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Münster (upm/nk).
Steffen Trumpf genießt das satte Grün auf den Färöer-Inseln.<address>© privat</address>
Steffen Trumpf genießt das satte Grün auf den Färöer-Inseln.
© privat

Der Skandinavien-Erklärer

WWU-Alumnus Steffen Trumpf ist Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur in Kopenhagen

Wer in Deutschland Nachrichten aus Skandinavien liest, hat eine gute Chance, dass Recherchen von Steffen Trumpf dahinterstecken. Der WWU-Alumnus ist Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Kopenhagen und versorgt deutsche Medien mit Berichten aus Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen und Island. Von 8 bis 18 Uhr sichtet er die Nachrichtenlage in Skandinavien und überlegt, was für die deutschen Medienkonsumenten interessant sein könnte. „Ich mag es, den deutschen Leserinnen und Lesern die Ereignisse in Skandinavien nahezubringen – und zum Beispiel die komplizierte Regierungsbildung in Schweden oder die Hintergründe von Vulkanausbrüchen auf Island zu erklären“, berichtet der 34-Jährige. Ein Höhepunkt ist für ihn jedes Jahr die Bekanntgabe der Nobelpreisträger Anfang Oktober. „In diesen Fällen hat man nur Sekunden, bis man die Eilmeldung rausschicken muss.“

Steffen Trumpf war auch einer der ersten deutschen Journalisten, die die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg interviewten. „Mit ihr habe ich das erste Mal telefoniert, als sie Anfang 2019 vom Weltwirtschaftsforum in Davos per Zug aus der Schweiz nach Schweden zurückgekehrt ist – stilecht ist die Verbindung nach wenigen Minuten in einem deutschen Funkloch abgebrochen.“

Man muss in diesem Job gut organisiert sein.
Steffen Trumpf

Vor Ort in Kopenhagen ist er in einem Ein-Mann-Büro tätig. Wenn er vertreten werden muss, springt eine freie Mitarbeiterin ein. Zugleich steht er in engem Kontakt mit Kollegen überall auf der Welt, mit denen er thematische Anknüpfungspunkte hat. „Man muss in diesem Job gut organisiert sein“, erläutert der Journalist. „Die Medien verlassen sich darauf, dass die dpa schnell und korrekt berichtet. Ich finde das spannend und liebe diese Arbeit.“

Mit der Stelle als Skandinavien-Korrespondent hat Steffen Trumpf seinen Traumjob gefunden. Journalist war schon sein Berufsziel, als er als Jugendlicher in seiner Heimatstadt, dem niedersächsischen Nordenham, freier Mitarbeiter der Nordwest-Zeitung war. Ein Freund empfahl ihm Münster als Studienort, und so schrieb er sich 2008 zunächst für Sportwissenschaft und Geschichte ein, mit dem Plan A, Sportjournalist zu werden – und dem Plan B, ins Lehramt zu gehen. Plan B verwarf er bald und setzte alles auf die Journalismus-Karte. Sein zweites Fach wurde Skandinavistik, inklusive Auslandssemester in Stockholm. „Ich war immer schon skandinavienaffin, und mich hat die Aussicht gereizt, gleich drei Sprachen – Schwedisch, Dänisch und Norwegisch – abzudecken.“ Besonders gerne erinnert er sich an den Zusammenhalt unter den Studierenden, vor allem in der Sportwissenschaft. „Ich habe immer gesagt: An der WWU gibt es keinen Egoismus. Alle haben sich als Team verstanden.“

Nach dem Abschluss des Bachelors im Jahr 2012 begann Steffen Trumpf ein Volontariat bei der dpa in Berlin; im Studium hatte er bereits ein Praktikum im dpa-Büro in Münster absolviert. Nach dem Volontariat schickte die Nachrichtenagentur den jungen Journalisten zunächst für zwei Jahre ins australische Sydney, von wo aus er die deutschen Medien mit Nachrichten versorgte, wenn in Deutschland Nacht war. „Für mich als Sportler war Australien klasse“, schwärmt er. „Die australische ‚No-worries-Mentalität‘ kam mir sehr entgegen, und nach der Arbeit konnte ich surfen gehen.“ 2016 ging es wieder zurück nach Deutschland, er pendelte zwischen Münster und Berlin. Anfang 2019 war es so weit – er trat die Stelle in Kopenhagen an. In der dänischen Hauptstadt wohnt er im Stadtteil Amager, der direkt am Öresund mit seiner beeindruckenden Öresundbrücke liegt. „Beim Joggen schaue ich aufs Wasser“, sagt Steffen Trumpf begeistert.

An den Skandinaviern schätzt er ihre sympathische Offenheit. „Sie freuen sich, wenn sie merken, dass ich Schwedisch oder Dänisch spreche, und fragen nach, wie es dazu kam.“ In Sachen Freundlichkeit lässt er aber auch auf seine Studienstadt Münster nichts kommen. „Als ich dort zum ersten Mal in einer Kneipe war, habe ich versehentlich einen zwei Meter großen Typen angerempelt. Aus meinen Erfahrungen in Nordenham wusste ich: Oh je, das gibt Stress. Doch der Mann drehte sich um und sagte: ‚Entschuldigung, dass ich dir im Weg stand.‘ Münster ist die freundlichste deutsche Stadt, die ich kenne.“ In Skandinavien, sagt er, habe er diese Freundlichkeit wiedergefunden.

Auf den Färöern ist der Fußball noch nahbar.
Steffen Trumpf

Ein Ort hat es dem Journalisten dabei besonders angetan: die Färöer-Inseln, die ein autonomer Teil des Königreichs Dänemark sind. Ihnen hat er ein Buch gewidmet. In „Ellivu Freunde müsst ihr sein“ berichtet er in Reportagen und Interviews von der großen Fußballleidenschaft der kleinen Nation mit 53.000 Einwohnern. Seit der Europameisterschaftsqualifikation in den Jahren 2002 und 2003 fasziniert ihn dieses Land – damals spielte Deutschland gegen die Färöer. Zum 30. Geburtstag erfüllte er sich den Wunsch einer Reise dorthin. Die hohen Klippen, die Fjorde und die vielfältige Natur der Inselgruppe beeindruckten ihn – und der „echte Fußball“, den er dort vorfand. „Bei uns hat sich der Fußball falsch entwickelt“, findet der Werder-Bremen-Fan. „Es dreht sich alles nur noch um Geld und teure Sportwagen. Auf den Färöern ist der Fußball noch nahbar. Dort bringen die Kinder ihre Bälle bei Ligaspielen der Erwachsenen mit ins Nationalstadion und rennen in der Halbzeitpause einfach auf den Rasen, um selbst zu spielen.“

Für das Buch hatte er 2021 ein Jahr Zeit zur Recherche. „Das war eine wohltuende Abwechslung zu der schnellen Berichterstattung, die meinen Alltag prägt.“ Das Ergebnis ist ein Reise- und Fußballbuch zugleich. Steffen Trumpf hofft, dass es möglichst viele Fußballbegeisterte auf die Färöer-Inseln lockt, und dass er den deutschen Lesern ein bisher unbekanntes Stück Skandinavien näherbringen kann.

Autorin: Nora Kluck

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 7, 16. November 2022.

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