Der „Förderverein für öffentliche Münzsammlungen in Westfalen“ wurde am 22. März 2015 auf der Frühjahrstagung des „Vereins der Münzfreunde für Westfalen und Nachbargebiete e. V.“ in Warendorf aus diesem heraus gegründet. Er soll angesichts knapper Ankaufsetats und/oder komplizierter Ankaufsverfahren in den Museen unkompliziert Erwerbungen ermöglichen – „Zu diesem Zweck sammelt er Mittel, die dem Ankauf von Münzen, Medaillen und geldgeschichtlich bedeutenden Objekten für diese Sammlungen dienen sollen“, heißt es in der Satzung. Im Fokus steht klar das Münzkabinett des LWL-Museums für Kunst und Kultur, Westfälisches Landesmuseum in Münster, die numismatische Referenzsammlung für Westfalen und Nachbargebiete. Doch auch jede andere Münzsammlung in der Region, die sich in öffentlicher Trägerschaft befindet und über ein Mindestmaß an fachlicher Betreuung verfügt, kann gefördert werden. Bisher war dies erst einmal mit der Münzsammlung des Archäologischen Museums der Universität Münster der Fall (Inv. M 6389). Neben den Mitgliedsbeiträgen kommt ein Großteil der Gelder aus fallbezogenen Spenden der Mitglieder, seitens mehrerer Münzhandlungen oder aus gelegentlichen institutionellen Förderungen. Von den Münzhandlungen ist aufgrund wiederholten großzügigen Engagements die Fa. Fritz Rudolf Künker GmbH & Co. KG in Osnabrück besonders hervorzuheben. Geht es in der Regel weniger um prominente – und entsprechend teure – Einzelstücke, sondern auch um Günstiges, das meist aber eine hohe Forschungsrelevanz besitz, so sollte die 100. Erwerbung doch eine nicht alltägliche sein. Nach dem ersten Ankauf im November 2016 war es im Oktober 2024, nach fast zehnjährigem Bestehen, dann so weit: Mithilfe eines Jubiläums-Spendenaufrufs konnte die nachfolgend zu besprechende Münze zum Preis von 7.905,50 EUR erworben werden. Allen Mitgliedern des Fördervereins und den zusätzlichen Spendern – genannt seien neben der Fa. Künker auch die Sparkasse Münsterland Ost und vor allem Herr Petros Jossifidis, Limburg/Lahn – sei im Namen des Vorstands der herzlichste Dank gesagt. Bei der Jubiläumserwerbung handelt es sich um einen Goldgulden des Herzogtums Geldern unter Arnold von Egmont (1423–1465, erneut 1471–1473), geprägt in Arnhem vor/bis 1436, der auf der einen Seite mit dem Pauluskopf von Münster und auf der anderen Seite mit dem Rad von Osnabrück gegengestempelt ist.
Gegenstempelung als Phänomen
Das Spätmittelalter, das 14. und 15. Jahrhundert, markiert münzgeschichtlich den Übergang von der bisher alleinigen Pfennigwährung hin zu einem mehrstufigen System in Silber und Gold. Die Wirtschaft bedurfte überall höherer und differenzierter Münzwerte, doch wurden diese nicht überall auch selbst geprägt. So musste man fremde Münzsorten nehmen, die – verschiedenste silberne Groschen, also Pfennig-Vielfache, und Goldmünzen – sich schnell weiträumige Umlaufgebiete erschlossen. Allerdings konnte der edelmetallbasierte Zahlwert all der umlaufenden Münzen, die zudem von minderwertigen Nachprägungen durchsetzt waren, vor Ort nicht mehr per se bestimmt werden. Man versah sie deshalb nach Prüfung mit einem Gegenstempel, einem kleinen, bildhaft die stempelnde Autorität identifizierenden Zeichen, womit sie vor Ort umlauffähig gemacht wurden. Träger dieses Kontrollinstruments im Zahlungsverkehr waren die Städte, die als Zentren des Handels an wertstabilem bzw. zumindest abgesichert nutzbarem Münzgeld interessiert sein mussten. Dabei waren sie Gegenspieler der Münzherren, die Münzen vor allem aus fiskalischen Gründen prägten und nicht, um die Wirtschaft mit Zahlungsmitteln, zumal verlässlichen, zu versorgen. Überall suchten die Städte seit dem 12. Jahrhundert daher Aufsichts- und Mitspracherechte im Geldwesen zu erlangen; seit dem früheren 13. Jahrhundert mündete dies sogar in städtische Münzrechte, in Westfalen erst und lediglich vereinzelt um die Mitte des 15. Jahrhunderts. Zeitlich befristet und lokal war die Gegenstempelung effektiv, selbst wenn die Gültigkeit eines Stempels auf die jeweilige Stadt beschränkt blieb. Und so konnte eine Münze während der vielen Jahrzehnte ihres Umlaufs, wobei sie teils bis zur Unkenntlichkeit verschliff, auch mehrfach markiert werden, sogar seitens derselben Stadt. Mit der eigenen Prägung größerer Münzwerte in Silber und Gold, in Westfalen allmählich seit dem frühen 15. Jahrhundert, und den veränderten monetären Verhältnissen der beginnenden Neuzeit endete dieses Phänomen.
