Boolesche Algebra und Verbandstheorie

Einführungsvorlesungen in die Logik lehren uns, Sätze, in denen Ausdrücke im Plural stehen, in Sätze im Singular zu paraphrasieren, bevor wir sie formalisieren: Beispielsweise sollen wir „Arne und Bea trinken ein Bier“ mittels „Arne trinkt ein Bier und Bea trinkt ein Bier“ paraphrasieren, aus „Alle Schwäne sind weiß“ sollen wir „Jeder Schwan ist weiß“ machen. Das klappt meist reibungslos – meist, aber nicht immer. Denn wie sieht es etwa mit „Arne und Bea singen mehrstimmig“ oder „Die Welt ist alles, was der Fall ist“ aus? Weder singt Arne mehrstimmig noch tut dies Bea. Wittgenstein wollte auch nicht behaupten, dass die Welt mit jeder einzelnen Tatsache identisch ist. „Zusammen“ ist hier das Stichwort: Arne und Bea zusammen singen mehrstimmig, alle Tatsachen zusammen sind die Welt.

Es gibt einen eigenen Zweig der Logik, der sich mit solchen Phänomenen befasst: die Plurallogik. Hier versucht man auf zwei verschiedenen Wegen die Paraphraseprobleme zu lösen. Einerseits arbeiten sog. Singularist:innen daran, die Paraphrasestategien zu verbessern, die aus pluralen Sätzen singuläre machen – meist mittels Rede von Mengen oder komplexen Ganzen. Andererseits wenden sich sog. Pluralist:innen von diesen Paraphraseversuchen ab und führen neue logische Konzepte ein, um die Problemfälle als nicht-paraphasierbare Phänomene zu analysieren. Beiderseits benötigt man jedoch dasselbe mathematische Rüstzeug, nämlich Algebra und Verbandstheorie.

Genau dieses Rüstzeug wollen wir uns mit Euch in Teilen aneignen, indem wir die Verbindung von Algebra und Verbandstheorie in den Fokus nehmen. Für philosophisch relevante Beispiele werden wir in die Plurallogik, Mengenlehre und Mereologie (die Theorie der Teil-Ganzes-Beziehung) schauen. Längerfristig verfolgen wir das ambitionierte Ziel, mit Euch eine umfassende Reise in die Welt der singulären wie pluralen Kennzeichnungstheorien zu unternehmen, bei der wir alle wichtigsten Stationen mitnehmen: Frege – Russell – Strawson – Sharvy – Link – Oliver & Smiley. Denn ohne hinreichende Kenntnis von Algebra und Verbandstheorie kommen wir nicht weit, höchstens bis Strawson. Je nach dem, wie lange wir brauchen uns zu rüsten, starten wir unsere Reise bereits in der zweiten Semesterhälfte.

Die Lektüre wollen wir überschaubar halten und gemeinsam mit Euch so auswählen, dass wir die zur Sprache kommenden Inhalte möglichst akkurat diskutieren und gründlich verstehen können. Die AK-Inhalte sollen natürlich auch Euren Interessen entspringen, weshalb wir Euch herzlich einladen, Eure Wünsche, Gedanken und Inhalte miteinzubringen!

Das erste Treffen findet am Dienstag, dem 04.10.2022, zwischen 12:15 und 13:45 Uhr statt, und zwar aller Voraussicht nach hybrid. In diesem Rahmen werden wir uns neben anderen organisatorischen Angelegenheiten mit der Terminfindung für das nächste Semester beschäftigen. Alle, die sich für dieses Thema interessieren, sind herzlich willkommen. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, allerdings wird es Euch oftmals leichter fallen, wenn Ihr Grundkenntnisse aus der einführenden Logikvorlesung besitzt.

Falls wir Euer Interesse geweckt haben und Ihr am Arbeitskreis teilnehmen wollt, könnt Ihr Euch anmelden, indem Ihr eine E-Mail an Vitus Schäfftlein schreibt. Daraufhin erhaltet Ihr Informationen zum analogen und digitalen Ort, an dem unsere erste Sitzung stattfinden wird.

Wir freuen uns auf Euch und unsere gemeinsamen Diskussionen!

Tobias Martin und Vitus Schäfftlein