Untersuchungen zur skulpturalen Qualität von Proteinen

Antragsteller: Jan Schmücker
Fachbereich, Studienrichtung: FB 12 Chemie und Pharmazie, Arzneimittelwissenschaften
Projekttitel: Untersuchungen zur skulpturalen Qualität von Proteinen
Fördersumme: 5.000,00 Euro
Kontakt: Jan Schmücker

 

Projektbeschreibung
Ziel dieses Projekts war es, die räumliche, molekulare Struktur eines Proteins am Computer frei zu entwerfen und anschließend zu testen, ob sich ein solches Protein biotechnologisch produzieren lässt. Die unterschiedlichen Arbeitsschritte des Projekts, also Entwurf und Modellierung der Struktur am Computer, sowie die anschließenden Versuche, das Molekül im Labor zu produzieren und zu charakterisieren, sollten dabei einen praktischen Umgang mit der Idee des Moleküls als Skulptur darstellen.

Das Protein sollte auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bereich des Designs und der Strukturvorhersage von Proteinen entwickelt werden. Gemäß der zuvor in silico berechneten Modelle sollte sich also eine realistische Wahrscheinlichkeit ergeben, nach der sich das designte Protein auch tatsächlich mit der entsprechenden räumlichen Struktur bilden könnte.

Zunächst wurden die unterschiedlichen graphischen Visualisierungsmöglichkeiten von Proteinen erarbeitet, die jeweils unterschiedliche Aspekte des Moleküls (Oberfläche, räumlicher Backbone-Verlauf, atomgenaue Anordnung, …) ästhetisch in den Vordergrund stellen und andere ausblenden.

Auf dieser Basis wurde dann zur Modellierung der Proteinstrukturen die Software Rosetta genutzt, die im Rahmen des Projekts erfolgreich auf dem High-Performace-Computing-Cluster der WWU ‚PALMA-II‘ installiert wurde. Mit einer Kombination der Rosetta-Applikationen ‚fixed backbone‘ und ab initio-Modelling konnten mehrere theoretische Strukturen generiert werden, mit denen die Funktionalität der Software erprobt wurde. Hierbei stellten sich Proteinstrukturen in der Größenordnung von 10 kDa als eine für das Projekt geeignete Zielgröße heraus, da hier die charakteristischen Sekundärstrukturelemente alpha-Helix und beta-Faltblatt in der Gesamtstruktur gut erkenntlich bleiben. Mit dieser Methode konnte nach mehreren Versuchen eine molekulare Struktur berechnet werden, die aufgrund der konvergenten Monte Carlo Simulation für die weiteren praktischen Arbeitsschritte in Frage kam.

Die in silico Arbeit an dem Projekt war geprägt durch aktuelle Entwicklungen und Fortschritte auf dem Gebiet der computergestützten, theoretischen Chemie zur Strukturberechnung von Proteinen. Hier kam es innerhalb kurzer Zeit zur Publikation von wissenschaftlichen Arbeiten und Software, mit denen die bisherigen Computer-Methoden durch Programme, die auf neuronalen Netzen basieren, ergänzt und teilweise abgelöst wurden. Somit stand bereits wenige Monate nach Beginn des Projekts ganz neue Software zur Verfügung, die auch für die weitere Projektarbeit verwendet wurde: Mit dem neuen Programm „RoseTTAFold“ konnte eine weitere Molekülstruktur mit guter Modellqualität berechnet werden. Es lagen somit zwei am Computer berechnete und unter ästhetischen Gesichtspunkten gestaltete Strukturen vor.

Im weiteren Projektverlauf wurde untersucht, ob sich eines der beiden theoretischen Proteine auch praktisch im Laborversuch produzieren und charakterisieren lässt. Hierfür wurden Expressionsversuche mit Escherichia coli unter Verwendung eines T7-Promoter-basierten Plasmidvektors durchgeführt. Die Versuchsansätze wurden per His-Tag-Affinitätschromatographie, SDS-PAGE und mittels fluoreszierender Reporterproteine auf eine erfolgreiche Expression des Zielproteins untersucht. Leider konnte jedoch für keins der beiden gestalteten Proteinmodelle eine Expression im Laborversuch beobachtet werden.

Das Ergebnis des Laborversuchs wurde durch einen Vergleich mit den wissenschaftlichen Referenzpublikationen evaluiert. Dort werden vor allem High-Throughput-Methoden, sowohl bei der computergestützten Modellierung als auch bei der laborexperimentellen Charakterisierung, beschrieben. Neben einer möglicherweise nicht ausreichenden Modellqualität der beiden im Rahmen dieses Projektes gestalteten Proteinstrukturen könnte also auch die vergleichsweise kleine Anzahl an Versuchsansätzen der entscheidende Unterschied zu den publizierten Referenzarbeiten mit erfolgreicher Proteinexpression sein.

Neben der Durchführung und inhaltlichen Besprechung der Arbeit am Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie wurde das Projekt auch im Rahmen eines Seminarvortrags an der Kunstakademie Münster vorgestellt, sodass die Molekülstrukturen sowohl aus naturwissenschaftlicher Perspektive als auch hinsichtlich eines klassischen Skulpturbegriffs besprochen wurden. Besonders im Mittelpunkt stand hierbei die Rolle der graphischen Visualisierungsmodelle der Proteine, über die die dreidimensionale Struktur der mikroskopischen Moleküle visuell vermittelt und ihr skulpturales Potential gedanklich erschlossen werden kann. Darüber hinaus wurde diskutiert, in wie weit sich die wissenschaftlich technologische Arbeitsweise des Projekts als selbstständiger künstlerischer Prozess betrachten lässt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass viele der zuvor formulierten Projektziele erreicht wurden. Auch wenn die Laborversuche schlussendlich nicht das gewünschte Ergebnis geliefert haben, war es eine spannende und wertvolle Erfahrung, das Projekt durchzuführen. Insbesondere beim computergestützten Teil des Projekts war es interessant und ergiebig, sich die aktuellen Publikationen und Softwaremethoden zu erarbeiten und anzuwenden. Einige Programme, die erstmalig im Rahmen dieses Projekts auf dem Computer-Cluster der WWU installiert wurden, sind nun Teil des regulären Software-Katalogs.

Die Betreuung durch das Team der Geschäftsstelle der Forschungsprojekte Studierender bei der Antragstellung und bei Rückfragen während des Projektes war sehr gut. Auch die Unterstützung durch Prof. Dr. Jose und seine Arbeitsgruppe am Institut für pharmazeutische und medizinische Chemie war hervorragend und die Arbeitsatmosphäre dort war geprägt durch einen freundlichen, hilfsbereiten Umgang und einen inspirierenden fachlichen Austausch. Sehr gut war auch die Unterstützung durch das HPC-Team der WWU IT, das dabei half, die Software auf dem Computer-Cluster zu installieren und anzuwenden.

Bei allen Beteiligten möchte ich mich herzlich für die Unterstützung bedanken!