Was macht ein Individuum aus und wie wirkt es sich auf seine Umwelt aus? Der Fokusbereich "InChangE – Individualisierung in sich wandelnden Umwelten" der Universität Bielefeld widmet sich dieser Frage aus interdisziplinärer Perspektive. Forschende aus Biologie, Philosophie, Psychologie, Soziologie und weiteren Disziplinen verknüpfen Daten und Theorien, um die Ursachen und Folgen individueller Unterschiede zu verstehen. Ihr Ziel: eine neue Wissenschaft der Individualisierung, die sowohl den Menschen als auch das Tier in den Blick nimmt.
Dr. Diddahally R. Govindaraju ist Gastprofessor am Institute for Aging des Albert Einstein College of Medicine, und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department of Organismic and Evolutionary Biology der Harvard University, wo er "Evolutionary Processes in Epidemiology and Precision Medicine" lehrt. Der Kurs verknüpft Evolutionsgenetik, Epidemiologie und Schlüsselelemente der personalisierten Medizin.
Dr. Govindarajus Forschung umfasst die Evolutionsgenetik von Pflanzen und Menschen, mit einem nachhaltigen Fokus darauf, wie evolutionäre Prinzipien die Ursprünge und die Vielfalt von Gesundheit und Krankheit erklären. Während seines JICE Visiting Fellowships wird er sich mit der Nischenkonstruktion in der Evolution und in der menschlichen Gesundheit befassen und dabei einen Rahmen für eine individualisierte Denkweise in der personalisierten Medizin entwickeln. Seine Arbeit verbindet evolutionäre Prinzipien mit Genotyp-Phänotyp-Kartierung auf individueller Ebene, um zu veranschaulichen, wie genetische Architekturen in verschiedenen Populationen kontextabhängig moduliert werden. Dieser Ansatz zielt darauf ab, die prädiktiven, präventiven und therapeutischen Aspekte der Präzisionsmedizin voranzubringen.
Der Forschungsschwerpunkt von Psychologe Eric Grunenberg besteht darin, theoretische Erkenntnisse aus der Sozial- und Persönlichkeitspsychologie mit neuartigen Ansätzen des maschinellen Lernens zu verknüpfen, um Veränderungen in sozialen Entscheidungsfindungen vorherzusagen, zu erklären und herbeizuführen. Im Rahmen seines ECR Fellowships wird er ein Forschungsprojekt abschließen, in dem er anhand groß angelegter Speed-Dating-Szenarien untersucht, welche Verhaltensfaktoren die Auswahl romantischer Partner:innen beeinflussen. Die Studie kombiniert Selbstberichtsdaten und beobachtbares Verhalten, um zu klären, wann einzigartige Partnerwahlen vorhersagbar werden. Darüber hinaus wird sie einen methodischen Überblick über einen neuartigen, computergestützten Modellierungsansatz geben, mit dem sich Hinweise darauf ermitteln lassen, dass es zwischen bestimmten Personen „klick“ macht. Durch die Identifizierung der Verhaltensweisen und Bedingungen, unter denen individuelle Partnerwahlen zustande kommen, werden die Ergebnisse unser Verständnis verbessern, wie und warum Menschen ihre sozialen Beziehungen auswählen.
"Unter Stress ist das Puffersystem überlastet"
Verborgene genetische Variationen: JICE-Mitglied Joachim Kurtz stellt einen besonderen Mechanismus der Evolution vor
Seit den Entdeckungen des britischen Naturforschers Charles Darwin ist klar: Für die evolutive Anpassung von Organismen sind erbliche Unterschiede zwischen Individuen eine entscheidende Voraussetzung. Über die Bildung von Proteinen führen sie zu unterschiedlichen Merkmalen. In der Evolutionsbiologie heißen diese sichtbaren Unterschiede „Phänotypen“. Was Darwin noch nicht wissen konnte: Es gibt auch "verborgene" (kryptische) genetische Variationen. Ein Team um Dr. Rascha Sayed und Prof. Dr. Joachim Kurtz vom Institut für Evolution und Biodiversität der Universität Münster hat jetzt eine solche Variation nachgewiesen und ihre genetische Grundlage identifiziert. Im Interview mit der Unizeitung wissen|leben gibt JICE-Mitglied Joachim Kurtz Einblicke in diesen Mechanismus.
