
Goldene Medaille auf den Westfälischen Frieden von 1648
Engelbert Ketteler, Münster 1648, signiert und datiert, Gold, Dm 52 mm, 31,2 g
Stadtmuseum Münster, Inv. Nr. MZ-WF-00682
Die Prägung von Münzen und Medaillen auf historische Ereignisse hat eine lange Tradition, die bis in die Antike zurückreicht. In allen Fällen ging es darum, das Ereignis für spätere Generationen festzuhalten. Zu den wichtigen Geschehnissen, die auf derartigen Medaillen festgehalten wurden, gehören Friedensschlüsse nach langen oder schrecklichen Kriegen. Für die Zeitgenossen stand hierbei die Freude über den Frieden im Vordergrund, für die Nachfahren waren es, je nach Einstellung, die Ergebnisse der Friedensverträge.
Nach 30 Jahren Krieg in Deutschland, nach 80 Jahren Krieg in den Niederlanden und nach mehr als vierjährigen zähen Verhandlungen in Münster und Osnabrück war der Frieden zum Greifen nah. Endlich wurde am 15. Mai 1648 der Spanisch-Niederländische Frieden, auch „Münsterische Frieden“ oder „Vreede van Munster“ genannt, und am 24. Oktober 1648 in Münster der Westfälische Frieden geschlossen. Besonders in der Kongressstadt Münster herrschte großer Jubel über den Friedensschluss. Verschiedene Medaillen wurden dort in diesem Jahr geprägt.
Das Stadtmuseum Münster besitzt heute eine der weltweit größten Sammlungen von Medaillen zu diesem Thema. Eine ganz besondere Medaille aus diesem Bestand soll nachfolgend vorgestellt werden: Sie zeigt auf der Vorderseite die Ansicht Münsters von Südwesten. Die Inschrift nennt in lateinischer Form den Namen der Stadt „MONASTERIVM WESTPHA(liae)“ („Münster in Westfalen“) und das Entstehungsjahr 1648. Die Umschrift „HINC TOTI PAX INSONAT ORBI“ („Von hier aus schallt der Friede über die ganze Welt“) bezieht sich auf den Abschluss des Westfälischen Friedens. Veranschaulicht wird dies durch zwei über der Stadt schwebende Engel. Aus der Posaune des linken erschallt das Wort „PAX“ (Friede); in seiner Hand hält er einen Palmzweig, das Symbol für die Freude. Der rechte Engel trägt einen Lorbeerkranz sowie einen Ölzweig, antike Symbole für den Sieg und den Frieden.
Als zentrales Motiv der Rückseite erscheint ein Handschlag, Zeichen für die durch den Frieden hergestellte Einigkeit zwischen dem Kaiser und den Königen. Die beiden Füllhörner stehen als Symbole für den nun zu erwartenden Wohlstand. Der Ölzweig ist das Attribut der römischen Friedensgöttin Pax, die am Boden liegenden Waffen verdeutlichen das Ende des schrecklichen Krieges. Erläutert wird die Darstellung durch die als Chronogramm ausgeführte Umschrift „CAESARIS ET REGVM IVNXIT PAX AVREA DEXTRAS 24 8bris“ („Der goldene Frieden hat die rechten Hände des Kaisers und der Könige vereinigt, am 24. Oktober“). Die Jahreszahl 1648 ergibt sich aus den lateinischen Zahlbuchstaben (MDCXXXVVVIII).
Der münsterische Münzmeister Engelbert Ketteler (?–1661) signierte diese Medaille mit seinen Initialen (EK), produzierte sie – wie mehrere weitere Medaillen – auf eigenes Risiko und bot sie u.a. den in der Stadt weilenden Gesandten des Friedenskongresses zum Kauf an. Da die Herstellung der in der Regel aus Silber gefertigten Medaillen aufwendig war, lag der Verkaufspreis über dem des Materialwertes. Neben Stücken im Wert von 1 Taler (ca. 28,5 g) liegen auch Exemplare zu 1 ¼ und etwa 2 Talern vor (ca. 36 bzw. 55,5 g). Diese Stücke wiesen zwar durch ihren Silbergehalt einen gewissen Wert auf, gelangten aber nur selten in den realen Zahlungsverkehr. Als Erinnerungsmedaillen wurden sie schon damals gesammelt.
Geht nun aber auch der komplexe Entwurf dieser bedeutenden und in ihrer Aussage wirkungsvollen Medaille auf den Münzmeister Engelbert Ketteler zurück? Man könnte es vermuten, denn immerhin hat er seine Initialen darauf hinterlassen. Die Gesamtaussage, das Bildprogramm, der Text und das Chronogramm stammen jedoch von dem münsterischen Humanisten und Ratsherrn, dem Arzt Dr. Bernhard Rottendorf (1594–1671) (link: https://de.wikipedia.org/wiki/Bernhard_Rottendorff). Dies berichtet er selbst schon 1649 in einem Brief an den befreundeten Humanisten Johann Friedrich Gronovius (1611–1671) (link: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Friedrich_Gronovius). Höchste humanistische Bildung und politisches Kalkül spielten bei der Entstehung eine wichtige Rolle.
Diese Medaille besticht nicht nur durch ihre zeitlose künstlerische Schönheit, ihre technische Vollendung und materielle Kostbarkeit, sondern spiegelt auch die humanistische barocke Vorstellung einer würdigen Erinnerung an ein bedeutendes Ereignis wieder. Das Ereignis selbst wertet somit auch die Rolle und die Bedeutung der Stadt Münster auf. Man kann die Medaille als wichtigen Träger einer Botschaft verstehen, als Mittel der Propaganda, auch und besonders in den nachfolgenden Verhandlungen, in denen es um die unmittelbar angestrebte Freiheit der Stadt ging, die durch den Friedensschluss ja wieder unter die Herrschaft des münsterischen Bischofs gefallen war.