Die Gegenstempelung ist typisch für Westfalen, auch wenn es nur eine Gegenstempelregion von mehreren im deutschen Reich war, neben Schwaben (30 Städte), der Oberpfalz und Niederbayern (6 Städte), Ober-, Mittel- und Unterfranken (12 Städte), Hessen mit Westthüringen (12 Städte) sowie Ost- und Südniedersachsen samt Mecklenburg (14 Städte). Von den knapp hundert sicher identifizierten Orten – hinzu kommt eine Vielzahl noch unlokalisierter Stempel – entfallen aber allein 24 Städte auf Westfalen. Bekannt sind (Krusy 1974): Bielefeld, Blomberg, Brilon, Dortmund, Hamm, Herford, Hofgeismar, Horn, Höxter, Iserlohn, Korbach, Lemgo, Lippstadt, Medebach, Münster, Oldenburg, Osnabrück, Paderborn, Rinteln, Rüthen, Soest, Unna, Warburg, Werl. Die Stempelung begann um 1370 mit Turnosen – und dies nur hier, wo dieser französische Groschen seit den 1330/40er Jahren vermehrt umlief, bald vermischt mit in Westfalen selbst sowie am Niederrhein und in den Niederlanden entstandenen Nachprägungen, von denen nun die besseren markiert wurden. Es folgten, seit um 1390 und teils bis ins frühe 16. Jahrhundert, vor allem die böhmischen Prager Groschen, deren Diversität genauso wie die der sächsisch-thüringischen Meißner und einiger hessischer Groschen geradezu zur Markierung zwang. Wieder nur in Westfalen wurden seit um 1410/20 auch flandrische und niederländische Groots sowie entsprechende deutsche Gepräge, dazu englische Groats und französische Plaques, in den 1420/30er Jahren zudem einige Emissionen der Witten der norddeutschen Hansestädte in dieses System einbezogen. Und eben auch Goldmünzen wurden gestempelt, jetzt aber als Warnung vor bestimmten minderwertigen niederländischen Stücken; der Goldgulden bedurfte sonst keiner Markierung, wie es auch im Silber manche stets über allen Verdacht erhabene Sorten gab. Westfalen war also nicht nur die räumlich dichteste, sondern auch die früheste, zeitlich ausgedehnteste, sortenmäßig vielfältigste und für etliche Städte intensivste Region der Gegenstempelung.
Die Gegenstempelung von Goldmünzen
Die Gegenstempelung der minderwertigen niederländischen Goldmünzen ist – wie überhaupt die Gegenstempelung von Goldmünzen – die seltenste Ausprägung dieses Phänomens. Lediglich für zehn Städte, nämlich Hamburg, Herford, Lübeck, Lüneburg, Münster, Osnabrück, Rostock und Werl sowie eine noch unidentifizierte Stadt, neuerdings zudem Braunschweig, ist eine entsprechende Beteiligung bekannt. Mit Hamburg (Krusy H2, S. 113–115) und Lübeck (Krusy L4, S. 161–163) sind darunter die zwei wichtigsten Städte der norddeutschen Hanse; beide haben in mehreren Phasen eine Vielzahl von Goldgulden gestempelt, doch ist aufgrund der Quellenlage vieles nicht eindeutig zuzuordnen. Die Stempelung der meisten nicht-niederländischen Stücke geht wohl auf eine Aktion von 1506 zurück, als die vier Hauptstädte des wendischen Münzvereins, Hamburg, Lübeck, Lüneburg und Wismar – von letzterer Stadt (Krusy S. 276) ist bisher kein Gegenstempel identifiziert –, vereinbart hatten, ältere rheinische Kurfürstengulden der 1400/10er bis 1430/40er Jahre, dazu verwandte Prägungen inklusive der eigenen, zu stempeln, die etwas höher bewertet sein sollten als jüngere Ausgaben. Hamburg und Lübeck haben aber auch verschiedene Goldgulden der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gestempelt; Lüneburg (Krusy L5, S. 164) alles in anscheinend deutlich geringerem Ausmaß. Dazu kommen noch Rostock (Krusy R6, S. 213) und Braunschweig (Künker, Auktion 327, 08.10.2010, Los 2503) sowie die unidentifizierte Stadt (Krusy X98, S. 310) – warum nun genau diese und so viele andere (Hanse-)Städte nicht, ist unklar. Während diese norddeutschen Städte ausschließlich Goldmünzen und da ausschließlich Goldgulden und bis auf Lüneburg alle auch die minderwertigen niederländischen Stücke markiert haben – ausschließlich solche zudem Rostock, Braunschweig und die unidentifizierte Stadt –, liegt die Sache in Westfalen anders. Herford (Krusy H5, S. 118–121), Münster (Krusy M6, S. 174–176), Osnabrück (Krusy O2, S. 192–195) und Werl (Krusy W4, S. 271–273) waren wie die zahlreichen anderen Städte Westfalens umfangreich jeweils in fast der gesamten Palette der Gegenstempelung aktiv. Dass dies insbesondere die verschiedensten silbernen Groschen aus den Niederlanden und vom Niederrhein betraf, leuchtet ein, weil diese hier vielfach umliefen. Die ältesten Prägungen bilden Turnosen der Herzogtümer Jülich und Berg sowie der Grafschaft Oldenburg, die ins spätere 14. Jahrhundert gehören. Es folgen Groschen des früheren 15. Jahrhunderts samt einigen älteren Stücken der Hochstifte Utrecht und Lüttich, des Herzogtums Brabant sowie der Grafschaften Flandern und Hennegau, zudem der Grafschaft Moers. Ergänzt wird dies – ebenfalls aus dem niederländischen Münzumlauf kommend – durch französische Prägungen der 1420/30er Jahre sowie englische der 1360er, 1420er und 1460er Jahre. Eine spätere, letzte Phase des späteren 15. und frühen 16. Jahrhunderts umfasst noch einige Groschen des Hochstifts Utrecht und des Herzogtums Kleve.
