Exile-Letters Friedeman-Waldeck 1939–1942

Das Projekt „Exile-Letters Friedeman-Waldeck“ will Ego-Dokumente jüdisch-deutscher Geschichte und nationalsozialistischer Verfolgung in ihrer regionalen Ausprägung erschließen, kommentieren und edieren. Im Mittelpunkt steht der Briefwechsel von Simon (gest. 2001) und Gerda Friedeman (gest. 2015), geb. Waldeck, die einzeln aus dem nationalsozialistischen Deutschland nach Großbritannien und in die USA fliehen konnten. Aus der Zeit der Trennung (1939–1942) haben sich rd. 130 Briefe – vorwiegend des Ehemanns – erhalten, in denen er verschiedene Lebensbereiche thematisiert: Neben alltäglichen Erlebnissen als „Refugee“ werden Erinnerungen an die Inhaftierung im Konzentrationslager ebenso geschildert wie der Umgang mit Angst und Bedrohung. Kommentiert wird auch die Situation der Zurückgebliebenen in der Heimat und das aktuelle Kriegsgeschehen. Ein immer wiederkehrendes Thema war sein Verhältnis zur eigenen Religion. Aus einem religiösen Elternhaus stammend, trieb ihn die Frage um, ob er sich zum Rabbiner orthodoxer oder liberaler Richtung ausbilden lassen solle.

Die Korrespondenz des Ehepaares Friedeman wird ergänzt durch Briefe und Postkarten der Eltern Gerda Friedemans, Henny und Carl Waldeck (1944 in Theresienstadt bzw. Auschwitz umgekommen), an ihre emigrierten Kinder. Sie verdeutlichen auf exemplarische Weise die nationalsozialistische Verdrängungspolitik vor Ort.

Die geplante digitale Edition führt das Material, das auch in englischer Übersetzung vorliegt, zusammen und sichert es. Sie liefert darüber hinaus Ansatzpunkte, um – ausgehend von der konkreten Familie Friedeman-Waldeck – Erinnerung zu erschließen, nachvollziehbar und für ganz unterschiedliche Fragestellungen nutzbar zu machen. Die Edition des Briefkorpus soll somit einen Beitrag zur Erzeugung von Empathie leisten und zukünftigen Generationen ein Erinnern nach dem „Ende der Zeitzeugenschaft“ ermöglichen. Die digitale Edition der Briefe wird nach der als Standard etablierten TEI-basierten Briefauszeichnung (Text Encoding Initiative, TEI P5) erfolgen und die Identifizierung und Kontextualisierung von Personen, Orten und Ereignissen durch die Einbettung von Normdaten (GND) ermöglichen. Nutzer können darüber ihre individuellen Zugänge zum Material wählen. Ferner sollen die erzeugten Daten in ein Brief-Metadatenverzeichnis („correspSearch“) eingebunden werden, um sie so für vergleichende Forschungen anschlussfähig zu machen. Damit wird das Projekt dazu beitragen, die bisher noch kaum systematisch erschlossene Quellengruppe der Briefe von Jüdinnen und Juden aus dem Exil der Forschung zugänglich zu machen.

Die Erfahrungen mit der Online-Publikation sollen in einer „best practice“-Handreichung zusammengefasst werden. Diese wird einen niedrigschwelligen Einstieg in digitale Editionen gemäß TEI XML bieten, sodass auch bereits bestehende analoge Briefeditionen in digitale Varianten überführt werden können.