Präsentation des Projektes "Exile Letters" in der Stadtbücherei Münster

Als Gerda Friedeman 1988 die Originalbriefe ihrer Eltern, der jüdischen Kaufleute Henny und Carl Waldeck, aus den Jahren 1940 und 1941 Gisela Möllenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer für die Ausstellung „Geschichte der Juden in Münster“ überließ, konnte sie nicht ahnen, dass diese Dokumente einmal Teil einer Briefedition werden würden. Die Briefe der in Münster verbliebenen Eltern an ihre in verschiedene Teile der Welt emigrierten Kinder wurden im Rahmen des vom Institut für vergleichende Städtegeschichte (IStG) erarbeiteten Projekts „Exile Letters“ digital ediert und auf der Webseite www.exileletters.de veröffentlicht. Auch Briefe, die Gerda zwischen 1939 und 1942 von ihrem im englischen Exil lebenden Ehemann Simon Friedeman erhalten hatte, sind Teil dieser Edition. Die insgesamt 162 Selbstzeugnisse der während des Nationalsozialismus durch Flucht und Emigration getrennten Familie Friedeman-Waldeck sind im Original unter anderem in der Villa ten Hompel archiviert und nun über vielseitige Navigations- und Suchfunktionen als Faksimile mit Transkription auf der genannten Projektseite zu finden.

Acht Jahrzehnte nach der Ermordung von Henny und Carl Waldeck durch die Nationalsozialisten waren am 11. Dezember 2024 drei Waldeck-Nachkommen aus Florida (Ruth Federman Stein) und Quebec (Maya Waldeck) sowie aus North Carolina (Josh Federman) angereist. Sie wollten dabei sein, als Rita Schlautmann-Overmeyer und Simon Dreher vom IStG in der Stadtbücherei Münster das Projekt „Exile Letters“ sowie Kurzbiografien der Familien Friedeman und Waldeck der Öffentlichkeit präsentierten. Unterschiedliche Kooperationspartner waren beteiligt: Cordula Gladrow (Stadtbücherei Münster), Carsten Rothaus (Schlaun-Gymnasium), Stefan Querl (Villa ten Hompel) und Peter Worm (Stadtarchiv Münster).

Auszüge aus den edierten Briefen wurden unter der Leitung von Carsten Rothaus von Schülerinnen und Schülern des Zusatzkurses Sozialwissenschaften am Schlaun-Gymnasium in einer dialogischen Lesung vorgestellt. Clara Zentgraf, Anna Marinca, Emily Herber, Malena Kaiser, Ginta Nekvedaviciute, Hadassah Ma, Jan Rönick und Alexandra Kochetov trugen ausgewählte Passagen aus den Korrespondenzen vor, die sehr eindrucksvoll einerseits die Situation jüdischer Menschen vor ihrer Deportation schildern und andererseits das Leben im Exil.