung mit dem Förderpreis der Universitätsgesellschaft ist Lena Frischlich dankbar: „Ich freue mich von Herzen, und es ist mir eine große Ehre, das Institut für Kommunikationswissenschaft vertreten zu dürfen.“ Darüber hinaus erhoffe sie sich eine größere Aufmerksamkeit für das Thema Manipulation im Netz und die neuen Möglichkeiten zur Förderung demokratischer Resilienz.

Überraschende Einflüsse auf dem Finanzmarkt

Dr. Hannes Mohrschladt<address>© Hendrik Reinert</address>
Dr. Hannes Mohrschladt
© Hendrik Reinert
Eine noch junge Forschungsrichtung vertritt Dr. Hannes Mohrschladt. „Lange Zeit war die ökonomische Theorie vom Idealbild eines perfekt rationalen Homo Oeconomicus geprägt“, erläutert der Nachwuchswissenschaftler. „Behavioral Finance erweitert dieses Ideal um ein realistischeres Bild menschlicher Entscheidungen.“ So spiegeln Aktienpreise nicht zwingend den zugrundeliegenden Fundamentalwert der Aktie wider, zum Beispiel weil Investoren neue Kapitalmarktinformationen nicht vollständig korrekt verarbeiten. Die Ursachen einer derartigen verzerrten Informationsverarbeitung untersucht Hannes Mohrschladt in experimentellen Studien. Seine Forschung wird im Wesentlichen von der übergeordneten Frage geleitet, wie systematische Fehler im individuellen Verhalten Finanzentscheidungen und Marktpreise beeinflussen.

Der 31-Jährige interessiert sich vor allem für Fragen der Informationsverarbeitung und der systematischen Fehler, die Individuen dabei begehen. Passend zu dieser interdisziplinären Perspektive bedient er sich in seiner Forschung eines breiten Spektrums unterschiedlicher Methoden: Er arbeitet empirisch unter Verwendung von Kapitalmarktdaten, aus denen er Erkenntnisse zu individuellen Entscheidungen gewinnt. Hinzu kommen kontrollierte experimentelle Studien. Die Verhaltensmuster untersucht er anschließend mittels moderner ökonometrischer Methoden.

Hannes Mohrschladt forscht seit 2019 als Habilitand an vielfältigen Themen auf dem Gebiet der „Behavioral Finance“. Zuvor studierte er Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Finance, Accounting und Ökonometrie in Münster, Oslo und Kopenhagen. Am Finance Center Münster promovierte er zum Thema „Informationsverarbeitung von Investoren an Finanzmärkten“. Für seine Promotion zeichnete ihn das Rektorat der Universität Münster mit einem Dissertationspreis aus. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Ohio State University in Columbus forscht und lehrt Hannes Mohrschladt aktuell als akademischer Rat an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Zu seinen Lehrschwerpunkten zählen neben Behavioral Finance Ökonometrie und Kapitalmärkte. Seine Arbeit wird momentan durch Drittmittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Fritz-Thyssen-Stiftung gefördert.

„Der Förderpreis der Universitätsgesellschaft ist eine große Ehre“, unterstreicht Hannes Mohrschladt. „Er motiviert mich zusätzlich, gemeinsam mit meinen Co-Autoren weiterhin im wachsenden Bereich Behavioral Finance zu forschen.“

Autorin: Brigitte Heeke

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 4, 7. Juni 2023.

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