|
Münster (upm/sr)
Moderne molekularbiologische Verfahren könnten zum Beispiel dazu beitragen, den Einsatz von chemischen Mitteln zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten im Weizenanbau zu verringern.<address>© Jonas Zürcher - Unsplash</address>
Moderne molekularbiologische Verfahren könnten zum Beispiel dazu beitragen, den Einsatz von chemischen Mitteln zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten im Weizenanbau zu verringern.
© Jonas Zürcher - Unsplash

Biologen wünschen sich neue Regeln für die Pflanzenzucht

Öffentlicher Appell von europäischen Wissenschaftlern an die EU / Beteiligung von WWU-Forschern

Vor genau einem Jahr hat der Europäische Gerichtshof ein Urteil zu genetischen Verfahren in der Pflanzenzucht gefällt: Die Richter entschieden am 25. Juli 2018, dass Pflanzen, die mit modernen, molekularbiologischen Verfahren gezüchtet werden (Genom-Editierung) in die Kategorie der sogenannten gentechnisch veränderten Organismen fallen. Diese Pflanzen sollen nach aktueller EU-Gesetzgebung streng reguliert werden – im Gegensatz zu Pflanzen, die mithilfe von konventionellen Methoden, der sogenannten Mutagenese, genetisch verändert sind.

Das Urteil überraschte viele Experten. Eines ihrer Argumente: Pflanzen, die zum Beispiel mit der Genschere Crispr/Cas9 erzeugt werden, seien nicht von Pflanzen unterscheidbar, die auf natürlichem Wege entstehen oder mit konventionellen Verfahren gezüchtet werden – ein Kriterium, das in anderen Ländern ausschlaggebend dafür sei, sie nicht in die Kategorie der genetisch veränderten Organismen fallen zu lassen.

Anlässlich des Jahrestags des Urteils machen europäische Pflanzenforscher erneut auf die Diskussion aufmerksam und appellieren gemeinsam an die EU, die Regelung zu ändern und die Nutzung neuer Methoden zu vereinfachen. Auch viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) beteiligen sich.

Ihre Argumente für eine Änderung der Regelung: Der Einsatz von modernen molekulargenetischen Verfahren könne dazu beitragen, die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion nachhaltiger und umweltverträglicher zu machen und den Pflanzenanbau an Klimaveränderungen anzupassen. „Trockenheit bedroht zunehmend die Ernteerträge, wie wir es auch in diesem Jahr wieder in Europa erleben. Um die Nahrungsmittelproduktion langfristig zu sichern, müssen alle zur Verfügung stehenden Technologien verantwortungsvoll genutzt werden“, betont unter anderem Prof. Dr. Jörg Kudla vom WWU-Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen. Mithilfe der modernen Pflanzenzüchtung könnten Wissenschaftler zum Beispiel neue Sorten entwickeln, die weniger anfällig gegen Krankheiten oder widerstandsfähiger gegen Trockenheit sind.

Die gegenwärtige europäische Gesetzgebung bedeutet für die Pflanzenzüchtung, dass langwierige und teure Prozesse durchlaufen werden müssen, um grundlegende Erkenntnisse in die Anwendung zu bringen. „Das vor einem Jahr gefällte Urteil ist ein Rückschlag für die angewandte Forschung. Man kann sagen, es ist der Tod moderner Verfahren in der Pflanzenzüchtung innerhalb der EU“, sagt Prof. Dr. Dirk Prüfer, Pflanzenbiotechnologe an der WWU. „Das derzeitige Regelwerk sollte im Sinne einer verantwortungsvollen Nutzung der Genomeditierung geändert werden, sodass auch Europa zukünftig konkurrenzfähig bleibt und die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft ermöglicht wird.“

Links zu dieser Meldung