Sayed R, Şahin Ö, Errbii M, R R, Peuß R, Prüser T, Schrader L, Schulz NKW, Kurtz J (2025): HSP90 as an evolutionary capacitor drives adaptive eye size reduction via atonal. Nature Communications 16, 9277. https://doi.org/10.1038/s41467-025-65027-0
Während ihres ECR Fellowships wird Ökotoxologin Dr. Maria Luigia Vommaro ein Forschungsprojekt mit dem Titel „Individualisierung in der Ökotoxikologie” durchführen. Darin wird sie untersuchen, wie intrinsische individuelle Merkmale ökologische Reaktionen auf Umweltstressoren wie Pestizide und Hitzewellen beeinflussen. Sie wird die zwei etablierten wirbellosen Modellorganismen Tenebrio molitor und Tribolium castaneum verwenden, um auf individueller Ebene die Mechanismen zu erforschen, die die Widerstandsfähigkeit von Insekten gegenüber solchen Umweltbedingungen steuern. Durch die Integration biologischer, toxikologischer, statistischer und ökologischer Perspektiven verfolgt sie drei Hauptziele: (1) individuelle Unterschiede in Stressreaktionen beschreiben, (2) erklären, wie diese Unterschiede durch physiologische und immunologische Mechanismen entstehen, und (3) Unterschiede in der ökologischen Widerstandsfähigkeit mithilfe merkmalsbasierter Modellierungen vorhersagen.
Neuer Ansatz für die Erforschung individueller Unterschiede im Sozialverhalten
Interdisziplinäre Veröffentlichung von JICE-Mitgliedern in „Nature Human Behaviour“
Warum unterscheiden sich Individuen in ihrem Verhalten anderen gegenüber – sowohl bei Menschen als auch bei Tieren? Wie prägen soziale Erfahrungen diese Unterschiede? Und welche Konsequenzen haben soziale Verhaltensunterschiede für einzelne Individuen und soziale Gemeinschaften? Ein interdisziplinäres Forschungsteam aus JICE-Mitgliedern unter der Leitung der Psychologen Dr. Niclas Kuper und Prof. Dr. Mitja Back von der Universität Münster stellt in der Fachzeitschrift Nature Human Behaviour einen neuen Ansatz vor, um die Vielfalt individuellen Sozialverhaltens systematisch zu erforschen. Das sogenannte „Linked-Lives“-Modell integriert Erkenntnisse aus Psychologie, Biologie, Soziologie, Ökonomie und Philosophie. Ziel ist es, die individuellen Unterschiede im Sozialverhalten umfassend zu verstehen – über Disziplingrenzen, Arten und Kontexte hinweg.
Kuper N, Breitmoser Y, Caspers BA, Dammhahn M, Gadau J, Kaiser MI, Kandler C, Kroh M, Krüger O, Kurtz J, Lemola S, Rauthmann JF, Richter SH, Voelcker-Rehage C, Back MD (2025): An interdisciplinary linked-lives approach to individual differences in social behaviour. Nature Human Behaviour 9, 2012–2026. https://doi.org/10.1038/s41562-025-02301-7
Das neue Topical Programme „Animal Personality Meets Personality Psychology“ der Universität Münster ist mit einem Auftaktworkshop Anfang Oktober gestartet. Ziel des Projekts ist es, Brücken zwischen der Tierpersönlichkeitsforschung und der psychologischen Persönlichkeitsforschung sowie angrenzenden Disziplinen zu schlagen. Neben Arbeitsgruppen aus Biologie und Psychologie sind Forscherinnen und Forscher aus der Medizinischen Fakultät sowie den Fachbereichen Psychologie und Sportwissenschaft und Geschichte/Philosophie beteiligt. Die Projektverantwortlichen Prof. Dr. Melanie Dammhahn (Biologie) und Prof. Dr. Mitja Back (Psychologie) geben Einblicke in die geplante Forschung im Rahmen des JICE.