Wenn neben den Silbermünzen auch Goldmünzen in Westfalen gegengestempelt wurden, so waren dies ausschließlich die minderwertigen niederländischen Goldgulden. Insgesamt betrachtet, stammen sie einerseits vom Herzogtum Geldern unter Reinald IV. (1402–1423), gestempelt in Herford sowie in Hamburg und Lübeck, und unter Arnold (1423–1473), gestempelt in Münster und Osnabrück sowie in Hamburg, Rostock und Braunschweig, andererseits vom Hochstift Utrecht unter Friedrich III. von Blankenheim (1393–1423), gestempelt in Hamburg und Lübeck, und unter Rudolf von Diepholz (1423/31–1455), gestempelt in der unidentifizierten Stadt, zudem vom Hochstift Lüttich unter Johann IX. von Hoorn (1484–1505), gestempelt in Werl. Letzteres gehört einer anderen Phase an, die vielleicht gleichzeitig ist mit der Stempelung von Hochstift Utrecht, Friedrich IV. von Baden (1496–1516) in Hamburg, eventuell auch mit der etwas früheren von Herzogtum Brabant bzw. Grafschaft Flandern, Karl I. der Kühne (1467–1477) in Hamburg und Lübeck, die aber keine minderwertigen Goldgulden darstellten. Wie bei Hamburg und Lübeck, wo es sich jeweils um eine distinkte Phase handelte, indem die dafür verwendeten Stempel nicht auch für andere Goldgulden benutzt wurden, ist dies auch bei den vier westfälischen Städten der Fall. Die Stempel für die Goldgulden wurden also nicht auch für Silbermünzen genommen, wie ohnehin festzustellen ist, dass meist gesonderte Stempel für verschiedene Sorten zum Einsatz kamen. Für die Goldgulden ist aus Münster nur ein Stempel nachweisbar: „Pauluskopf von vorn, mit Heiligenschein, mit krausem Haar [und kurzem Bart], 5 x 5,5 mm“ (Krusy M6,12); aus Osnabrück dagegen sind es zwei: „Sechsspeichiges Rad mit geschlossener Nabe, Speichen in der Mitte verdickt, Dm. 5,5 mm“ (Krusy O2,8) und „Sechsspeichiges Rad, mit offener [eckiger] Nabe und in der Mitte spitz ausgezogenen Speichen, Dm. 6 mm“ (Krusy O2,9). Ob es für Osnabrück tatsächlich den Stempel mit geschlossener Nabe gibt und ob alle Stempel mit offener Nabe wirklich gleich sind, lässt sich schwer beurteilen. Für Münster ist der Stempel überall definitiv identisch, weil sich dessen charakteristische Merkmale bestens für den Vergleich eignen; er unterscheidet sich dabei stärker von den für Silbermünzen bekannten Stempeln. Der Kopf des Paulus als Stadtpatron Münsters und das Rad als Wappen Osnabrücks sind die auch sonst für die Gegenstempelung ausschließlich benutzten städtischen Zeichen („teken“), wie sie in beiden Städten seit dem 13. Jahrhundert auch in nicht-monetärem Kontext vorkommen. Dass das Rad nicht das mainzische Erfurt oder Fritzlar und auch nicht Hofgeismar meint, wo überall Gegenstempelungen bezeugt sind, sondern hier alternativlos Osnabrück, ist wegen des Umlaufgebiets der niederländischen Goldgulden eindeutig – zumal angesichts der Vergesellschaftung mit dem Pauluskopf. Denn es fällt auf, dass mit bisher nur einer Ausnahme, wo sich Osnabrück allein findet, alle der zugegebenermaßen noch sehr wenigen Stücke (s. unten) den Stempel von Münster und Osnabrück tragen, während die Stempel aller anderen Städte stets allein auftreten. Warum nun die minderwertigen niederländischen Goldgulden nur von diesen vier westfälischen Städten, von denen Münster und Osnabrück in einer Liga, Herford und Werl dagegen in einer anderen spielten, und nicht auch von weiteren bedeutenden wie Dortmund oder Soest, die auch sehr aktiv waren, oder sonstigen kleineren gestempelt wurden, ist unklar. In Dortmund (Krusy D3, S. 69–70) wurden 1418 jedoch Arnhemer Goldgulden mit zwei Zeichen tarifiert, doch muss dies nicht zwingend eigene Gegenstempel meinen; in Soest (Krusy S10, S. 233–246) sollte 1491 alles umlaufende Silber- und Goldgeld gestempelt werden. Vielleicht ist dies ein Überlieferungsproblem, so dass möglicherweise auch die für Münster und Osnabrück sowie die übrigen Städte jeweils noch fehlenden Goldgulden des früheren 15. Jahrhunderts irgendwann auftauchen.
Der geldgeschichtliche Hintergrund
Die Prägung minderwertiger Goldgulden ist kein ausschließlich niederländisches Phänomen, wurde im späteren 14. und früheren 15. Jahrhundert aber insbesondere in den östlichen Niederlanden akut. Goldmünzen entstanden hier vor allem seit den 1330er Jahren im Kontext des Hundertjährigen Krieges: Neben dem schweren englischen „Noble“, eingeführt 1344, und dem mittleren französischen „Écu d’or“, eingeführt 1337, waren es hauptsächlich die leichteren Goldgulden nach Vorbild von Florenz, wo 1252 gleichzeitig mit Genua die erste Goldmünzsorte für Europa geschaffen worden war. Seit den 1340er Jahren wurden Goldgulden auch nördlich der Alpen geprägt, besonders seitens der vier rheinischen Kurfürsten, der drei geistlichen der Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sowie des weltlichen des Pfalzgrafen bei Rhein. Diese hatten sich, nach einigen Vorläufern, von 1385 bis 1515 mit wechselnden weiteren Münzherren im (kur-)rheinischen Münzverein zusammengeschlossen, was im Gold- wie im Silbergeld für langfristig stabile Verhältnisse sorgte. Der Goldgulden bildete so als eine Art Reichswährung die Standardgoldmünze für Mitteleuropa bis weit ins 16. Jahrhundert – und wurde in allen der insgesamt ca. 25 Vertragstypen vielfach nachgeahmt. In den Niederlanden ging dabei im 15. Jahrhundert die Entwicklung zwischen den burgundischen Territorien des Herzogtums Brabant sowie der Grafschaften Flandern, Hennegau und Holland bzw. den nicht-burgundischen, östlichen Territorien des Herzogtums Geldern sowie der Hochstifte Utrecht und Lüttich auseinander. Während in ersteren vor allem seit der Münzreform von 1434, die ein einheitliches Gold- und Groschengeld für alle Landesteile einführte, die Währung weitgehend stabil blieb, ging es in letzteren sowohl im Silber als auch im Gold schon bald bergab. In Geldern wurden – neben anderen Goldmünzsorten – Goldgulden seit Reinald III. (1343–1361) ausgegeben, doch begann bereits unter Wilhelm I. (1377–1402) die Verschlechterung. Diese setzte sich unter Reinald IV. (1402–1423) fort, dessen Goldgulden zudem „blaue Gulden“ genannt wurden und weithin als die schlechtesten galten; Arnold (1423–1473) machte es schließlich nicht besser. Gründe dafür waren wie andernorts die kostspielige Hofhaltung und vielfache militärische Aktionen, was die Landesherren die Münzprägung über Gebühr als Einnahmequelle nutzen ließ. 1473 wurde das Herzogtum Geldern in die burgundischen Niederlande eingegliedert und hier nun der Andreasgulden, den es ab 1466 gab, geprägt; nach dem Intermezzo Karls von Egmont (1492–1538) kam Geldern 1543 mit den burgundischen Niederlanden an Habsburg.
