Aufbau eines internationalen Expertennetzwerks und Entwicklung einer Open-Source basierten Datenbank zum Thema Meta-Genauigkeit im Rahmen eines Forschungsaufenthalts an der University of British Columbia (Vancouver)

Antragstellerin: Leonie Hater
Fachbereich, Studienrichtung: Psychologie
Projekttitel: Aufbau eines internationalen Expertennetzwerks und Entwicklung einer Open-Source basierten Datenbank zum Thema Meta-Genauigkeit im Rahmen eines Forschungsaufenthalts an der University of British Columbia (Vancouver)
Fördersumme: 3.400,00 Euro
Kontakt: Leonie Hater

Projektbeschreibung:

Täglich treffen Menschen in sozialen Situationen Annahmen darüber, wie sie von anderen Personen wahrgenommen werden. Diese Einschätzungen, sogenannte Meta-Wahrnehmungen, beeinflussen wiederum maßgeblich das persönliche Erleben und Verhalten. Doch sind Meta-Wahrnehmungen überhaupt genau? Können Menschen zutreffend einschätzen wie andere ihre Eigenschaften beurteilen? Wenngleich einzelne Forschungsgruppen in den letzten Jahren erste Erkenntnisse zu Meta-Genauigkeit publiziert haben, sind viele Fragen bislang ungeklärt, zum Beispiel inwiefern sich Personen in ihrer Fähigkeit zur Meta-Genauigkeit unterscheiden und von welchen Merkmalen dies abhängt. Auch die Methodik der bisherigen Forschungsansätze ist noch wenig ausgereift. Mit dem Projekt wollte ich zum einen neues empirisches Wissen zu Meta-Genauigkeit generieren und zum anderen ein Expertennetzwerk und eine Open-Science basierte Datenbank aufbauen, um internationale Kooperationen und die zügige Weiterentwicklung von Theorie und Methodik zu ermöglichen.

Die Realisierung der Ziele erfolgte durch einen dreimonatigen Forschungsaufenthalt in Kanada. Die meiste Zeit verbrachte ich an der University of British Columbia (UBC) in Vancouver bei Prof. Dr. Jeremy Biesanz, einem der renommiertesten Wissenschaftler im Bereich interpersoneller Wahrnehmung und Urteilsgenauigkeit. Ich begann mit umfangreicher Literaturarbeit um bisherige Konzepte und Methoden zu Meta-Genauigkeit zu extrahieren und diese hinsichtlich ihrer Stärken und Schwachstellen zu analysieren. Aufbauend darauf entwickelten wir ein verbessertes statistisches Modell, welches die Beantwortung unterschiedlichster Fragestellungen zum Thema Meta-Genauigkeit ermöglicht. Dieses Modell verwendeten wir zur Datenanalyse eines Experiments, bei welchem untereinander unbekannte Studierende in Kleingruppen ein kurzes Gespräch führten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Teilnehmenden tatsächlich relativ gut einschätzen konnten, wie sie von der Gruppe wahrgenommen wurden. Diese Meta-Genauigkeit fiel jedoch geringer aus, wenn es um das differenzierte Urteil einzelner Gruppenmitglieder ging. Außerdem zeigten sich deutliche interindividuelle Unterschiede in der Fähigkeit zur Meta-Genauigkeit. So hatten unter anderem extravierte Personen genauere Meta-Wahrnehmungen. Weiterhin konnten wir einen signifikanten Einfluss von Selbsteinschätzungen und Stereotypen auf die Meta-Wahrnehmungen feststellen. Diese Befunde leisten einen wichtigen Beitrag zur Erweiterung des aktuellen Forschungsstandes und sollen in naher Zukunft in internationalen Fachartikeln publiziert werden.

Für den Aufbau des Expertennetzwerks organisierte ich neben der Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Jeremy Biesanz auch ein Treffen mit Prof. Dr. Erika Carlson von der University of Toronto Mississauga (UTM). Carlson forscht weltweit führend im Bereich der Meta-Genauigkeit. Unser Meeting in Toronto war sehr inspirierend und produktiv. Wir führten eine spannende fachliche Diskussion und ich konnte sie für eine Kooperation zwischen der WWU, der UBC und der UTM begeistern. Im Anschluss erstellte ich auf der Open-Science Plattform osf.io eine Projektseite zum Thema Meta-Genauigkeit. Über diese Seite können die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun Ideen und Methoden teilen, auf Literatur zugreifen und gemeinsam an neuen Forschungsprojekten arbeiten. Nur die Entwicklung und Einbindung der geplanten Datenbank konnte während der Projektzeit nicht mehr umgesetzt werden. Dies ist jedoch als zukünftiger Arbeitsschritt festgehalten. Neben den aktuell beteiligten Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Mitja Back von der WWU, von Prof. Dr. Jeremy Biesanz und von Prof. Dr. Erika Carlson können in Zukunft natürlich auch weitere Interessierte in das Expertennetzwerk integriert werden.

Insgesamt ist die Umsetzung des Projektes als erfolgreich zu beurteilen. Zum einen hat es die Forschung zu Meta-Genauigkeit deutlich vorangetrieben. Zum anderen hat es durch den intensiven Austausch im internationalen Wissenschaftskontext und im privaten Umfeld die Sichtbarkeit der WWU gestärkt und sie als international agierende, Open-Science unterstützende und innovativ forschende Universität positioniert. Es ist davon auszugehen, dass die geplanten Fachpublikationen und die Möglichkeit weiterer Kooperationsprojekte diese Sichtbarkeit der WWU und ihre Bedeutung für die Forschung zu Meta-Genauigkeit langfristig verfestigen werden.