Die Forschung der Verhaltensökologin Dr. Jingyu Qiu konzentriert sich auf individuelle Unterschiede in Lebensgeschichten, physiologischen Merkmalen und Verhalten sowie deren Wechselwirkungen mit der Umwelt. Sie erforschte im Rahmen ihrer Promotion wilde Busch-Lamellenzahnratten (Otomys unisulcatus) und zeigte, dass ökologische Einschränkungen in frühen Lebensphasen zu unterschiedlichen Lebensgeschichten und langfristigen Folgen im Erwachsenenalter führen können. Auf dieser Grundlage wird sie während ihres ECR Fellowships ein Forschungsprojekt entwickeln, das untersucht, wie Individuen im Kontext von Urbanisierung mit menschengemachter Informationsüberflutung umgehen. Dabei stehen drei zentrale Fragen im Vordergrund: (1) Lässt sich anhand der Persönlichkeit die individuelle Leistungsfähigkeit unter Informationsüberflutung vorhersagen? (2) Wie interagiert die Persönlichkeit mit verschiedenen Arten von Informationsüberflutung? (3) Wie beeinflusst Urbanisierung die Fähigkeit Informationen zu verarbeiten auf Populationsebene in freier Wildbahn?
Disziplinübergreifende Erforschung von individuellen Unterschieden
Gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW) des Landes NRW, vereint das Verbundprojekt "Individualisation in Changing Environments" (InChangE) bringt Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften, um die komplexen Wechselwirkungen zwischen Individuen und ihrer Umwelt zu erforschen. Im Interview berichten die Direktorin Prof. Dr. Barbara Caspers (Universität Bielefeld) und der Direktor Prof. Dr. Jürgen Gadau (Universität Münster) über die Erfahrungen und Ergebnisse im Rahmen von InChangE.
Menschen, die regelmäßig Koffein konsumieren, sind nach einer Tasse Kaffee meist in besserer Stimmung – besonders am Morgen. Das belegt eine neue Studie eines Teams um das JICE-Mitglied Sakari Lemola und weiteren Forschenden der Universität Bielefeld und der britischen University of Warwick, die in der Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht wurde. Die Befragten fühlen sich laut eigener Angabe nach morgendlichem Kaffeekonsum in der Regel deutlich glücklicher und enthusiastischer als ohne Kaffee an anderen Tagen um die gleiche Uhrzeit.
Hachenberger J, Li YM, Realo A, Lemola S (2025): The association of caffeine consumption with positive affect but not with negative affect changes across the day. Scientific Reports 15, 28536. https://doi.org/10.1038/s41598-025-14317-0
Ein Forschungsteam unter der Leitung der Biologin Rebecca Chen von der Universität Bielefeld hat untersucht, wie bestimmte genetische Veränderungen den Fortpflanzungserfolg männlicher Birkhühner beeinflussen. Das zentrale Ergebnis: Nicht äußerlich sichtbare Merkmale wie ein farbenfrohes Gefieder bestimmen den Paarungserfolg, sondern das Verhalten. Männchen mit einer hohen Anzahl schädlicher Mutationen waren seltener an Balzplätzen (Leks) anzutreffen und verpassten dadurch entscheidende Chancen zur Fortpflanzung. Die Studie wurde nun im Fachjournal Nature Ecology & Evolution veröffentlicht.
