ImAPP – Implemented Anticipation beim Problem Posing

Antragstellerin: Luisa-Marie Hartmann
Fachbereich, Studienrichtung: FB 10 - Mathematik und Informatik, IDMI – Institut für Didaktik der Mathematik und der Informatik,
Projekttitel: ImAPP – Implemented Anticipation beim Problem Posing
Fördersumme: 4.720 ,00 Euro

Mathematik ist ein Teil unseres alltäglichen Lebens. Sie hilft, Aspekte verschiedener außermathematischer Bereiche (z.B. Online-Banking) zu verstehen und weiterzuentwickeln. Das Lösen von realweltlichen Problemen mit Hilfe der Mathematik wird als mathematisches Modellieren bezeichnet. In außerschulischen Situationen liegen mathematische Probleme nur selten vorgefertigt vor, sondern müssen zunächst identifiziert und entwickelt werden, bevor eine Lösung generiert werden kann. Zur Entwicklung mathematisch lösbarer Probleme in realweltlichen Situationen (Problem Posing) sind anspruchsvolle Übersetzungsprozesse zwischen der realen Welt und der Mathematik notwendig, in denen mathematische Strukturen und Operationen antizipiert werden müssen. Die wissensbasierte Antizipation nachfolgend notwendiger Mathematisierungen wird als Implemented Anticipation bezeichnet. Die Antizipation mathematischer Strukturen und Operationen während des Problem Posings kann einen zentralen Gelingensfaktor für die Entwicklung angemessener mathematisch lösbarer Probleme darstellen. Bislang fehlt es jedoch an Erkenntnissen zur Bedeutsamkeit und Existenz von Implemented Anticipation im Rahmen des Problem Posings.

Um einen Beitrag zur Schließung der Forschungslücke zu leisten, wurde im Rahmen des Forschungsprojekts ImAPP (Implemented Anticipation beim Problem Posing) in Kooperation mit der dänischen Forschergruppe um Prof. Dr. Mogens Niss (Roskilde University) und Prof. Dr. Uffe Jankvist (University of Aarhus) ein Kategoriensystem zur Analyse von Implemented Anticipation beim Problem Posing entwickelt.

Die Entwicklung des Kategoriensystems basierte auf der Reanalyse der Daten von sieben angehenden Lehrkräften, die instruiert wurden, basierend auf realweltlichen Situationen eigene Aufgaben zu entwickeln. Die intensive Zusammenarbeit mit der Forschergruppe ergab, dass die Existenz und die Natur von Implemented Anticipation in den Problem Posing Prozessen von der Rolle abhängt, in der sich die Problem Poser während des Entwicklungsprozesses befinden. Daher wurde neben dem Kategoriensystem zur Beschreibung von Implemented Anticipation im Problem Posing Prozess ein Kategoriensystem zur Identifizierung der Rolle, in der sich die Problem Poser im Entwicklungsprozess befinden, entwickelt. Durch die Arbeit am Material in Kooperation mit der dänischen Forschergruppe konnten demnach über das antizipierte Ziel hinaus, neue Einblicke in den Modellierungsprozess aus einer Problem Posing Perspektive gewonnen werden. Dies liefert sowohl neue Erkenntnisse im Bereich der Problem Posing als auch im Bereich der Modellierungsforschung.

Durch das Forschungsprojekt konnten insgesamt alle für das Forschungsvorhaben formulierten Ziele erreicht werden und darüber hinaus spannende neue Einblicke in das mathematische Modellieren aus einer Problem Posing Perspektive gewonnen werden. Erste Analysen zeigen, dass Implemented Anticipation einen zentralen Gelingensfaktor für die Entwicklung eigener mathematischer Aufgaben basierend auf realweltlichen Situationen darstellt und die Notwendigkeit des Einbezugs von der Rolle abhängt, in der sich die Problem Poser befinden. Der Kontakt zwischen der dänischen Forschergruppe und des Instituts für Didaktik der Mathematik und der Informatik der Universität Münster bleibt weiterhin bestehen.

Für die Sichtbarkeit der Ergebnisse in der Scientific Community bot sich durch die Unterstützung der „Forschungsprojekte Studierender“ die Möglichkeit, die Ergebnisse bei der Internationalen Tagung PME (Psychology of Mathematics Education) in Israel vorzustellen. Die Tagung fand im Juli 2023 für 5 Tage in Haifa (Israel) statt. Im Rahmen der Konferenz konnten spannende Diskussionen mit zahlreichen Expert:innen der Mathematikdidaktik und insbesondere des Problem Posings geführt werden. So konnten die Ergebnisse beispielsweise mit Prof. Dr. Jinfa Cai (University of Delaware) und Prof. Dr. Roza Leikin (University of Haifa) diskutiert werden. Der Kontakt mit den Forschenden bleibt bestehen. Basierend auf den Ergebnissen des Forschungsprojekts konnte ein wissenschaftlicher Beitrag in einem Special Issue des JMB (Journal of Mathematical Behavior) eingereicht werden, das von Prof. Dr. Jinfa Cai herausgegeben wird. Darüber hinaus konnte die Teilnahme an einem Workshop während der Konferenz zum Thema Problem Posing ermöglicht werden. Erkenntnisse aus Diskussionen und Workshops der Tagung werden gewinnbringend bei der Planung von Folgeprojekten genutzt.