November 2018
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Münze des Monats

Hyperpyron des Manuel I. Komnenos
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Der jugendliche Manuel I. Komnenos

Der Geburtstag des Kaisers Manuel I. Komnenos, welcher als einer der prägendsten Herrscher des 12. Jahrhunderts gilt, jährt sich am 28. November zum 900. Mal. Er stammte aus der Familie der Komnenen, welche die Herrschaft über das byzantinische Reich von 1081 bis 1185 ausübten (nach einem kurzen Vorspiel unter Isaakios I. Komnenos 1057-1059). Während dieser Epoche zählte Byzanz noch zu den den politischen Ton angebenden Mächten im europäischen Konzert.
Johannes II. Komnenos (r. 1118-1143) hatte sich bei einem Jagdunfall in Kleinasien tödlich verletzt, bestimmte auf seinem Sterbebett aber noch Manuel, den viertgeborenen und jüngsten Sohn, zu seinem Nachfolger. Zwei Brüder Manuels waren gestorben und den dritten, der sich in der Hauptstadt Konstantinopel aufhielt, ließ der Thronanwärter kurzerhand festsetzen, um die Herrschaft antreten zu können. Er schickte seinen Vertrauten, den Großdomestikos [= militärischer Oberbefehlshaber] Axuch, in die Hauptstadt, um alles vorzubereiten. Bei Niketas Choniates, einem der wesentlichen Historiographen dieser Zeit, heißt es dazu: „Der Großdomestikos bemühte sich um die Gunst der Palastwache sowie um die Anerkennung durch das Volk und übergab dann dem Klerus der Großen Kirche [= Hagia Sophia in Konstantinopel] eine mit (dem kaiserlichen) Rot gezeichnete und mit einem an purpurgetränkten, seidenen Schnüren befestigten goldenen Siegel bekräftigte Urkunde, die dem Klerus ein jährliches Geschenk von Silbermünzen im Wert von 200 Minen [= ca. 65 kg] zusicherte. Axuchos soll auch noch eine andere, ebenfalls rote kaiserliche Urkunde bei sich gehabt haben, welche die gleiche Summe, aber in Gold verhieß“ (übers. Grabler). Manuel musste sich also mit den üblichen Faktoren, die den Kaiser durch Akklamation bestätigten und somit anerkannten, gut stellen. Die Hagia Sophia in unmittelbarer Nähe des Patriarchen- und des Kaiserpalastes war die wichtigste Kirche Konstantinopels, wo auch die Kaiserkrönungen stattfanden.
Kurz darauf traf Manuel in der Stadt am Goldenen Horn ein und konnte den Thron besteigen. 1146 ehelichte er Bertha (fortan Eirene) von Sulzbach, die Schwägerin des römisch-deutschen Königs Konrad III. (1138-1152). Manuel erhoffte sich dadurch einen starken Partner in der Auseinandersetzung gegen die Normannen in Unteritalien bzw. dem südlichen Adriaraum. Gleich am Beginn seiner Regierungszeit war der junge Kaiser mit dem sogenannten 2. Kreuzzug befasst, bei dem französische und deutsche Ritter durch byzantinisches Reichsgebiet ins Heilige Land begleitet wurden (1147-1149). Nach dem Tod von Bertha (Eirene) nahm er Maria aus dem Fürstentum Antiocheia zu seiner Frau, um seine nach dem lateinischen Westen hin ausgerichtete Außenpolitik zu festigen und fortzuführen. Von seiner zweiten Frau bekam er den ersehnten Thronfolger (Alexios, geboren 1167), der sein Amt aber nie selbständig ausüben konnte. Nach Manuels Tod 1180 stürzte das Reich in einen innenpolitische Krise, die von Unsicherheit und Unstetheit gekennzeichnet war.

Die Münzprägung Manuels zeichnet sich durch eine ikonographische Neuerung aus. Auf der Vorderseite seiner Goldmünzen (seit Alexios I. hyperpyron genannt und das nomisma ersetzend;) ist Christus als Jüngling dargestellt. Im Neuen Testament gibt Maria dem Neugeborenen den Namen Emmanuel (hebr. „Gott mit uns“). Mit der Verwendung dieses Bildes wird auch auf die Jugend des Kaisers Manuel angespielt, der seine neue Herrschaft bewusst unter dem Zeichen Christi führte. Wie stark sich Manuel mit Christus verbunden fühlte, zeigt die Erzählung, dass der Kaiser auf seinen eigenen Schultern den Stein, auf den der Heiland nach seinem Tod gebettet wurde, vom kaiserlichen Hafen in eine Palastkirche getragen habe.
Auf der Vorderseite sind die übliche Angabe des Heiligen in der Form eines nomen sacrum (IC XC für Iesus Christos) und die Anrufungsformel „Herr hilf“ (ΚΕ ΒΟΗΘΙ) zu lesen, während auf der Rückseite Manuel seinen purpurne Herkunft betont („dem Herren Manuel, dem purpurgeborenen“ [ΜΑΝΟΥΗΛ ΔΕΣΠΟΤ, ΤΩ ΠΟΡΦΥΡΟΓΕΝΝΗΤ,]). Manuel war im kaiserlichen Kreißsaal des Kaiserpalastes, welcher mit Porphyrstein ausgekleidet war, auf die Welt gekommen. Der Kaiser ist mit dem Labarum, dem aus dem römischen Heerwesen bekannten Feldzeichen, und dem Kreuzglobus stehend dargestellt, von rechts oben berührt, segnet und krönt ihn die Hand Gottes (manus dei).
Die Münze ist ein sogenanntes hyperpyron („von hoher Feinheit“) , welches seit Alexios I. (r. 1081-1118), dem Großvater Manuels, das nomisma ersetzte; im Laufe des 11. Jahrhunderts hatte sich die über Jahrhunderte stabile byzantinische Goldwährung rapide verschlechtert. Nunmehr hatte die Goldmünze einen Feingehalt von etwa 21 bis 22 Karat (von insgesamt 24) und wies annähernd das ursprüngliche Gewicht eines nomisma von etwa 4,5g auf. Die Form dieser Prägung ist auffällig, da die Münze wie ein Schüsselchen aussieht, also eine konkave und eine konvexe Seite aufweist. Der oft verwendete Begriff Skyphat ist irreführend, da man in der Forschung des 19. Jahrhunderts glaubte, der Begriff scyphatus in italienischen Dokumenten aus dem 11. und 12. Jahrhundert benenne diese Prägung. Die gewölbte Form hatte zur Folge, dass die Münzen unterschiedlich stark abgenutzt wurden; der Kaiser, der wie üblich auf die Rückseite geprägt war, hielt sich länger.

Michael Grünbart

Literatur:

  • Michael Hendy, Catalogue of the Byzantine coins in the Dumbarton Oaks Collection and in the Whittemore Collection. Vol. 4. Alexius I to Michael VIII, 1081 - 1261, Pt. 1: Alexius I to Alexius V (1081 - 1204). Washington D.C. 1999, 275-339.
  • Philip Grierson, Byzantine Coinage. Washington, D.C. 1999.
  • Paul Magdalino, The Empire of Manuel I Komnenos 1143-1180. Cambridge 1993.