Chen R, Soulsbury C, Hench K, van Oers K, Hoffman J (2025): Predicted deleterious mutations reveal the genomic mechanisms underlying fitness variation in a lekking bird. Nature Ecology & Evolution. https://doi.org/10.1038/s41559-025-02802-8
Der Forschungsschwerpunkt des Verhaltensökologen Dr. Kai-Philipp Gladow liegt darin, zu verstehen, wie Interaktionen zwischen Arten die Koexistenz fördern oder behindern. Im Rahmen seiner Promotion untersuchte er, wie verschiedene Raubvögel, nämlich Uhus, Habichte, Mäusebussarde und Rotmilane, durch intraguild predation, d. h. die Tötung von Individuen einer konkurrierenden Art mit ähnlichen ökologischen Nischen, das Verhalten und den Fortpflanzungserfolg der jeweils anderen beeinflussen. Während seines ECR Fellowships wird er diese Arbeit ausweiten, indem er individuelle Verhaltensunterschiede in Modelle zu Systemen mit intraguild predation einbezieht – auf diese Weise wird er theoretische Ansätze miteinander verbinden und ökologische Modelle zur Koexistenz von Arten weiterentwickeln. Dies wird eine kritische Lücke in der klassischen Koexistenztheorie schließen, in der Individualisierung als wichtiger Treiber der Interaktionsdynamik oft vernachlässigt wird. Die Forschung hat eine wichtige Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt, da sie Vorhersagen darüber ermöglicht, wie ökologische Gemeinschaften auf Umweltveränderungen und zunehmende anthropogene Einflüsse reagieren.
Hanna Kokko hält Bernhard-Rensch-Vorlesung am 10. Juli 2025
Die natürliche Selektion sollte Organismen begünstigen, die eine längere Lebensdauer haben – das könnte man jedenfalls meinen. In Wahrheit gibt es in der Natur eine Vielfalt an Lebensspannen. Anhand verschiedener, teils extremer Beispiele aus dem Tierreich zeigt die Evolutionsbiologin Prof. Dr. Hanna Kokko von der Universität Mainz bei der diesjährigen Bernhard-Rensch-Vorlesung des Fachbereichs Biologie der Universität Münster, dass auch eine kurze Lebensspanne einen evolutionären Vorteil bedeuten kann.
Der englischsprachige Vortrag von Prof. Kokko "A long life: how desirable is it, evolutionarily speaking?" findet am Donnerstag 10. Juli 2025 um 11:15 Uhr in der Aula im Schloss der Universität Münster statt.
Der Mensch besitzt wie alle Wirbeltiere zwei Arten von Immungedächtnis: Das Gedächtnis des erworbenen (adaptiven) Immunsystems ist hochspezifisch gegen bestimmte Erreger und langanhaltend, was zum Beispiel Impfungen ermöglicht. Außerdem gibt es im angeborenen Immunsystem die "trainierte Immunität", die schnell, aber weniger spezifisch reagiert. Wirbellose Tiere wie Insekten haben nur das angeborene Immunsystem, aber auch bei ihnen existiert eine Form der Immunisierung durch Kontakt mit Krankheitserregern ("immune priming"). Bislang gab es keine Studie dazu, wie sich die Konfrontation von Pathogenen mit Wirten, die ein derart aktiviertes angeborenes Immunsystem haben, auf die Evolution der "Gefährlichkeit" (Virulenz) der Krankheitserreger auswirkt. Ein Forschungsteam der Universität Münster um den Evolutionsbiologen Prof. Dr. Joachim Kurtz hat dies nun erstmals durch experimentelle Evolution eines Insekten-Pathogens (Bacillus thuringiensis tenebrionis) in Mehlkäfern untersucht. Ein Ergebnis: Die Virulenz unterschied sich nach einiger Zeit der Evolution zwischen den verschiedenen Bakterien-Linien deutlich. Diese größere Vielfalt könnte die Anpassung der Pathogene an ihre Wirte beschleunigen.
