"Die Antike in modernem Antlitz"
Zahlreiche Vitrinen – noch leer, aber mit Zetteln für die geplante Bestückung. Angedeutete Wandbeschriftungen mit Jahreszahlen und Epochen sowie Leitbegriffe der Antike wie Mythologie, Totenkult oder Götter. Und einige Handwerker im unfertigen Ambiente. Die Ausstellung der verschiedenen Archäologien der Universität Münster im Fürstenberghaus ist derzeit noch im Wiederaufleben. Skizzen zeigen, was noch kommt. Durch die Fensterfront am Domplatz sind Altertum, griechische Antike und Rom derzeit nur zu erahnen.
Der Weg durch das modernisierte, räumlich (von 250) auf gut 500 Quadratmeter vergrößerte und barrierefreie Museum ist spannend, weil das Neue schon spürbar wird. Auch durch den Stolz in den Worten von Dr. Helge Nieswandt: "Die 'Einraum'-Zeit ist vorbei. Wir sind jetzt ein echtes Museum", sagt der Kustos des Archäologischen Museums. Es ist eine der Stätten der neu entstehenden Museumsmeile in Münsters Pferdegasse. Die Universität investierte knapp 1,5 Millionen Euro. Um Kennern der Örtlichkeit die Dimension klar zu machen: Stand man früher als Besucher am Eingang, hatte man mit dem einen Raum (Lothar-Zelz-Saal) schon das ganze Museum gesehen. Unter Umständen reichte früher ein Viertelstündchen, um die Antike (ohne Führung) zu durchschreiten.
Heute findet sich im Erdgeschoss ein zu museumtypischen Zeiten dauerhaft besetzter Empfang mit einem kleinen Shop. Erste Vitrinen mit antiken Münzen aus griechischer und römischer Zeit sowie Goethes Spruch "Man kann das Gegenwärtige nicht ohne das Vergangene erkennen" eröffnen den Rundgang. Die Weisheit verdeutlicht zwei Anliegen des universitären Museums. "Wir repräsentieren alle an der Universität vertretenen Archäologien für Studierende und für die Öffentlichkeit", erläutert Museumdirektor Prof. Dr. Achim Lichtenberger. Dazu gehören unter anderem die Klassische Archäologie (Griechen, Römer), die Vorderasiatische Archäologie (Assyrien, Babylonien, Persien), die Archäologie des antiken Ägypten, die Ur- und Frühgeschichte, die frühchristliche, byzantinische und frühislamische Kulturgeschichte sowie – als Neuheit – Leihgaben der Abteilung für Bodendenkmalpflege und Archäologie der Stadt Münster zur Stadtgeschichte.
"Wir wollen noch mehr als früher eine Stätte der Wissensvermittlung für die Stadtgesellschaft sein", so Achim Lichtenberger. Dazu gehört nicht nur die gläserne "Lehrwerkstatt", wo man bald dem Museumsteam bei Inventarisierung und Vermessung zusehen kann oder Archäologie-Studierenden, wenn sie die zeichnerische Dokumentation von Keramikfunden üben.
Im Erdgeschoss reihen sich Vitrinen zu allgemeinen Themen wie Krieg, Frieden, Medizin, Bildung und Sport aneinander. Zentraler Angelpunkt des Raumes ist ein großes Modell des Staatsmarktes von Athen (Agora). Er steht für die Wiege der Demokratie und erinnert an die bis heute geltenden Grundpfeiler des Gemeinwesens. Hinzu kommt die eigens für die große Friedenausstellung in Münster geschaffene Friedensgöttin Eirene. Ein bronzefarbener Gipsabguss nach der Statue des griechischen Bildhauers Kephisodot.
Bevor der Weg ins Untergeschoss – der frühere Fahrradkeller des Fürstenberghauses – führt, zeigen das Nebeneinander von Treppe und Aufzug weitere spürbare Veränderungen. Das gesamte Museum ist jetzt barrierefrei, hat eine Garderobe, einen eigenen WC-Bereich. Es gibt eine Klimaanlage und LED-Beleuchtung samt Verschattungstechnik der Fensterfront im Erdgeschoss. Die schützt das Interieur vor großen Temperaturschwankungen. "Alle Beschriftungen sind auf Deutsch und Englisch. Die ebenerdig stehenden Beschriftungstafeln sind für Erwachsene ebenso wie Kinder und Rollstuhlfahrer gut lesbar", ergänzt Helge Nieswandt stolz.
Im Untergeschoss hat jedes Spezialgebiet der Althistoriker seinen Platz. Beim Eintreten sorgt ein Beamer für einen regelmäßig wechselnden Blickfang an der Wand mit großen Fotos von Landschaften. So können alle in diesem Ausstellungsraum vertretenen Kulturräume hinsichtlich ihrer Geographie eingeordnet werden. Ein Zeitstrahl an der langen Wand – beginnend im 8. Jahrtausend v. Chr. und endend mit Münsters erstem Bischof Liudger im 8. Jahrhundert n. Chr. – zeigt alle Epochen von Antike und Altertum bis zur Christianisierung Münsters; eine große Karte des Mittelmeerraums verdeutlicht geographische Zusammenhänge.
Zu den bald dutzendweise ausgepackten Kartons kommt später – geplant ist 2021 – ein weiteres beeindruckendes Ausstellungsstück hinzu: die berühmte, aufwändig restaurierte "Münster-Mumie". Der altägyptische Holzsarg mit einer Mumie – derzeit als Leihgabe bei einer Mumienausstellung mit fünf Stationen in Japan – soll Hauptattraktion des Archäologischen Museums sein. Wobei: Das neue Museum selbst ist die Attraktion.
Autorin: Juliane Albrecht
Besucherservice
Zur Eröffnung am Freitag, 13. Dezember, hat die Öffentlichkeit ab 19.30 Uhr Zugang zum Archäologischen Museum und zum Bibelmuseum. Ab Samstag, 14. Dezember, sind beide Museen regulär – in Anlehnung an das gegenüberliegende LWL-Museum für Kunst und Kultur – täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet (montags geschlossen). Am Langen Freitag, der zweite Freitag im Monat, sind die Museen von 10 bis 22 Uhr geöffnet.
Kontakt
Archäologisches Museum: Tel. 0251 83-25412, E-Mail archmus@uni-muenster.de
Die Artikel stammen aus der Unizeitung wissen|leben, Nr. 7, November 2019.