Arnold, von dem keine Münzordnungen überliefert sind, hat neben verschiedenen silbernen Groschen sowie Kleinmünzen aus Billon und fast Reinkupfer an Goldmünzen zwei Sorten geprägt. Außer einem „Goldenen Reiter“, von 1434 bis 1454 die Standardgoldmünze der burgundischen Niederlande, sind es Goldgulden vom Reiter-Typ sowie zwei Typen mit Johannes dem Täufer, zwei Typen mit dem Herzog in Ganzfigur und ein Typ mit beidseitig Wappen. Das vorliegende Stück gehört zum Typ Johannes der Täufer, ist als solcher jedoch keine Neuschöpfung – sondern eine Imitation der Goldgulden des (kur-)rheinischen Münzvereins nach dem Vertrag von 1399, die alle vier Kurfürsten bis 1402 ausgaben. Die Bildseite – der Heilige in Ganzfigur von vorn, mit Nimbus, Haaren und Bart wie Sonnenstrahlen, im weiten, offenen, links und rechts von je drei Flammen umzüngelten Mantel, mit der Linken einen Kreuzstab, der bis in die Umschrift reicht, schulternd, die Rechte im Zeigegestus seitlich ausgestreckt, zwischen den Füßen noch ein Kreuz – kopiert das Vorbild bis in die Details. Der Bildtyp an sich geht auf die florentinischen Goldgulden („Florene“) mit dem Stadtpatron Johannes zurück, deren Rückseite die namengebende Lilie („flos“) trug. Die Umschrift, oben und unten von der Heiligenfigur unterbrochen, ist die von Florenz: S · IOhANnES – BABTISTA, „Heiliger Johannes der Täufer“. Die Umschrift der Wappenseite, die den Münzherrn nennt, ist aber angepasst: + DVX · ARNOLD · GEL · Z · IVL · Z · COMIS · Z ·, „Herzog Arnold von Geldern und Jülich etc., Graf etc.“ Diese Seite sollte laut Vertrag von 1399 mittig und in groß das Hauswappen des jeweiligen Münzherrn zeigen, umgeben von den vier kurfürstlichen Schilden: dem Rad für Mainz, dem Kreuz für Köln, dem Kreuz für Trier und den Wecken für Pfalz. Auch hier finden sich in dem doppellinigen runden Vierpass, dessen Schnittstellen je mit einem Kreuzchen belegt und dessen Zwickel mit einem Dreiblatt gefüllt sind, fünf Wappenschilde. Im Zentrum steht der geldrische, gespalten mit heraldisch rechts dem doppelschwänzigen, steigenden, eigentlich gekrönten Löwen nach rechts für Geldern und heraldisch links dem einschwänzigen, steigenden Löwen nach links für Jülich. Die kleineren Schilde umher zeigen oben einen Doppeladler, rechts ein Ankerkreuz, unten ein Gitter und links einen zweischwänzigen, steigenden Löwen nach rechts. Die Identifikation ist zunächst kaum möglich: Man würde, wie bei anderen geldrischen Münzen, die Wappen der vier Hauptstädte Gelderns – den Doppeladler mit Löwenschild auf der Brust für Nijmegen, den zweischwänzigen, steigenden Löwen nach links mit Lilie darunter für Roermond, den einschwänzigen, steigenden Löwen nach links mit Kreuz darunter für Zutphen und den Doppeladler ohne Brustschild für Arnhem – erwarten. Von den Rückseiten des Vorbilds kopiert können die Wappenschilde aber nicht sein – sie sind es stattdessen von den holländischen Goldgulden Johanns III. von Bayern (1418–1425), selbst Nachahmungen des kurrheinischen Vertragstyps von 1399. Sie zeigen – der Doppeladler in der Mitte ist dabei noch das Hauswappen des Kölner Erzbischofs Friedrich III. von Saarwerden (1371–1414) – oben einen Adler nach links, rechts ein Ankerkreuz, unten die Wecken für Bayern und links einen einschwänzigen, steigenden Löwen nach rechts. Bei vorliegendem Stück dürften oben also der Doppeladler für Arnhem – die Münzstätte – und links der zweischwänzige Löwe für Roermond eingesetzt worden sein, während das Ankerkreuz eine direkte Übernahme und das Gitter eine unbeholfene Imitation der Wecken sind. Der einschwänzige, steigende Löwe am Ende der Umschrift der Heiligenseite stammt dann ebenfalls von diesem Vorbild und meint Holland.