Ein anderer Aspekt hebt nun aber gerade dieses Exemplar über die anderen „normalen“ Medaillen auf den Westfälischen Frieden, die ab 1648 in Münster geprägt wurden, heraus: Der Rat der Stadt Münster ließ nämlich von 1648 bis 1660, d.h. bis zum endgültigen Verlust der Unabhängigkeit, auf eigene, nicht unerhebliche Kosten diese und andere Friedensmedaillen bei Engelbert Ketteler prägen. Darunter waren neben jenen vielen aus Silber auch einige wenige zu bis zu 10 Dukaten schwere aus Gold, die somit immerhin 34 g wiegen konnten. Glücklicherweise liegen die Abrechnungen der städtischen Kämmerei vor, in denen einige Aufträge für den Münzmeister Ketteler verzeichnet sind (nach Wormstal 1898):
Anno 1649, den 18. Martii hat Herr Burgemeister Herdinck machen lassen sechs golden Friedens-Penning, jeder von zehn Ducaten schwehr, hat ohne Macherlohn gekostet 120 RT (= Reichstaler).
Item noch an den selbigen dato sechs silbern Pfenning jeder vor 2 Taler schwer
Den 16. Aprils noch 2 silbern, jeder a 2 Taler
Den 30. Aprilis noch durch denselben Diner holen lassen drei Pfennige, jeder a 2 Taler
Engelbert Ketteler hat am 22. Dezember 1649 für alle diese Bestellungen 142 Taler erhalten
Quittung von Engelbert Ketteler: Anno 1649 hat Herr Hermann Leusmann, Grutherr, bei mir zu machen lassen 14 goldene Pfennige, wozu einhundert ducaten verschmoltzen, setze vor abgank an golde und machelohn sieben rthl.
Demnach wurden allein 1649 offenbar 20 große goldene Abschläge angefertigt, die zwischen 8 und 10 Dukaten wogen. Ob später weitere Prägungen in Gold folgten ist unbekannt. Der vorgestellte Goldabschlag könnte einer dieser 20 Exemplare von 1649 sein.
Kostbare Ehrengeschenke wurden von der Stadt Münster schon vorher, und auch später noch vielfach vergeben. Meist handelte es sich um Silberpokale, Humpen oder Becher münsterischer Goldschmiede. Der Verbleib dieser Objekte ist heute unbekannt, die meisten dürften im Laufe der Jahrhunderte eingeschmolzen worden sein.
Welche Personen haben aber nun Goldabschläge der Friedensmedaille als kostbare Ehrengaben erhalten? Auch darüber berichten die Rechnungen: Auf dem Regensburger Reichstag 1653, bei dem es um die Verhandlungen um die Höhe der Entschädigung für die der Stadt Münster während des Kongresses entstandenen Kosten ging, verschenkte der Ratsherr Bernhard Rottendorf, der Entwerfer der Medaille, 32 Friedenspfennige in Gold und Silber an kaiserliche Räte und Beamte, sicherlich um deren Entscheidungen in eine für die Stadt positive Richtung zu lenken.
1658 erhielt der Bürgermeister Calenberg zu Zutpen (NL) einen goldener Friedenspfennig im Wert von etwa 19 RT (= 9 Dukaten). 1660 folgten weitere Geschenke: Der Trompeter Michael, von den niederländischen Generalstaaten mit Briefen und Dokumenten nach Münster geschickt um die Ankunft einer Delegation anzukündigen, bekam einen goldenen und einen silbernen Friedenspfennig im Wert von 23 ¼ RT, also vermutlich einen goldenen zu etwa 10 Dukaten.
Außerdem bekamen der Abgesandte Geheime Secretario Petro Rein, der Trompeter des Prinzen von Oranien, Joris genannt, und zwei Boten goldene und silberne Friedenspfennige im Wert von 47 RT. Schließlich wurde 1661 dem Herrn Friquets ein Friedenspfennig in Gold von ungefähr 20 RT offeriert, also im Wert von etwa 10 Dukaten.
Die Stadt Münster setzte über Jahre hinweg die Geschenke dieser goldenen Friedensmedaillen geschickt ein. Ob das vorgestellte Exemplar, ein Geschenk des Fördervereins zum 30-jährigen Jubiläum des Stadtmuseums Münster, ehemals ein solches Ehrengeschenk war, kann nicht mit letzter Sicherheit bestimmt werden, die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr groß. Wer es ursprünglich erhalten haben könnte wird wohl für immer unbekannt bleiben.
(B. Thier)
Literatur:
- Gerd Dethlefs/Karl Ordelheide, Der Westfälische Frieden. Die Friedensfreude auf Münzen und Medaillen. Vollständiger beschreibender Katalog, Greven 1987, hier S. 140–146, Nr. 124–128.
- Bernd Thier, Hinc toti pax insonat orbi, in: H. Galen (Hg.), 30jähriger Krieg, Münster und der Westfälische Frieden, Bd. 2, Münster 1998, S. 248–249.
- Bernd Thier, Medaille auf den Westfälischen Frieden, in: B. Rommé (Hg.), Ein Grund zum Feiern? Münster und der Westfälische Frieden, Ausstellungskatalog Stadtmuseum Münster, Dresden 2018, 14.
- Albert Wormstall, Studien zur Kunstgeschichte Münsters. Nach ungedruckten Quellen, Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Münster i. W. Band 1, Münster 1898, S. 161–269.