Korša A, Baur M, Schulz NKE, Anaya-Rojas JM, Mellmann A, Kurtz J (2025): Experimental evolution of a pathogen confronted with innate immune memory increases variation in virulence. PLOS Pathogens 21(6), e1012839. https://doi.org/10.1371/journal.ppat.1012839
Hundehalterinnen und -halter, die ein Forschungsprojekt von JICE-Mitgliedern aus der Abteilung für Verhaltensbiologie der Universität Münster zum Tierwohl unterstützen möchten, können dies per Smartphone erledigen – mit der 'WAU-App'. Über diese kostenlose App können Interessierte die Emotionen und das Verhalten ihrer Hunde erfassen. Es ist kein spezielles Vorwissen nötig. Die WAU-App lässt sich im Google Play Store oder im Apple App Store herunterladen. WAU ist ein Bürgerwissenschafts-Projekt der Universität zum Thema 'Emotionen, Lateralität und Persönlichkeit bei Hunden'.
Das Rektorat der Universität Münster hat das Verbundvorhaben "Animal Personality Meets Personality Psychology" in die strategische Förderlinie Topical Programmes aufgenommen. Sprecher:innen des Projekts sind die JICE-Mitglieder Prof. Dr. Mitja Back (Persönlichkeitspsychologie) und Prof. Dr. Melanie Dammhahn (Verhaltensbiologie).
Ziel des Projekts ist es, eine neue interdisziplinäre Forschungsbrücke zwischen der Tierpersönlichkeitsforschung und der psychologischen Persönlichkeitsforschung zu schlagen. Trotz paralleler Entwicklungen in Konzepten und Methoden fand bislang wenig systematischer Austausch zwischen diesen Bereichen statt – das Vorhaben setzt genau hier an: Es schafft ein Forschungsforum, das Biologie, Psychologie und angrenzende Disziplinen miteinander ins Gespräch bringt.
Die Evolutionsbiologin Dr. Reshma R untersucht in ihrer Forschung, welche Ursachen und Auswirkungen individuelle Unterschiede in verschiedenen Eigenschaften haben und wie diese dazu beitragen, dass sich Populationen an schnelle Umweltveränderungen anpassen. Im Rahmen ihrer Promotion an der Universität Münster erforschte sie, inwiefern die sogenannte evolutionäre Kapazität schnellere Anpassungen begünstigt, indem sie Populationen ermöglicht, ausreichend Variation in Form von kryptischer genetischer Variation zu speichern und diese unter Stressbedingungen freizusetzen. In diesem Zusammenhang dokumentierte sie ausführlich, wie sich Rotbraune Reismehlkäfer (Tribolium castaneum) individuell in ihren tageszeitlichen Aktivitätsrhythmen unterscheiden. Während ihres ECR Fellowships wird sie untersuchen, welche individuellen Unterschiede es in Bezug auf mögliche Trade-offs zwischen Aktivitätsrhythmen und lebensgeschichtlichen Merkmalen bei Käfern gibt, und dafür einen Antrag auf individuelle Forschungsförderung ausarbeiten.
Wie zuverlässig sind Verhaltenstests mit Insekten?
Eine aktuelle Studie liefert Hinweise darauf, dass sich auch manche Ergebnisse von Verhaltensexperimenten mit Insekten nicht vollständig reproduzieren lassen. Bisher wurden mögliche Reproduzierbarkeitsprobleme in diesem Kontext wenig thematisiert. Ein Forschungsteam aus Bielefeld, Münster und Jena, das im Rahmen des Transregio-Sonderforschungsbereichs NC³ (SFB-TRR 212) zusammenarbeitet, zeigt jetzt, dass auch Verhaltensversuche mit Insekten von der „Reproduzierbarkeitskrise“ betroffen sind.