Die Verschlechterung der Goldgulden, deren Wert – wie der der Silbermünzen – sich bereits unter den Vorgängern Arnolds zwischen 1380 und 1420 fast halbiert hatte, trieb Arnold auf die Spitze. Eine Feingehaltsprobe von 1551 in kaiserlichem Auftrag zu Nürnberg ergab für zweierlei Arnoldsgulden einen Goldgehalt von 12 Karat 9 Grän oder gar nur 12 Karat – also lediglich 50 Prozent; andere Proben waren teils noch schlechter. Entsprechend wurden die Stücke auch bewertet: Eine Tarifierung von unbekanntem Ort im Herzogtum Geldern von 1482 (Roest S. 102 f.) setzte die „arnoldus arnemsche gl.“ auf 14 Stüber und damit weit unter – andere Goldmünzsorten bleiben hier unberücksichtigt – dem burgundischen Andreasgulden zu 30 Stübern sowie den rheinischen (und jülichschen) zu 29 Stübern. Und so wurden die geldrischen Stände, vertreten durch die Ritterschaft und die vier Hauptstädte Nijmegen, Roermond, Zutphen und Arnhem, irgendwann aktiv: Am 17. April 1436 zwangen sie den Herzog, keine Gold- und Silbermünzen mehr ohne ihre Zustimmung auszugeben und ihnen das Recht der Prüfung der geprägten Münzen einzuräumen. Diese Vereinbarung, die deutlich über die schon lange geübte Wertfestsetzung bis hin zum Verbot der umlaufenden geldrischen und auswärtigen Münzen seitens der Städte hinausging, kam dann auch auf den Münzen selbst zum Ausdruck, indem speziell die Groschen die Initialen oder Wappen der vier Städte trugen. Von den Goldgulden Arnolds muss der sehr seltene Wappen-Typ nach dieser Zäsur entstanden sein, weil er sich am kurrheinischen Vertragstyp von 1437 orientiert; der Reiter-Typ ist wie der „Goldene Reiter“ ohnehin erst ab 1434 denkbar. Die anderen datieren aber wohl alle von vor 1436: Die zwei Herzog-Typen folgen den kurrheinischen Vertragstypen von 1409/17 bzw. 1420, der zweite – deutlich seltenere – Typ Johannes der Täufer ebenfalls dem von 1420, wo die fünf Wappenschilde von einem spitzen Vierpass gerahmt werden. Alle diese Arnoldsgulden waren teils extrem minderwertig, doch nur der vorliegende 1399er-Typ Johannes der Täufer findet sich, falls nicht überlieferungsbedingt, auch gegengestempelt. Wohl noch vor der Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die Münzprägung in Geldern infolge des weiteren Widerstands der Stände gegen die Münzpolitik des ohnehin schwachen Herzogs ganz eingestellt.
Die Arnoldsgulden vom Typ Johannes der Täufer stehen nun freilich nicht isoliert: Schon ein Typ der Goldgulden des Vorgängers Reinald IV. (1402–1423) ist eine fast exakte Kopie der Goldgulden Johanns III. von Holland (1418–1425), sogar mit dem Saarwerdener Doppeladler im Zentrum. Dem entspricht fast genau ein Typ der Goldgulden Bischof Friedrichs III. von Utrecht (1393–1423), diesem wiederum ganz genau ein Goldgulden Graf Friedrichs III. von Moers (1417–1448), und das geldrische Vorbild mit den zwei Löwen im Zentrum haargenau kopiert hat Herzog Bernhard I. von Braunschweig (1381–1434) irgendwo bei Reckheim. Es sind auch andernorts in den (östlichen) Niederlanden und am Niederrhein noch derartige Stücke entstanden, die aber alle – erkennbar an den Wecken, die immer zu einem Gitter wurden – auf das holländische Vorbild, das Johanns Vorgänger, Wilhelm VI. (1404–1417), noch nicht prägte, zurückgehen, also erst nach 1418 datieren. Alle diese Goldgulden mit ihren teilweisen Phantasiewappen sind bildlich letztlich gleich, sie unterscheiden sich nur durch die Umschriften, die kaum ein Münznutzer las bzw. lesen konnte. Sie geben vor, rheinische Goldgulden nach dem Vertrag von 1399 des (kur-)rheinischen Münzvereins zu sein, deren Mitglied keiner der niederländischen und niederrheinischen Münzherren je war. Zum Zeitpunkt der Prägung war dieser Vertragstyp allerdings längst ersetzt – 1404, 1409, 1417 und 1419/20 gab es neue, danach 1425, 1426/28 und 1437 –, doch ist es kein Zufall, dass gerade dieser ältere Typ nachgeahmt wurde. Diese waren noch recht guthaltige Stücke von ca. 920er Gold bei 3,54 g Normgewicht, während die folgenden vergleichsweise schnell auf 1420 nur noch ca. 800er Gold bei 3,28 g Normgewicht sanken. Die Nachahmungen waren allesamt natürlich viel schlechter, schon im Raugewicht, vor allem aber im Feingewicht, was jedoch nicht so offensichtlich war: Sie übten also gezielt Betrug an den Münznutzern! Und genau diese Art Goldgulden ist es, die vordergründig – doch dabei längst nicht alle – auch gegengestempelt wurde. Der Goldgulden Bischof Rudolfs in Utrecht (1423/31–1455), nur in der bisher unidentifizierten Stadt gestempelt, steht demgegenüber in einer anderen Bildtradition: Es sind die sogenannten „Postulatsgulden“, die Rudolf in seiner Zeit als „Postulatus“, vor der Weihe 1431, mit dem Bild des heiligen Martins prägte. Sie sind, nach dem Vorbild des kurrheinischen Vertragstyps von 1426/28 gestaltet, zum Inbegriff der schlechten Goldgulden geworden, und Stücke mit der Ganzfigur eines Heiligen und einem Wappenschild im runden Dreipass haben bis weit ins 16. Jahrhundert hinein viele größere und kleinere Herren sowie Städte der Region in Umlauf gebracht. In langer Reihe nicht zuletzt das Hochstift Lüttich, wie einer mit dem heiligen Lambertus des späten 15. Jahrhunderts in Werl gegengestempelt wurde. In der Tarifierung von 1482 wurden „alle post. gl.“ auf 15 Stüber gesetzt und der „beyartz gl.“, also von Holland, auf 18 Stüber – die Arnoldsgulden zu 14 Stübern waren mithin die allerschlechtesten. Und eben sie sind es, die von allen minderwertigen niederländischen Goldgulden am häufigsten und von den meisten Städten mit Gegenstempeln versehen wurden.
Die Gegenstempelung der Arnoldsgulden
Das Problem mit den minderwertigen niederländischen Goldgulden war, dass sie sich wie schlechte Münzen insgesamt infolge der Gesetzmäßigkeiten des Münzumlaufs schnell verbreiteten und die guten oder zumindest besseren Münzen verdrängten. Und so haben die Goldgulden von Geldern, Utrecht und teils Holland des späten 14. und früheren 15. Jahrhunderts nicht nur die östlichen Niederlande überschwemmt, sondern auch die nahe benachbarten deutschen Gebiete. In Westfalen sind die mit Gegenstempeln belegten vier frühen Typen in einigen Schatzfunden und als Einzelfunde vorgekommen: die Arnoldsgulden etwa einzeln in Münster 1882 und in Dortmund vor 1950 sowie mit einem Stück neben einem von Utrecht, Rudolf in Billerbeck (Kr. Coesfeld) 1839 und mit zwei Stücken neben einem von Geldern, Reinald in einer Barschaft aus Anholt (Kr. Borken) 1912 – jeweils aber keine gegengestempelten Stücke. Die Reaktion darauf waren überall entsprechende Tarifierungen oder Verbote, wie sie sich im gesamten 15. Jahrhundert finden: etwa im Dortmunder Münzvertrag von 1488 zwischen Köln, Kleve, Münster, Osnabrück und Dortmund, worin die Kurfürstengulden und gleichwertige Stücke mit 15 Schilling dortmundisch bewertet wurden, die Arnoldsgulden dagegen mit 7½. Insbesondere letztere waren noch sehr lange im 16. Jahrhundert im Umlauf, wie nicht nur die Nürnberger Feingehaltsprobe von 1551 zeigt. Der Einstrom reichte zudem weit nach Norddeutschland hinein, so dass sogar die großen Hansestädte sich damit befassen mussten, die offenbar eine Art allgemeiner Aufsichtsfunktion über den Umlauf dieser Kategorie von Münzgeld, der dezidierten, internationalen Handelswährung der Goldgulden, ausübten. Im Gegensatz zu den Niederlanden, wo die Gegenstempelung praktisch unbekannt war, war sie bei den Hansestädten und in Westfalen nun das Mittel der Wahl. Zu einer Zeit, als seit der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert fremdes Geld mit Macht einströmte, war sie ein zentrales Instrument der „Münzpolizei“, um durch Zulassung und Wertfestsetzungen den Geldumlauf vor Ort zu steuern. Spätestens seit dem 13. Jahrhundert lag diese überall im Reich bei den Städten, auch bei den beiden Bischofsstädten Münster und Osnabrück war dies im späteren 13. Jahrhundert der Fall. Hier war der Stadt- und Landesherr zugleich der Münzherr, und spätestens im 14. Jahrhundert besaßen beide Städte auch ein Aufsichtsrecht über die bischöfliche Münzprägung – wie die geldrischen Städte über die herzogliche seit der Zäsur von 1436.
Wann genau die Gegenstempelung in Münster und Osnabrück erfolgte, ist unklar – Schriftquellen dazu gibt es nicht oder sie wurden noch nicht gefunden. Für Hamburg weiß man im früheren 15. Jahrhundert von zwei Phasen, wobei für die von 1423/25 nur bekannt ist, dass zwei Jahre lang Goldgulden gestempelt wurden. 1432 dann sind Tarifierungen überliefert, und zwar der Reinaldsgulden von Geldern zu 16 Schilling und der Friedrichsgulden von Utrecht zu 15 Schilling – und der geldrischen Arnoldsgulden aus Arnhem. Diese seien von dreierlei Wert, und so sollen sie jetzt – aber nur diese – mit dem städtischen Nesselblatt markiert werden: die besten zu 13 Schilling auf der Heiligenseite, die mittleren zu 12 Schilling auf der Wappenseite, die schlechtesten zu 10 Schilling bleiben ungestempelt; der gute rheinische Goldgulden galt 30 Schilling. Ein Münzedikt Philipps III. von Burgund (1419–1467) vom 11. November 1433 belegt diese Dreiteilung ebenfalls, wobei die Stücke nach zwei Gewichtsstandards, zu 3,12 g bzw. 3,00 g, ausgebracht wurden. Wie die Qualitäten sonst zu unterscheiden sind, bleibt unklar, da zumindest bisher ausschließlich die immer gleichen Arnoldsgulden vom 1399er-Typ Johannes der Täufer mit Gegenstempeln vorliegen. In späteren Quellen ist dann für Hamburg keine Rede mehr von Gegenstempelung, nur noch von Prüfen und Bewerten, so dass die vorhandenen Stempel alle von 1432 stammen sollten. Und in der Tat: Die Arnoldsgulden tragen das Nesselblatt meist mitten im zentralen Schild der Wappenseite, manchmal auch mitten auf der Heiligenseite. Stempel auf der Wappenseite haben aber ebenso die früheren – und etwas schlechteren – Friedrichsgulden und Stempel auf der Heiligenseite die früheren – und etwas besseren – Reinaldsgulden, so dass man diese nach denselben Gewohnheiten wie 1432 gestempelt hat, und zwar sicher 1423/25. Festzuhalten ist jedoch, dass es sich in Hamburg um zwei distinkte Phasen handelte, denn während in ersterer beiderlei Goldgulden mit demselben Stempel markiert wurden, kam 1432 für die Arnoldsgulden ein anderer Stempel zum Einsatz. In Lübeck waren 1423 zwei verschiedene Stempel in Gebrauch: der Stadtschild auf der Heiligenseite für die Reinaldsgulden – allerdings manchmal auch für die Friedrichsgulden –, für letztere aber meist der Doppeladler auf der Wappenseite; gestempelte Arnoldsgulden kennt man von hier nicht. Für Rostock und Braunschweig, die beide nur Arnoldsgulden stempelten, liegen wie für Herford, wo nur Reinaldsgulden, und natürlich für die unidentifizierte Stadt, wo nur Postulatsgulden gestempelt wurden, keine Quellen vor; der Stempel findet sich hier aber immer auf der Heiligenseite, ebenso wie dann im späteren 15. Jahrhundert in Werl.
Es ist anzunehmen, dass in Münster und in Osnabrück, Hansestädten wie auch Rostock und Braunschweig, die Gegenstempelung der geldrischen Arnoldsgulden zeitgleich wie in Hamburg, also in den früheren 1430er Jahren, erfolgte. Offenbar war nach mehreren Jahren der Prägung der Schadensdruck so groß, dass gehandelt werden musste; nach dieser allerdings wohl einmaligen Aktion scheint man sich überall wieder allein mit Tarifierungen und Verboten beholfen zu haben. Weil mit bisher nur einer Ausnahme die Stempel beider Städte – und dabei immer dieselben – zugleich auf den Münzen auftreten, dürfte es eine einschlägige Vereinbarung gegeben haben. Auch sonst sind spätestens seit dem 14. Jahrhundert Verhandlungen beider Städte untereinander betreffend das Münzwesen ihrer jeweiligen Bischöfe bekannt, beide waren auch stets Mitglied der verschiedenen westfälischen Städtebünde des 13. und 14. Jahrhunderts, die neben politischen vor allem wirtschaftliche Interessen verfolgten. Dass der Stempel der einen Stadt offensichtlich nicht auch für die andere ausreichte, entspricht dem generellen Befund der spätmittelalterlichen Gegenstempelung, dass der Gültigkeitsbereich auf die eigene Stadt beschränkt war. Soweit durch Überlappungen der Stempel festzustellen, wurde Osnabrück immer zuerst und dann erst Münster aktiv, wofür auch das eine Stück mit nur dem Osnabrücker Stempel spricht; der Grund dafür ist unklar. Die Stempel finden sich zudem immer auf der Heiligenseite – mit Ausnahme nun des vorliegenden Stücks mit dem Rad auf der Wappenseite und dem Pauluskopf auf der Heiligenseite; auch hierfür ist der Grund unklar. Ob die Stempelung in die Heiligenseite eine Bedeutung wie bei dem wertdifferenzierenden Vorgehen 1432 in Hamburg und schon 1423/25 in Hamburg wie in Lübeck hatte, wo dies jeweils die etwas besseren Stücke markierte, bleibt dahingestellt. Eine Warnung vor den minderwertigen niederländischen Goldgulden war diese Gegenstempelung überall aber auf jeden Fall, eine Warnung auf den Münzen selbst und nicht nur über Tarifierungen. Die guthaltigen Goldgulden des (kur-)rheinischen Münzvereins sowie verwandte Prägungen blieben stets ungestempelt, doch seltsamerweise offenbar immer auch die übrigen schlechten Goldgulden der (östlichen) Niederlande und vom Niederrhein, und – nachgewiesen für Hamburg – erstaunlicherweise auch die schlechtesten der Arnoldsgulden. Und so wäre auch im Falle Osnabrücks und Münsters zu überlegen, ob – da nur sehr wenige Stücke mit Gegenstempeln überliefert sind – die auf der Heiligenseite markierten nicht doch die etwas besseren darstellten, die dann aus dem Umlauf verschwanden, während die schlechtesten verblieben und sich heute noch so zahlreich – und unmarkiert – finden. Dies wäre eine Parallele zur Gegenstempelung der Turnosen, wo ebenfalls die besseren der schlechteren gestempelt wurden, und zu den Witten, wo nicht die unangefochtenen wendischen, sondern – mit Ausnahme Münsters, wo beide Wittensorten so behandelt wurden – die schlechteren sundischen gestempelt erscheinen. Zu all dem sind weitere Forschungen notwendig, mit Einbeziehung insbesondere von Metallanalysen, wodurch sich vielleicht auch die dreierlei Wertigkeit der Arnoldsgulden untermauern ließe. Die Minderwertigkeit sieht man den Goldgulden mit ihrer blassgelben Farbe jedenfalls direkt an; eine RFA-Analyse des vorliegenden Stücks von nur 2,94 g – und so sicher nach dem leichteren Standard geprägt, was aber nicht auf alle anderen Stücke von 2,99 g, 3,12 g, 3,14 g, 3,20 g und 3,29 g zutrifft – ergab 52,6 % Gold, 40,1 % Silber und 6,0 % Kupfer, der Rest sind Spuren anderer Elemente (Eugen Müsch, LWL-Archäologie für Westfalen). Warum freilich diese Goldgulden von den Städten nicht einfach aus dem Verkehr gezogen und eigene daraus geprägt wurden, ist die Frage. Dies ist dann, parallel jeweils mit den ersten silbernen Groschenwerten, in Münster erstmals unter Heinrich II. von Moers (1424–1450), nach 1437er-Vorbild, und kontinuierlich seit Johann von Pfalz-Simmern (1457–1466) bzw. in Osnabrück erstmals unter Johann III. von Diepholz (1424–1437) und kontinuierlich seit Konrad IV. von Rietberg (1482–1508) erfolgt.
Schluss
Das Besondere an vorliegendem Goldgulden, ein solcher gegengestempelter minderwertiger des Herzogtums Geldern unter Arnold von Egmont der 1420/30er Jahre aus Arnhem, ist nicht, dass er wie üblich die Gegenstempel der zwei westfälischen Städte Osnabrück und Münster auf derselben Münze vereint – sondern dass sich diese auf verschiedenen Seiten befinden. Das Exemplar, erworben im Nachverkauf der Teutoburger Münzauktion, Borgholzhausen, Auktion 165, 09.09.2024, Los 403 – zuvor Frankfurter Münzhandlung, Frankfurt a. M., Auktion 157, 03.11.2023, Los 618 und Dorotheum, Wien, Auktion o. Nr., 18.11.2020, Los 784 –, scheint das einzige seiner Art zu sein. Der Gegenstempel von Osnabrück auf der Wappenseite ist der bekannte mit dem Rad mit offener Nabe (Krusy O2,9) – dass es nur ein „halbes Rad“ sei, wie die Auktionskataloge schreiben, ist falsch –, der von Münster auf der Heiligenseite ist der ohnehin einzig bekannte mit dem krausen Pauluskopf (Krusy M6,12); auch hier ist erst der von Osnabrück, dann der von Münster eingeschlagen. Mit beiden Gegenstempeln auf einer Seite, immer der Heiligenseite, sind auch nur vier Exemplare nachgewiesen: Nationale Numismatische Collectie, Niederlande, Inv.-Nr. NM-00294 = Peus S. 27 mit Taf. 2,15 = Kennepohl Nr. 154a mit Taf. 11 (3,20 g; Reihenfolge unklar, Osnabrück O2,8 und Münster M6,12); Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, Obj.-Nr. 18244764 (3,14 g; erst Osnabrück O2,9, dann Münster M6,12); Künker, Osnabrück, Auktion 93, 23.06.2004 (Slg. Kennepohl), Los 3090 = Westfälische Auktionsgesellschaft, Arnsberg, Auktion 49, 09.02.2009, Los 621 = Kennepohl Nr. 154b, dort ex Slg. Strick (3,12 g; erst Osnabrück O2,9!, dann Münster M6,12); Künker, Osnabrück, Auktion 269, 01.10.2015, Los 6911 = Künker, Osnabrück, Auktion 279, 23.06.2016, Los 3241 (3,29 g; erst Osnabrück O2,9, dann Münster M6,12). Mit dem Stempel Osnabrücks allein kennt man ein Exemplar: Künker, Osnabrück, Auktion 100, 21.06.2005, Los 1 (2,99 g; Stempel O2,9) – mit dem Stempel Münsters allein keines. In den reichen Beständen an westfälischen Gegenstempelungen im Münzkabinett des LWL-Museums für Kunst und Kultur, Westfälisches Landesmuseum in Münster gibt es an Goldmünzen bisher lediglich den Goldgulden des Lütticher Bischofs Johann IX. von Hoorn (1484–1505), der einen Stempel von Werl trägt; er ist selbst ein Unikum. Das vorliegende Stück, eine Rarität ersten Ranges, ist zudem durchaus attraktiv – besser geht es bei beidseitig gegengestempelten Münzen, was zwangsläufig den Durchschlag eines Stempels auf die jeweils andere Seite bedingt, kaum. Mit der 100. Erwerbung des „Fördervereins für öffentliche Münzsammlungen in Westfalen“ konnte eine wichtige, schmerzliche Lücke geschlossen werden: Allen Mitgliedern und Förderern sei noch einmal aufs herzlichste gedankt!
(Stefan Kötz)
Literatur
zu den Gegenstempeln: H. Krusy, Gegenstempel auf Münzen des Mittelalters (Frankfurt a. M. 1974); H. Krusy, Westfälische Gegenstempel auf niederländischen Münzen, Jaarboek voor Munt- und Penningkunde 39, 1952, S. 27–40, hier S. 38 f.
zu Osnabrück: K. Kennepohl, Die Münzen von Osnabrück. Die Prägungen des Bistums und des Domkapitels Osnabrück, der Stadt Osnabrück, sowie des Kollegiatstiftes und der Stadt Wiedenbrück (München 1938) bes. S. 110–123; S. Steinbach, Die Osnabrücker Gegenstempel. Städtische Kontrollmechanismen des Geldverkehrs im Spätmittelalter, Osnabrücker Mitteilungen 125, 2020, S. 9–26, bes. S. 22 f.
zu Münster: B. Peus, Das Geld- und Münzwesen der Stadt Münster i. W. (Münster 1930) bes. S. 27 f.
zu Geldern: P. O. van der Chijs, De munten der voormalige Graven en Hertogen van Gelderland […] (Haarlem 1852) bes. S. 73–86; Th. M. Roest, Essai de classification des monnaies du Comté puis Duché de Gueldre (Brüssel 1893) bes. S. 72–80; A. Delmonte, Le Bénélux d’or. Répertoire du monnayage d’or des territoires composant les anciennes Pays-Bas (Amsterdam 1964) bes. S. 96 f.
zur Münzgeschichte insgesamt: B. Kluge, Numismatik des Mittelalters I: Handbuch und Thesaurus Nummorum Medii Aevi (Berlin – Wien 2007) S. 112 f., 114–116, 149 f.; H. Enno van Gelder, De Nederlandse munten (Utrecht – Antwerpen 1965) bes. S. 42–45, 52–54; Geld door de eeuwen heen. Geschiedenis van het geld in de Lage Landen (Amsterdam 1984) bes. S. 67–70