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Münster (upm/kn)
Keine Region in Deutschland wird vom demografischen Wandel verschont bleiben. Doch die Folgen sind regional sehr unterschiedlich.<address>© WWU - gucc</address>
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"Polarisierung des demografischen Wandels wird zunehmen"

Keine Region in Deutschland wird vom demografischen Wandel verschont bleiben

Keine Region in Deutschland wird vom demografischen Wandel verschont bleiben. Doch die Folgen sind regional sehr unterschiedlich. Dr. Christian Krajewski, Akademischer Oberrat am Institut für Geographie der WWU, erklärt im Gespräch mit Kathrin Nolte, womit Städte und ländliche Gegenden zu kämpfen haben.

Welche Auswirkungen hat der demografische Wandel auf die Regionen in Deutschland?
Städte und Regionen sind von den Folgewirkungen in unterschiedlicher Art und Weise betroffen. Einerseits haben wir Schrumpfungsregionen – überwiegend ländlich-periphere Räume sowie Regionen im Strukturwandel wie das Ruhrgebiet, die durch eine Bevölkerungsabnahme aufgrund rückläufiger Geburtenzahlen und Abwanderung vor allem von jungen Menschen sowie durch zunehmende Alterung der Bevölkerung gekennzeichnet sind. Auf der anderen Seite stehen als Gewinner die sogenannten Schwarmstädte, also Groß- und Universitätsstädte, die besonders von der Bildungszuwanderung junger und internationaler Menschen profitieren.

Verstärkt demnach der demografische Wandel die ohnehin bestehenden Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten?
Definitiv, die Polarisierung wird weiter zunehmen. In den Wachstumsregionen haben wir angespannte Wohnungsmärkte mit zum Teil stark steigenden Preisen sowie Überlastungserscheinungen bei der Infrastruktur – am sichtbarsten häufig beim Verkehr. Sinkt und altert die Bevölkerung in sogenannten Schrumpfungsregionen überproportional stark, werden Aufrechterhaltung und Finanzierung der Daseinsvorsorge insbesondere auf dem Land immer schwieriger. Das ist eine große Herausforderung für die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilregionen.

Wie können beziehungsweise müssen sich die Schrumpfungsregionen dem demografischen Wandel anpassen?
Diese Regionen müssen sich vor allem den drängenden Themen Digitalisierung, Mobilität und Erreichbarkeit, neues Arbeiten sowie Wohnen und Leben widmen. Sie müssen individuelle Konzepte entwickeln, um vor allem für junge Menschen attraktiv zu werden, um beispielsweise mit Bleibestrategien dem Fachkräftemangel zu begegnen und um älteren Menschen Komfort wie Barrierefreiheit und Servicequalität zu bieten. Die Anpassung der Daseinsvorsorge richtet sich nicht nur an den Staat und die Privatwirtschaft, sondern baut auch auf die Selbstverantwortung der Bürgerinnen und Bürger im Sinne einer lokalen und regionalen Governance.

Dieses Interview stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 1, 2. Februar 2022.

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