Mundinger C, Schulz NKE, Singh P, Janz S, Schurig M, Seidemann J, Kurtz J, Müller C, Schielzeth H, von Kortzfleisch VT, Richter SH (2025): Testing the reproducibility of ecological studies on insect behavior in a multi-laboratory setting identifies opportunities for improving experimental rigor. PLOS Biology 23, e3003019. https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3003019
Barbara Natterson-Horowitz (Harvard University, UCLA) geht in "The moody animal: The ancient origins of human mood disorders“ der Frage nach, wie Erkenntnisse aus der Tierwelt unser Verständnis von psychischen Erkrankungen bereichern können.
In „From birds to words“ gibt Michael H. Goldstein (Cornell University) Einblicke in seinen vergleichenden Ansatz zur Entwicklung der Kommunikation - von Vogelgesang bis zur menschlichen Sprache.
Dreißig Jahre nach der Entdeckung mütterlicher Hormone in Vogeleiern bleiben ihre evolutionären Folgen ungeklärt. In einer kürzlich in der Fachzeitschrift Ecology Letters veröffentlichten groß angelegten, vorregistrierten Meta-Analyse versuchte ein internationales Forschungsteam, Licht in dieses komplexe Forschungsfeld zu bringen. Der Letztautor der Studie, Dr. Alfredo Sánchez-Tójar von der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld und Mitglied des JICE, analysierte zusammen mit seinen Co-Autoren systematisch 438 Effektstärken aus 57 Studien zu 19 wildlebenden Vogelarten. Ziel war es, zu untersuchen, ob höhere Konzentrationen mütterlicher Hormone in Eiern tatsächlich mit Fitnessvorteilen für Nachkommen und Eltern verbunden sind.
Mentesana L, Hau M, D’Amelio PB, Adreani NM, Sánchez-Tójar A (2025): Do egg hormones have fitness consequences in wild birds? A systematic review and meta-analysis. Ecology Letters 28, e70100. https://doi.org/10.1111/ele.70100
Das vierte Individualisation Symposium, organisiert vom Joint Institute for Individualisation in a Changing Environment (JICE), dem Verbundprojekt InChangE und dem Transregio-Sonderforschungsbereich 212, nimmt 2025 Lebensübergänge in den Blick. Im Zentrum steht die Frage, wie Individuen – sowohl Menschen als auch Tiere – biologische, psychologische und soziale Wendepunkte erleben und bewältigen. Die Veranstaltung bringt führende Wissenschaftler*innen aus Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften am 25. März im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) an der Universität Bielefeld zusammen und eröffnet neue Perspektiven auf Individualisierung.
Migration, Klimakrise, der Krieg Russlands gegen die Ukraine, der Israel-Gaza-Konflikt und der Aufstieg des autoritären Populismus: Die Bundestagswahl am 23. Februar ist von zahlreichen Konfliktthemen geprägt, die in der Bevölkerung Unsicherheit und Sorgen auslösen. Welchen Einfluss haben die mediale Berichterstattung sowie der individuelle Nachrichtenkonsum darauf? Wie hängt die Einschätzung der Bedrohungslage mit Persönlichkeitsmerkmalen zusammen? Mit der Online-Studie "Dynamik individueller Politikeinstellungen in Krisenzeiten (DiPol)" widmet sich ein Team um Psychologe und JICE-Mitglied Prof. Dr. Mitja Back sowie Politikwissenschaftler Prof. Dr. Bernd Schlipphak von der Universität Münster diesen Fragen. Interessierte Personen sind eingeladen teilzunehmen und über vier Wochen täglich etwa zehn Minuten Fragen zu ihren Sorgen und Einstellungen sowie ihrer Mediennutzung zu beantworten.
