Pia Mamut: Sufficiency – an Emerging Discourse?
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Neuerscheinung: „Sufficiency – an Emerging Discourse? At the Crossroads of Mainstreaming and Transformation”

Suffizienz, ein Konzept, das soziale und ökologische Genügsamkeit und Grenzen propagiert, gewinnt im gesellschaftlichen Diskurs zunehmend an Bedeutung – für politische Akteure, Wissenschaftler*innen und zivilgesellschaftliche Akteure gleichermaßen. Das neue Buch "Sufficiency - an Emerging Discourse? At the Crossroads of Mainstreaming and Transformation" wurde von ZIN-Mitglied Dr’in Pia Mamut (Universität Münster & RIFS Potsdam) verfasst und erschien in der Nomos Nachhaltigkeitsreihe. Das Buch kann von Wissenschaftler*innen und politischen Entscheidungsträger*innen genutzt werden, denen daran gelegen ist, dass Suffizienz ihren dringend benötigten Beitrag zur Nachhaltigkeitstransformation leisten kann.

Das „Transformationsparadoxon“ der Suffizienz adressieren

Die übergreifende Herausforderung, mit der sich dieses Buch befasst, ist das sog. „Transformationsparadoxon“ der Suffizienz. Dieses folgt aus der immanenten Spannung, die entsteht, weil Suffizienz einerseits ein wesentliches Element der Transformation ist und andererseits zu radikal – sowohl im progressiven als auch im reaktiven Sinne des Wortes – für die tatsächliche politische Umsetzung scheint.

Das Buch leistet in dreierlei Hinsicht Beiträge zum Verständnis und zum Umgang mit dem Transformationsparadoxon der Suffizienz. In Summe verdeutlichen diese Beiträge, dass Suffizienz im umwelt- und sozialwissenschaftlichen Diskurs nicht nur in einer, sondern in einer Vielzahl von Weisen verwendet wird (nämlich im Sinne rigoroser Öko-Suffizienz, öko-moderner Suffizienz und politischer Öko-Suffizienz) und dass sie auch in den von Dr’in Mamut untersuchten Energie- und Klimamodellregionen in unterschiedlichen Formen und Stärken als soziale Norm auftaucht (d.h. Suffizienz praktiziert als klimafreundliches Verhalten, Suffizienz verstanden als Engagement für das gute Leben in der Region und Suffizienz als Verzicht).

Die Untersuchung dieser Vielfalt an Interpretationsmustern hilft zu erklären, warum Suffizienz von den einen verteufelt wird, von anderen als die wichtigste hinreichende Bedingung für eine umfassende Transformation angesehen wird und gleichzeitig bequem in den Status quo einer kapitalistischen Gesellschaft passt. Mit anderen Worten: Suffizienz kann im Nachhaltigkeitsdiskurs gleichzeitig unterdrückt und bekämpft oder auch gefördert und ermutigt werden; sie kann ein Hindernis für weitreichende Veränderungen sein oder zu einer normativen Quelle des Widerstands gegen Nicht-Nachhaltigkeit werden.

Freisetzung des ungenutzten transformativen Potenzials der Suffizienz

Das Buch kommt zu dem Schluss, dass Suffizienz zwar zu einer bedeutenden normativen Quelle der Nachhaltigkeitstransformation, aber gleichzeitig in einer Weise zum Mainstream geworden ist, die ihr transformatives Potenzial schwächt. Dies beschränkt die Rolle der Suffizienz auf Verhaltensänderungen im privaten Bereich, während ihr Potenzial als gesellschaftliches Ordnungsprinzip in der Politik noch weitgehend unerforscht ist.

Um das ungenutzte transformative Potenzial der Suffizienz freizusetzen, ruft das Buch dazu auf

  • Suffizienz in der Umweltpolitik zu stärken, indem sie zum Gegenstand partizipativer Aushandlungsprozesse gemacht wird,
  • die strukturelle Verankerung von Suffizienz zu erkennen und politisch zu adressieren, um über den begrenzten Rahmen individueller Verhaltensänderungen hinauszublicken, und
  • die Perspektiven sozialer und globaler Gerechtigkeit in den Suffizienzdiskurs zu integrieren und für eine Forschung einzutreten, die diese Konzepte miteinander verbindet, insbesondere in verschiedenen Kontexten und auf verschiedenen Handlungsebenen im Globalen Süden.