März 2018
März 2018

Münze des Monats

© M. Benecke

Athenische Tetradrachme der archaischen Zeit

Tetradrachme Athen
Av. Athena
Rv. Eule
Münzsammlung der Ruhr-Universität Bochum Inv. M 1310
Silber
Dm 2,1 cm
Gewicht 17,17 g
Um 500 v. Chr.

Um 550 v. Chr. begannen die Athener Münzen aus Silber mit verschiedenen Symbolen wie einer Pferdeprotome auf dem Avers und einem Quadratum incusum auf dem Revers zu prägen. Diese nur lokal zirkulierenden sogenannten Wappenmünzen wurden nach wenigen Jahrzehnten von Prägungen mit Athena und der Eule abgelöst, die innerhalb kürzester Zeit zur wichtigsten Leitwährung der klassischen Antike avancieren sollten.
Ein Exemplar der frühesten Geldstücke dieser Art befindet sich auch in der Münzsammlung der Ruhr-Universität Bochum. Auf der Vorderseite ist die behelmte Stadtgöttin Athena im Profil nach rechts zu sehen, die Rückseite zeigt eine nach rechts gewandte Eule, deren Kopf frontal dargestellt ist. Links neben dem Eulenkopf findet sich ein Olivenzweig, rechts neben der Eule die Beischrift ΑΘΕ, die den Prägeort als Athen ausweist.
Wann genau sich der Wechsel von Wappenmünzen zu Eulenmünzen vollzog, wird seit langem in der Forschung diskutiert und es herrscht darüber bis heute keine Einigkeit. Fest steht, dass Prägungen dieser Art erst in Hortfunden ab der Zeit um 500 v. Chr. nachweisbar sind, was unter anderem gegen die heute kaum noch vertretene alte Lehrmeinung, die Eulenmünzen seien das Ergebnis der ›solonischen Münzreform‹ (Arist. Ath. Pol. 10) 594/3 v. Chr. spricht. Plausibel scheint folglich eine Datierung der frühesten Eulenmünzen im letzten Drittel des 6. Jhs. v. Chr., allerdings bleibt mangels aussagekräftiger archäologischer und historischer Schriftquellen für eine deutlichere zeitliche Fixierung viel Spielraum für Spekulation. Die beiden derzeit in der Literatur geäußerten Hauptthesen verbinden das Ereignis mit der historisch überlieferten monetären Reform des Hippias (Arist. Oecon. II, 1347 a) oder schreiben es Kleisthenes zu.
Offenbar auch wegen ihres hohen Erkennungswertes, behielten die Athener das Motiv mit Athena und der Eule ungefähr 200 Jahre bei. Unterschiede lassen sich lediglich auf stilistischer Ebene sowie in kleinsten motivischen Veränderungen feststellen, die eine grobe zeitliche Einordnung der jeweiligen Stücke ermöglichen. So findet sich als motivische Neuerung auf den Münzen ab ca. 480 v. Chr. auf dem Revers ein Halbmond neben der Eule, ein Detail, das die Abgrenzung der klassischen von den archaischen Eulen erlaubt. Die Münzen des 4. Jhs. v. Chr. hingegen zeichnen sich durch ein Pi-förmiges Ornament auf dem Helm der Athena aus, das bis zum Ende der klassischen Eulenmünzen um 300 v. Chr. beibehalten wurde. Nach einer mehr als einhundertjährigen Unterbrechung nahmen die Athener im 2. Jh. v. Chr. mit den ›New Style‹ Tetradrachmen ihre Münzprägung wieder auf. Bei diesen Prägungen wurde das Grundmotiv Athena und Eule zwar beibehalten, allerdings handelt es sich um eine stilistisch vollständig überarbeitete Fassung unter Hinzufügung von neuen Beizeichen, was eine deutliche Abgrenzung der neuen Münzen von den archaischen und klassischen Prägungen ermöglicht.
Die archaischen Eulen sind von den späteren Stücken nicht nur durch das Fehlen des Halbmondes neben dem Kopf der Eule, sondern auch durch ihr ›archaischeres‹ Aussehen von den klassischen Stücken unterscheidbar. Diese in großer Zahl erhaltenen archaischen Geldstücke lassen sich nach stilistischen Gesichtspunkten in einzelne Gruppen einteilen, die man versucht hat, in eine zeitliche Abfolge zu bringen, wobei auch hier bisher kein Konsens erzielt werden konnte.
Mit dem Laurion verfügten die Athener über eine der lukrativsten Silberlagerstätten der klassischen Antike, die sie für die Produktion der ›glaukes Lauriotikai‹ (= der Eulen aus dem Laurion, Arist. Av. 1106) intensiv zu nutzen wussten. Die dort zahlreich erhaltenen antiken Bergwerke, Aufbereitungsanlagen und Verhüttungsplätze zeugen eindrücklich von der ›industriellen‹ Ausbeutung der Vorkommen insbesondere während des 4. Jhs. v. Chr. Sehr wahrscheinlich bezogen die Athener das Silber für die archaischen Eulen bereits aus dem Laurion. Denn obwohl historische Quellen und sichere montanarchäologische Zeugnisse für den Abbau von Silber in dieser Zeit fehlen, ist in der zweiten Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. ein deutlicher Anstieg an siedlungsanzeigenden Befunden in für die Landwirtschaft ungünstigen Bereichen des Laurion zu verzeichnen. Diese Situation lässt sich plausibel mit der Erschließung von Erzvorkommen in diesen Gebieten erklären, zumal auch die Ergebnisse von Bleiisotopenanalysen an archaischen Eulenmünzen bereits eine Verwendung von Laurionerzen indizierten. Somit ging die Einführung des neuen Geldes in Athen vermutlich Hand in Hand mit der gesteigerten Nutzbarmachung der eigenen Rohstoffquellen, die ein Grundpfeiler der wirtschaftlichen Macht Athens für die nächsten 200 Jahre bleiben sollten.

(Sophia Nomicos)


Literatur in Auswahl:

  • P. G. van Alfen, The Coinage of Athens, Sixth to First Century B.C., in: W. E. Metcalf (Hrsg.), The Oxford Handbook of Greek and Roman Coinage (Oxford 2012) 88–104.
  • Chr. Flament, Le monnayage en argent d’Athènes: De l’époque archaïque à l’époque hellénistique (c. 550-c. 40 av. J.-C.) (Louvain-la-Neuve 2007)
  • S. Nomicos, Tetradrachme aus Athen, in: C. Weber Lehmann – A. Lichtenberger – Chr. Berns (Hrsg.), 50 Jahre 50 Antiken in den Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum (Ruhpolding 2015) 96 f.
  • S. Nomicos, Laurion. Montan- und siedlungsarchäologische Studien von der geometrischen Zeit bis zur Spätantike (Diss. Ruhr-Universität Bochum 2017)
  • C. Seltman, Athens: Its History and Coinage before the Persian Invasion (Cambridge 1924)