Der Psychologe Prof. Dr. Mitja Back und die Biologin Prof. Dr. Melanie Dammhahn, beide Mitglieder des JICE, erhalten von der European Association of Personality Psychology (EAPP) eine Förderung, um ein interdisziplinäres Focus Meeting zum Thema "Integration von menschlicher und tierischer Persönlichkeitsforschung" durchzuführen. Gemeinsam mit ihren Mitorganisator:innen Prof. Dr. Lars Penke von der Universität Göttingen und Prof. Dr. Cornelia Wrzus von der Universität Heidelberg werden sie Ende 2025 an der Universität Münster international führende Wissenschaftler:innen aus den Bereichen der menschlichen Persönlichkeitspsychologie und der tierischen Persönlichkeitsforschung zusammenbringen. Durch die Kombination der Expertise aus beiden Bereichen zielt die Veranstaltung darauf ab, einen umfassenden Austausch von Erkenntnissen und Methoden zwischen den Disziplinen zu fördern und neue Ansätze zu entwickeln, um unser Wissen über die Persönlichkeit bei Menschen und Tieren zu vertiefen.
Die JICE-Mitglieder Prof. Dr. Helene Richter, Prof. Dr. Melanie Dammhahn und Prof. Dr. Sylvia Kaiser von der Universität Münster sowie Prof. Dr. Barbara Caspers von der Universität Bielefeld mahnen in einer aktuellen Veröffentlichung einen differenzierteren Blick auf Tierversuche an. In zwei Interviews schildern sie, vor welchen Herausforderungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stehen, weshalb Tierversuche nötig sind und wie eine differenziertere Beurteilung von Forschung mit und an Tieren aussehen könnte.
Richter SH, Caspers BA, Dammhahn M, Kaiser S (2024): Animal research revisited – the case of behavioural studies. Trends in Ecology & Evolution (TREE), https://doi.org/10.1016/j.tree.2024.11.014
Die VolkswagenStiftung fördert das neue Forschungsprojekt "Personalization TrAIning in Medicine (PerTRAIN) – Integrating State-of-the-Art Personalized Knowledge and Technologies into Medical Education" des JICE-Mitglieds Prof. Dr. Mitja Back mit knapp 1,5 Millionen Euro. Im Rahmen der Initiative "Change! Research Groups" bringt die Stiftung Forschende mit außerwissenschaftlichen Partner:innen zusammen, um Ursachen gesellschaftlicher Probleme zu identifizieren und praxisnahe Auswege aufzuzeigen.
In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Bernhard Marschall vom Universitätsklinikum Münster und Dr. Ulrich Burgbacher vom IT-Unternehmen tapdo technologies zielt das geförderte Projekt darauf ab, mithilfe KI-gestützter Sprachmodelle ein Trainingsprogramm für personalisierte Kommunikation zu entwickeln und in die medizinische Ausbildung zu integrieren. Dieser Aspekt findet dort bislang wenig Beachtung, obwohl es für den Behandlungserfolg essenziell ist, dass Ärzt:innen individuelle Persönlichkeiten von Patient:innen erkennen, reflektieren und adäquat mit ihnen kommunizieren.
Im Rahmen des traditionellen Neujahrsempfangs der Universität Münster erhielt Mediziner und JICE-Mitglied Prof. Dr. Dr. Udo Dannlowski erhielt im Rahmen des traditionellen den Forschungspreises 2024 für seine exzellente, international anerkannte Forschung. Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben und ist mit 30.000 Euro dotiert, mit denen das Rektorat die Forschung des Preisträgers unterstützt.
Udo Dannlowski ist Direktor des Instituts für Translationale Psychiatrie der Universität Münster und der Sektion für Transitionspsychiatrie an der Klinik für Psychische Gesundheit der Universitätsklinik Münster. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen unter anderem die funktionelle und strukturelle Bildgebung sowie affektive Störungen wie zum Beispiel Depressionen. In ihrer Begründung betont die Jury seine innovative Forschung auf dem Gebiet des maschinellen Lernens, die die psychiatrische Forschung neu geprägt hat sowie seine Publikationen in renommierten internationalen Fachzeitschriften, die die hohe Relevanz der wissenschaftlichen Arbeit für das Forschungsfeld der psychischen Erkrankungen aufzeigen. Zudem fungiere er als Vorbildfunktion und Förderer vieler Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler.